Die Prinzen Von Irland
Bäume kletterte, immer besonders
verantwortlich gefühlt hatte und weshalb er darauf bestand, dass er sie
heiraten würde. Denn tief in seinem Herzen wusste er, dass er sich nicht
vorstellen konnte, einmal ein anderes Mädchen zur Frau zu nehmen.
Sie spielten noch
eine Weile am Thingmount und an den Ufern eines kleinen Flusses, der ganz in
der Nähe durch das Gras lief; dann wurde es Zeit, zurückzukehren. Caoilinn
hatte sich gerade den Ring abgestreift und ihn Osgar zurückgegeben, als sie
zwei Gestalten bemerkten, die sich in ihrer Richtung näherten. Der eine war ein
großer rothaariger Mann auf einem prächtigen Ross; der andere ein rothaariger
Junge auf einem Pony.
»Wer mögen die beiden
sein?«, fragte Osgar seine Gefährtin. Meistens kannte sie die Leute, die sich
in dieser Gegend blicken ließen.
»Ostmänner. Norweger.
Sie sind schon lange hier«, sagte sie. »Sie leben in Fingal draußen, aber
manchmal zieht es sie nach Dyflin hinein. Reiche Bauern.«
»Oh, verstehe.« Er
glaubte das Bauerngehöft zu kennen und blickte neugierig nach den zwei Reitern,
denn er nahm an, dass sie gekommen waren, um den Thingmount zu besuchen. Aber
zu seiner Überraschung blickten die zwei Gestalten zwar eine Weile zum Hügel,
schwenkten dann aber plötzlich in die Richtung der Liffey–Mündung ab und
begannen in das flache Uferwasser zu reiten. »Ah, sie reiten wohl zu dem Stein
hinaus«, sagte er.
Es war ein
sonderbarer Anblick. Draußen im Watt stand wie ein einsamer Wachposten auf
weiter Flur, mit dem Geschrei der Meeresvögel als einziger Gesellschaft, ein
einzelner aufrechter Stein oder Menhir. Dahinter gab es nur Morast und
Meerespriele; der Long Stone, wie er genannt wurde, war von den Wikingern
hierher gesetzt worden, um die Stelle zu markieren, an der vor eineinhalb
Jahrhunderten ihr Langschiff zum ersten Mal an den Ufern des Liffey auf dem
Strand aufgelaufen war. In den beiden Norwegern, so vermutete Osgar, dürfte der
»Lange Stein« ähnliche Erinnerungen an die Ahnen erwecken wie in ihm das Grab
des alten Fergus.
Keine Frage, dachte
er, der hünenhafte Ostmann mit seinem roten Haar war ein prächtig aussehender
Mann. Und als hätte sie seine Gedanken erraten, hörte er Caoilinn neben sich
bemerken: »Der Junge heißt Harold. Er ist ein schmucker Knabe.«
Warum sollte dies
einen Misston zwischen ihnen aufbringen? Sicher war er ihr einfach irgendwo in
Dyflin aufgefallen. Und warum sollte der Norwegerjunge auch nicht schmuck
aussehen?
»Sind sie Christen
oder Heiden?«, fragte er wie nebenbei.
Die meisten der
Wikinger in Dyflin waren noch Heiden. Aber die Fronten begannen allmählich zu
bröckeln. Die Iren, die innerhalb der Stadtwälle wohnten, waren wie Caoilinn
und ihre Familie natürlich Christen. Jenseits des Meeres, in England, in der
Normandie und in anderen Ländern, wo sie ihre Stellung neben anderen
christlichen Herrschern behaupteten, hatten sich die Wikingerhäuptlinge und ihr
Gefolge meist das Prestige und die Anerkennung zunutze gemacht, die aus der
Zugehörigkeit zur Kirche erwuchsen. Aber in Irland war es noch etwas anders.
Menschen, die auf den Meeren zu Hause sind und Handel treiben, lernen häufig,
in jedem Hafen andere Götter zu respektieren. Die alten Wikingergötter wie Thor
und Wodan waren daher noch höchst lebendig. Und wenn ein Händler in Dyflin
einen Gegenstand um den Hals hängen hatte, der entfernt wie ein Kreuz aussah,
konnte man nie sicher sein, ob es sich um ein Kruzifix oder um den Hammer, das
Symbol des Thor, handelte.
Und doch war eines
sicher. Die Familie seiner Cousine Caoilinn bestand aus ebenso frommen Christen
wie seine eigene. Man würde es Caoilinn nie erlauben, einen Heiden zu
ehelichen, egal, wie reich er war oder wie schmuck er auch aussah.
»Keine
Ahnung«, antwortete sie auf seine Frage, und darauf trat ein kurzes Schweigen
zwischen ihnen ein. »Außerdem ist der Junge ein Krüppel«, fügte sie wie
nebenbei hinzu. »Ach. Der Arme«, sagte Osgar.
2
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»Du solltest ihn besser abfangen, Morann. Du
weißt doch, wie er ist.« Morann Mac Goibnenn blickte schmunzelnd zu seiner Frau
Freya auf und nickte.
Es war das Ende eines
warmen und ruhigen Sommers. Auf der ganzen Welt, so schien es, herrschte in
diesem Jahr Frieden. Vor sieben Jahren hatte Brian Boru, der aufstrebende
Warlord von Munster, zusammen mit einigen Wikingern aus Waterford einen
Überfall auf den Hafen versucht. Vor zwei Jahren hatte der Hochkönig dem Ort
einen weiteren kurzen und
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