Die Prinzen Von Irland
kaum einer von denen, die ihn erneut
dorthin schickten, konnte sich vorstellen, dass er viel erreichen würde. Doch
nach seiner Ankunft änderte sich alles.
Er war als niederer
britischer Aristokrat geboren worden. Als kleiner Junge war er in der Nähe
seines Elternhauses, irgendwo im Westen Englands, von einer irischen Bande auf
einem Raubzug verschleppt worden. Nachdem man ihn einige Jahre lang als Sklave
auf der Insel gehalten hatte, wo er zumeist das Vieh versorgte, gelang ihm die
Flucht und die Rückkehr über das Meer zu seinen Eltern. Aber da hatte er
bereits beschlossen, ein geistliches Leben zu führen.
Er behauptete, in
einem Traum die Stimmen der Inselbewohner gehört zu haben, die nach ihm riefen
und ihn flehentlich baten, er möge ihnen das Evangelium bringen. Er bat inständig,
dass man ihn mit der undankbaren und gefährlichen Aufgabe betraute. Und so
wurde er als Missionsbischof auf die westliche Insel geschickt, auf der er
einst Sklave gewesen war.
Der traditionell
genannte Zeitpunkt seiner Ankunft in Irland, anno domini 432, ist nur eine
Vermutung. Möglicherweise könnte er zu früh angesetzt sein. Auf alle Fälle
begann Bischof Patrick seine Mission irgendwann während der Jahrzehnte, die auf
den Zusammenbruch des Römischen Reiches im Westen folgten. Aber er war keineswegs
der erste Missionar, der die irischen Küsten erreichte: Die christlichen
Gemeinden in Munster und Leinster existierten bereits seit einer Generation
oder gar länger. Vermutlich war er jedoch der erste Missionar im Norden, sofern
die Ausgangsbasis seines Wirkens, wie man vermutet, in der Nähe von Armagh in
Ulster lag, wo der König der alten Ulaider oder »Ulstermänner«, nachdem er von
dem mächtigen Clan des Niall in ein reduziertes Territorium verdrängt worden
war, den missionierenden Bischof so sehr schätzte, dass er ihm seinen örtlichen
Schutz gewährte.
Obwohl persönlich
bescheiden wie alle, die das Leben des Geistes führen, verlangte und erhielt er
als Bischof der Heiligen Kirche den Respekt, der einem keltischen Fürsten
gebührte. Von seiner Ausgangsbasis in Ulster aus könnte er nach Westen gelangt
sein und eine zweite Missionsfront in Connacht aufgebaut haben. Zweifellos
hatte er von Zeit zu Zeit auch mit seinen christlichen Glaubensgenossen in der
südlichen Hälfte der Insel Kontakt.
* * *
Täglich
konnte nun die Stunde nahen. Das wussten alle. Fergus lag im Sterben. Das
Herbstlaub fiel, und er war bereit, zu seiner Reise aufzubrechen.
Und nun hatte er
seine Familie zu einer Versammlung einberufen. Was würde er ihnen eröffnen?
Fergus hatte lange
geherrscht, und er war mit zunehmendem Alter immer scharfsinniger und weiser
geworden, so dass Männer aus der gesamten Liffey–Ebene zu ihm kamen, um
Rechtsfragen zu klären. Das Gebiet um Ath Cliath hieß nun für viele einfach:
das Land des Fergus.
Zwanzig Jahre waren
seit Conalls Tod verstrichen, und in dieser Zeit hatte Deirdre ihm treu den
Haushalt geführt. Sie hatte ihn aufopferungsvoll gepflegt, während seine
herrliche Greisengestalt zunehmend verfiel. Sogar jetzt, unmittelbar vor dem
Ende, hatte sie stets auf seine Sauberkeit geachtet.
Und er war ihr
rührend dankbar gewesen. »Dass ich ein so hohes Alter erreicht habe, Deirdre,
verdanke ich dir«, hatte er mehr als einmal in Gegenwart ihrer Brüder zu ihr
gesagt.
Und doch, dachte
Deirdre bei sich, müsste eigentlich sie ihm danken – für den Frieden, den er
ihr gegeben hatte. Zwanzig Jahre Frieden an den Ufern des Liffey–Flusses.
Zwanzig Jahre Wanderungen hinaus an die Sandstrände in der Bucht. Zwanzig
Jahre, in denen sie sicher und geschützt unter der sanften Wacht der
Wicklow–Berge Morna aufzog. Ihr Sohn war alles, was sie besaß.
Nach Conalls Tod
hatte sie sich nie mit einem anderen Mann eingelassen. Nicht dass sie kein
Bedürfnis nach Lust und Nähe empfunden hätte – manchmal hätte sie schreien
können vor Verzweiflung. Das Problem waren die Männer. Zuerst hatte sie
angenommen, dass sie auf einem der großen Feste schon jemanden kennen lernen
würde, auch wenn Fergus sie gewarnt hatte: »Einen zweiten Conall wirst du
niemals finden.« Ihre Zeit mit Conall hatte ihr zumindest Vertrauen in die
Männer gegeben. Und auch das Bewusstsein ihrer Anziehungskraft. Aber obwohl die
Häuptlinge höflich waren schließlich war sie zur Braut des Hochkönigs erkoren
worden –, blieben sie misstrauisch. Der Prinz, der sich als Opfer dargebracht hatte,
war nach seinem Tod Gegenstand der
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