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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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nördliche Hälfte der Insel. An den nördlichen und westlichen Küsten, die
der direkten Herrschaft der O’Neills unterstanden, hatten die Wikinger niemals
Fuß fassen können; und die Existenz des unabhängigen Wikingerhafens an der
Liffey war dem alten Clan stets ein Dorn im Auge gewesen. Denn es hatte nicht
lange gedauert, bis der wikingische Herrscher sich dort wie einer der irischen
Provinzkönige zu gebärden begann. Der letzte »König von Dyflin«, wie er sich
eigenmächtig titulierte, hatte eine Prinzessin von Leinster geheiratet; sein
Territorium hatte ganz Fingal umfasst. »Und am liebsten hätte er die Herrschaft
über das ganze Land bis zum Boyne und darüber hinaus haben wollen«, hatte
Harolds Vater einmal seinem Sohn gesagt. Kein Wunder, dass die mächtigen
O’Neills voller Hass auf die Neuankömmlinge herabblickten. Seit sie mit der
Besiedelung begannen, war der O’Neill–Hochkönig etwa alle zehn Jahre angerückt
und hatte versucht, die Wikinger fortzujagen. Einmal, vor achtzig Jahren, war
es den Iren tatsächlich gelungen, den Ort niederzubrennen, und die Wikinger
waren abgezogen, wenn auch nur für wenige Jahre. Bei ihrer Rückkehr hatten die
Nordmänner auf dem Höhenrücken zwischen der Furt Ath Cliath und dem Teich Dubh
Linn eine neue Siedlung errichtet, doch diesmal mit einem starken Wall, einem
Palisadenzaun und einer festen Holzbrücke über den Fluss. Aber der gegenwärtige
O’Neill–König war ein entschlossener Mann. Vor einem Jahr hatte er in einer großen
Schlacht bei Tara die Nordmänner von Dyflin geschlagen. Harolds Vater hatte
nicht an diesem Kampf teilgenommen, aber danach hatten er und Harold gesehen,
wie die Streitwagenkolonne des irischen Königs die lange Holzbrücke über den
Liffey überquerte. Der König war mehrere Monate lang in Dyflin geblieben; aber
dann war er wieder abgezogen, hatte ganze Wagenladungen an Gold und Silber
mitgenommen, und Dyflin befand sich wieder unter einem Wikinger–Herrscher. Der
Hafen musste dem irischen König nun einen Tribut entrichten, aber ansonsten
gingen die Geschäfte weiter wie bisher.
    »Vor langer Zeit«,
begann sein Vater, »als Dyflin noch norwegisch war, hatte uns der Hochkönig in
einem bestimmten Jahr angegriffen. Und er bestach einige Dänen, ihn dabei zu
unterstützen. Hast du schon mal von dieser Geschichte gehört?«
    Harold schüttelte den
Kopf.
    »Da gab es eine
besonders raue Dänenhorde, die die nördlichen Inseln mit ihren Raubzügen
verunsicherte. Sie waren übles Gesindel. Selbst die anderen Dänen gingen ihnen
aus dem Weg. Doch der Hochkönig nahm Kontakt mit ihnen auf und bot ihnen eine
Belohnung an, wenn sie ihm helfen würden, Dyflin anzugreifen.« »Und
das haben sie tatsächlich getan?«
    »Oh ja.« Sein Vater
schnitt eine Grimasse. »Wir haben sie zurückgeschlagen. Aber es war eine
hässliche Geschichte. Bei diesem Überfall verlor mein Großvater – er war damals
noch ein Kind – seinen Vater.«
    Harold hörte gebannt
zu. Er hoffte, dass sein Vorfahre nicht ehrlos gestorben war.
    »Er wurde getötet,
nachdem die Schlacht bereits beendet war«, fuhr sein Vater fort. »Ein Däne
tauchte auf, erstach ihn von hinten und rannte davon. Dieser Däne hieß Sigurd,
Sohn des Sweyn. Sogar seine eigenen Männer verachteten ihn wegen dieser Tat.«
    »Und sie wurde nicht
gerächt?«
    »Nicht zu jener Zeit.
Sie kamen ungestraft davon. Aber Jahre später, als mein Großvater sich an Bord
eines Schiffs befand und mit den Inseln im Norden Handel trieb, sah er eines
Tages ein Langboot in einem Hafen liegen, und man sagte ihm, dass es Sigurd und
seinem Sohn gehörte. Also forderte er ihn zum Kampf. Sigurd war damals bereits
ein alter Mann, aber immer noch bei Kräften; und sein Sohn befand sich im
gleichen Alter wie mein Großvater. Und so war Sigurd bereit zu kämpfen, jedoch
unter der Bedingung, dass mein Großvater, wenn er selbst den Tod fand, auch
noch gegen seinen Sohn kämpfen müsse. Und mein Großvater schwor: ›Ich werde
euch beiden die Köpfe abschlagen, Sigurd, Sohn des Sweyn, und wenn du noch mehr
Söhne hättest, würde ich auch ihre als Trophäen mit nach Hause nehmen.‹ Da es
da bereits Abend war, kamen sie überein, am nächsten Morgen zu kämpfen, sobald
über der See die Sonne aufgegangen war. Also begab sich mein Großvater bei
Tagesanbruch zu der Stelle, an der das Schiff der beiden lag; aber als er
nahte, stießen sie vom Ufer ab und begannen aufs Meer hinauszurudern. Und dabei
lachten sie ihn aus

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