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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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zeigen.
    »Als die Ostmänner
erstmals unsere Küsten anzugreifen begannen, waren die O’Neills noch so stark,
dass die Ostmänner an den Küsten ihres Gebietes keinen einzigen Hafen anlegen
konnten. Nicht einen einzigen. Alle Häfen der Ostmänner liegen daher weiter im
Süden. Aber gerade das gereicht den O’Neills auf Dauer zum Nachteil. Je mehr
Häfen ein König besitzt, desto mehr Reichtum und Macht besitzt er, sofern er
sie unter seiner Kontrolle hat. Die O’Neills haben das Pech, dass die Häfen
nicht in ihrem Gebiet liegen. Das ist der Grund, weshalb sie unbedingt Dubh
Linn brauchen, den reichsten Hafen.«
    »Daher willst du
also, dass ich dort lebe?«
    »So ist es.« Goibniu
blickte seinen Sohn ernst an. Manchmal glaubte er, der Junge sei zu vorsichtig.
Aber das könnte auch zu seinem Besten sein. Wieder zeigte er auf den Grabhügel
und seine aufgebrochene Kuppel. »Lieben werde ich die Ostmänner nie. Aber in
Dubh Linn liegt die Zukunft, Morann, und daher gehst du nun dorthin.«
    *
* *
    Caoilinn
tanzte. Ein schlankes Mädchen mit langem schwarzem Haar und Beinen, zierlich
wie dünne Stöckchen. Sie tanzte einen shuffle oder
kleinen Schleifer. Und Osgar sah ihr zu und fragte sich, ob sie wirklich heute
heiraten würden.
    In der Wikingerstadt
Dyflin stieß man auf Holz, wohin man auch blickte. Die engen Straßen, die über
die unebenen Abhänge hinauf– und hinunterführten, waren mit gespaltenen
Baumstämmen gepflastert; in den gewundenen Gässchen und Durchgängen stieg man
über Bretter. All diese Wege waren auf beiden Seiten gesäumt von Zäunen aus
Flechtwerk oder Pfählen, hinter denen man die strohbedeckten Dächer der
rechteckigen Wohnhäuser mit ihren Wänden aus Weidengeflecht aufragen sah.
Manche Anwesen hatten auch Ställe für Schweine, Hühner und sonstige Tiere, in
anderen waren Werkstätten untergebracht.
    Ein Erdwall mit einem
hölzernen Palisadenzaun darauf umschloss die Stadt. Außerhalb der Palisade
säumte an der Hafenseite ein solide befestigtes Holzquay das Ufer, an dem
mehrere Langschiffe vertäut waren. Flussaufwärts gleich dahinter befand sich
die lange Holzbrücke und ein Stück weit hinter dieser die Hürdenfurt. Die
irische Bevölkerung nannte den Ort zumeist noch bei seinem alten Namen Ath
Cliath, obwohl sie den Fluss häufiger auf der Wikinger–Brücke als über die
keltische Furt überquerten. Caoilinn war Irin, aber sie nannte die hölzerne
Stadt Dyflin.
    Plötzlich wandte sie
ihre grünen Augen Osgar zu. »Sollen wir zum Kloster rübergehen?«
    »Meinst du
wirklich?«, fragte er. Sie war neun und er war elf Jahre alt. Er hatte ein
besseres Gefühl dafür, was sich schickte und was nicht.
    »Los, komm schon«,
rief sie; er schüttelte amüsiert den Kopf und folgte ihr. Er war sich immer noch
nicht sicher, ob er heiraten sollte.
    Das kleine Kloster
lag auf dem Abhang direkt im Süden des Höhenrückens, von dem aus einst der alte
Rath des Fergus den dunklen Teich von Dubh Linn überblickt hatte. Es war schon
da gewesen, als die ersten Wikinger kamen – eine kleine Klostergemeinschaft
unter dem Schutz der Ui Fergusa, der Nachfahren des alten Häuptlings. In den
Jahrhunderten nach Fergus’ Tod hatten andere kleine Häuptlinge an verschiedenen
Stellen der weiten Ebene an der Liffey–Mündung Raths errichtet, und ihre Namen
hatten überlebt. Rathmines, Rathgar, Rathfarnham – all diese Orte lagen nur
wenige Meilen voneinander entfernt. Der alte Rath des
Fergus lag nun innerhalb der Mauern von Dyflin, aber der kleine Clan der Ui
Fergusa war in der Gegend immer noch so anerkannt, dass er die Häuptlinge
stellte, und sie besaßen in der Nähe ein Bauerngehöft.
    Als Osgar über den
dunklen Teich und die von hölzernen Mauern eingefasste Wikingersiedlung
dahinter blickte, fühlte er sich von einer beruhigenden Wärme durchströmt. Hier
war sein Zuhause.
    Als die norwegischen
Wikinger erstmals hier auftauchten, hatte sein Vorfahre, der damalige Häuptling
der Ui Fergusa, in weiser Voraussicht auf sinnlosen Widerstand verzichtet. Ein
weiterer Glücksumstand war es gewesen, dass jener Herr über den Rath wie Fergus
lange vor ihm ein hervorragender Viehhändler war. Kaum waren die Wikinger an
den Ufern der Liffey–Mündung gelandet, begannen sie sich bereits nach Nachschub
umzusehen. Nachdem er seine Herden weit verstreut in Sicherheit gebracht hatte,
wo sie schwer zu finden waren, machte sich der Viehhändler bei ihnen in jeder
Weise nützlich, versorgte sie zu fairen Preisen

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