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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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zugleich, als wäre er die ganze Nacht wach gewesen und hätte sich kasteit. Lopez setzte sich gerade hin. Er hatte ursprünglich angenommen, dass der Junge jemanden verpfeifen wollte – sehr wahrscheinlich einen rivalisierenden Drogendealer –, aber jetzt sahen die Dinge entschieden verheißungsvoller aus. Der Kleine machte nicht den Eindruck, als würde er gleich jemand anderen anschwärzen, vielmehr so, als würde er gleich sich selbst anschwärzen. Als wollte er ein Geständnis ablegen. Während der Junge an der Tischplatte herumkratzte, konnte Lopez förmlich sehen, wie unter der Oberfläche der Mordfall Hughes schimmerte, goldgespickt und servierfertig. Er sah förmlich seine lang ersehnte Beförderung zum Detective und seine Frau, die ihm zur Feier des Tages ein Glas Guinness einschenkt, das Gesicht seiner Mutter, als er sie anruft, um es ihr zu erzählen, und wie die Jungs in der Umkleide miteinander tuscheln: Schon gehört? Lopez hat den Hughes-Mörder geschnappt. Lopez? Ja, hat den Typen ganz alleine festgenagelt. Seine Beförderung hockte da direkt vor ihm, die Beine zappelten unterm Tisch. Sah der Knirps wie ein Killer aus? Was Lopez anging, sah mit Ausnahme seiner beiden jungen Töchter jeder aus wie ein Killer. Wenn er einfach nur sitzen blieb, die Stille ihre Befragungsmagie entfalten und seine Schnur ruhig im Wasser treiben ließ, würde der Kleine schon anbeißen. Lopez legte sein neutralstes, unvoreingenommenstes Gesicht auf. Ein Gesicht, wie gemacht dafür, sich anderer Leute Bürden anzunehmen. Sie von allen Sünden loszusprechen. Der Junge blickte finster drein, als säße Lopez’ Haken bereits fest.
    »Die Dealer-Witzfigur!«, brüllte Officer Hutchison. Er stand über ihnen, seine Wampe schwebte über der Tischkante. »Wie lange ist das jetzt her? Einen ganzen Tag vielleicht? Wo ist dein Lover? Musst du Besorgungen für ihn machen? Mein Gott, Junge, ich will ja nichts sagen, aber du siehst beschissen aus. Ich hoffe, du bekommst genügend Schlaf.«
    Sergeant Wright, der dünnere und gemeinere der Fieslinge, setzte sich neben Lopez. Er reichte ihm einen großen Kaffee und einen Boston-Kreme-Donut, versuchte so, seine Chancen auf den Beifahrersitz zu erhöhen. Dann warf er dem Drogendealer eine Kusshand zu.
    Hutchison zeigt unter den Tisch. »Was zum Henker hast du denn für Treter an?«
    »Bowlingschuhe«, sagte Wright, ohne dass er hingucken musste. Lopez steckte den Kopf unter den Tisch, um sicher zu gehen. Er ärgerte sich, dass es Wright vor ihm aufgefallen war.
    »Bowlingschuhe?«, sagte Hutchison.
    »Du hast von Mode ja wohl überhaupt keine Ahnung«, sagte Wright. »Rotes Kunstleder ist der neue heiße Scheiß.«
    »Ich würd dich gern mal was fragen«, sagte Hutchison, aber der Drogendealer sah ihn nicht einmal an. »Weihnachten wird mich mein Jüngster sicher um ein Paar Zweihundert-Dollar-Bowlingtreter anbetteln. Aber bis dahin sind die doch sicher schon wieder total out, oder nicht? Erspar mir also den Ärger. Was ist wohl in einem halben Jahr der neue heiße Scheiß? Und sag nicht Cowboystiefel. Dann würde ich denken, du willst mich verarschen.«
    »Der Kleine hat mir erzählt, er wär in irgendwelchen Schwierigkeiten«, sagte Lopez.
    »Sag ihm, er soll die Polizei rufen«, sagte Hutchison. Er biss in seinen Donut, und rote Marmelade schoss ihm über die Hand wie Eiter aus einem Pickel. »Die Nummer ist 911. Meinst du, du kannst dir das merken?«
    Zum ersten Mal sah der Junge Hutchison an. »Warum habt ihr euch nicht einen ganzen Karton Donuts geholt? Wollt ihr nicht als Zivilbullen erkannt werden?«
    »Die Witzfigur.« Hutchison schmunzelte. Nachdem er sich den Puderzucker von den Fingern geleckt hatte, nahm er die Coolatta des Jungen und warf sie ihn den Mülleimer.
    Wright griff an den Schlagstock. »Wenn du hier nichts isst oder trinkst«, sagte er. »Wenn du einfach nur rumsitzt, an einem leeren Tisch, und aus dem Fenster glotzt …«
    »Ist das unbefugter Aufenthalt«, sagte Hutchison und klang dabei fast, als täte es ihm leid. »Und unbefugter Aufenthalt …«
    »Verstößt gegen das Gesetz«, sagte der Junge. Er stieß sich von seinem Sitz hoch. »Kapiere. Hab verstanden.«
    Lopez eskortierte ihn zur Tür. »Sag mir bloß, ob es was mit dem Hughes-Mord zu tun hat«, sagte er sanft. Er hatte das Gefühl, dass die Leine kurz davor war zu reißen, seine zukünftige Beförderung wieder in den Tiefen des Meeres zu versinken. »Nick einfach, ja oder nein.«
    »War ne blöde

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