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Die Prinzen Von Irland

Die Prinzen Von Irland

Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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er irgendwann in der tiefsten
Stunde der Nacht eine Gestalt eintreten. Sie war nicht weniger klar und
deutlich zu erkennen als zuvor Larine, obschon kein Licht den Raum erhellte. Er
wusste sofort, wer es war. Sein Vater stand mit einem ernsten, doch
freundlichen Lächeln direkt vor ihm.
    »Ich warte schon so
lange auf dich, Vater!«
    »Bald werden wir
wieder vereint sein, Conall«, entgegnete er. »Dann werden wir immer vereint
sein – im Land des strahlenden Morgens. Ich habe dir viele Dinge zu zeigen.«
Dann verschwand er wieder nach draußen, und Conall überkam ein mächtiges Gefühl
des Friedens, denn er wusste, dass er im Begriff war, sich mit dem Segen der
Götter zu seinem Vater zu begeben.
    Schon seit langem
hatten sie in Tara keinen Menschen mehr geopfert. Seit mindestens drei
Generationen nicht mehr. Dies machte die Zeremonie umso feierlicher und
bedeutender. Wenn irgendetwas den Fluch zu lösen vermochte, der offenbar den
Hochkönig und das ganze Land getroffen hatte, dann doch wohl dieses Opfer. Wenn
Conall eine Hoffnung hatte, sich von dem Gefühl des Schmerzes und der Schuld zu
reinigen, das auf ihm lastete, seit er mit Deirdre durchgebrannt und Finbarr
getötet hatte, so musste es dieses Opfer sein. Und doch war das Gefühl, das ihn
am tiefsten ergriff, während er sich darauf vorbereitete, durch die Tore der
nächsten Welt zu treten, nicht das einer persönlichen Opferung. Es war vielmehr
das Gefühl, dass er sein Schicksal erfüllte. Dieses Gefühl überkam ihn nicht
nur deshalb, weil sich die drei gessa sowie die Finbarr
betreffende Prophezeiung erfüllt hatten, sondern eher deshalb, weil in diesem
Akt alles, was er war – Prinz, Krieger und Druide seinen vollkommenen Ausdruck
fand. Es war der edelste, der herrlichste Tod. Er war das, wozu er geboren war.
Eins zu sein mit den Göttern: Er war seine Rückkehr nach Hause.
    Er verharrte weiter
in Frieden, bis sich im Osten das erste Leuchten der Morgendämmerung ankündigte
und Larine in Begleitung zweier Männer zurückkehrte.
    Die Druiden gaben
Conall einen kleinen verbrannten Fladen zu essen und zermahlene Haselnüsse,
denn der Haselstrauch galt als heilig. Nachdem er das heilige Mahl beendet und
drei Schluck Wasser genommen hatte, entkleidete er sich. Sein Körper wurde
sorgfältig gewaschen und mit roter Farbe bemalt, die einige Zeit brauchte, um
zu trocknen. Larine band ihm eine Binde aus Fuchsfell um den linken Arm. Danach
musste er warten, aber nur noch kurze Zeit, denn draußen vor der Tür wurde es
zunehmend heller. Schon bald sagte Larine mit einem Lächeln zu ihm: »Komm.«
    * * *
    Wohl
tausend Leute müssen es gewesen sein, die das Schauspiel verfolgten. Der Kreis
der Druiden stand auf dem Hügel, wo alle sie sehen konnten. Auf einem anderen
Hügel stand der Hochkönig. Als Conall herbeigeführt wurde, verstummte die
Menge.
    Der Hochkönig blickte
gedankenversunken über die Menge. Es musste sein. Er war sich nicht sicher, ob
es ihm gefiel, aber es war notwendig. Er blickte zu Goibniu hinüber. Kein
Zweifel, der Schmied hatte ihm einen weisen Rat erteilt. Die Rückkehr des
reumütigen Prinzen und sein freiwilliges Opfer waren ein Meisterstreich. Sie
stellten nicht nur die Achtung des Königs wieder her – das königliche Haus
schenkte einen der seinen den Göttern –, sondern brachten die Druiden in eine
schwierige Situation. Denn dies war auch ihr Opfer das größte, das sie nur
bringen konnten. Wurde die Insel mit einer weiteren Missernte geschlagen, so
würde es ihnen schwer fallen, die ganze Schuld dem König anzulasten. Das wusste
er, und das wussten auch die Druiden. Dann würde ihre Glaubwürdigkeit argen
Schaden nehmen.
    An seiner Seite stand
die Königin. Auch sie war zum Schweigen gebracht worden. Larine hatte Conall
auf der kleinen Insel getroffen, der König hatte von ihren Drohungen der armen
Deirdre gegenüber erfahren. Er hatte es die ganze Zeit über geahnt. Es hatte
keiner Worte bedurft, aber sie wusste, dass er im Bilde war. Und was das
Mädchen anbetraf, so tat ihm Deirdre aufrichtig Leid. Man würde ihr erlauben,
zu ihrem Vater zurückzukehren und Conalls Kind zur Welt zu bringen. Sogar
Goibniu war damit einverstanden. Eines Tages würde er vielleicht etwas für das
Kind tun. Man konnte nie wissen, wann einem ein Kind aus dem Umkreis der
königlichen Familie von Nutzen sein konnte.
    Nun öffnete sich ein
Weg durch die Menge, und Conall, Larine und zwei weitere Priester schritten
hindurch. Er fragte sich, ob Conall

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