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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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natürlich für sich behält: sollte Diana, der nominelle Underdog, den Kampf gewinnen, bekommt die Bank 310 Dollar – die Differenz zwischen dem, was auf Diana und dem, was auf den Pitbull gesetzt wurde (jeweils minus zehn Prozent). Sollte der Pitbull, der nominelle Favorit, den Kampf gewinnen, dann verliert die Bank 310 Dollar, weil sie nicht genügend Bares im Karton hat, um die Gewinner auszuzahlen. Das Geld in Max’ Hand wird also wieder eingezogen werden. Aber das wird nicht reichen. Noch immer würden 132 Dollar fehlen, eigentlich 42 Dollar, denn Alfredo würde den eigenen Gewinn ja nicht einbehalten. Trotzdem: Sie würden Max’ altmodische Registrierkasse um ein paar Zwanziger erleichtern müssen, letzten Endes den armen alten Mann noch für den Spaß, dass ihm der Kellerfußboden vollgerotzt wurde, zahlen lassen. Gerecht wäre das, wie so vieles andere, nicht. Andererseits, es wird ja nicht passieren. Der Pitbull kann diesen Kampf gar nicht gewinnen, weil Alfredo nicht vorhat, ihn überhaupt beginnen zu lassen.
    »Ich geh nach oben«, verkündet er. Den Schuhkarton unterm Arm, bedenkt er Max mit einem Nicken, das ihn beruhigen soll. »Muss das Geld wegschließen.«
    Auch wenn von AIDS der kleinste Betrag im Karton stammt, so ist er natürlich trotzdem der Erste, der Einspruch erhebt. »Warte mal«, sagt er. »Wo gehst du hin?«
    »Während die Hunde kämpfen«, sagt Alfredo, als würde er aus einem Regelwerk zitieren, zu dem sonst niemand Zugang hat, »sollte das gesetzte Geld an einem sicheren Ort verwahrt werden. So läuft das.«
    »Ja, ja«, sagt AIDS und streicht sich über den hypothetischen Bart. »Aber warum?«
    »Warum zum Henker glaubst du wohl, dass Leute ihr Geld wegschließen?«, sagt Alfredo. Er hofft, dass ihm, wenn er AIDS nur ordentlich abstraft, nicht noch jemand mit Fragen kommt. »Ich weiß, dass du von nichts ne Ahnung hast, AIDS, aber so läuft das. Das ist kein Hundekampf-Videospiel, alles klar? Wir packen das Geld weg, damit wir den Kampf genießen können, ohne uns Sorgen machen zu müssen, dass jemand mit dem Schotter abzischt.«
    »Ach, komm schon«, sagt Rick Sprinkle. »Meinst du wirklich, jemand hier würde das Geld klauen?«
    »Würd mich wundern, wenn niemand es versuchen würde«, sagt Max.
    »Kann es sein, dass du mich meinst?«, fragt David.
    Alfredo wendet sich an Max. »Hast du einen Tresor, in den ich es tun kann?«
    »Du weißt doch, dass ich keinen Tresor habe.«
    »In Ordnung. Dann pack ich’s in die Kasse.«
    »Das ist lächerlich«, sagt Bam-Bam. »Das Geld klaut doch keiner.«
    »Das sagt der Richtige«, sagt Alfredo.
    Baka lacht. Er hat sich das Ganze mit einem Lächeln angesehen, als wäre er richtig scharf darauf zu sehen, wie die Sache wohl ausgeht. Mit einer Geste irgendwo zwischen Bewunderung und Zuneigung droht er Alfredo mit dem Finger.
    »Ich bin müde«, sagt Alfredo, und man hat den Eindruck, als wäre das der erste wahre Satz, der ihm seit Stunden über die Lippen gekommen ist. »Ich geh jetzt hoch. Wenn jemand von euch Obergangstern und Superschurken mich im Auge behalten will, bitte – mir nach. Tut euch keinen scheiß Zwang an.« Und damit geht er die Stufen hoch.
    E r entdeckt Winston in dem Gang mit den Wegwerfartikeln: Pappteller, Plastikbecher, Küchenrollen, Papiertaschentücher, Klorollen, einzeln ausgezeichnet. Winston schüttelt den Kopf, schier überwältigt von der Masse an Wahlmöglichkeiten. Er hat eine Dose Bier in der Hand und einen kleinen blauen Stift – einen von denen, mit denen man Lottoscheine ausfüllt – zwischen den Lippen. Er sieht verloren aus, wie ein überdimensioniertes Kind, gefangen im Dunkeln. Als er Alfredo bemerkt, öffnet er den Mund, und der Stift fällt zu Boden.
    »Ich kann nirgends einen Schreibblock finden«, greint er.
    Er bückt sich, um den Stift aufzuheben, und Alfredo packt ihn und zieht ihn nach vorne in den Laden. Winston protestiert nicht. Wie immer ist er einfach mit von der Partie. Die beiden laufen schnell durch die dunklen Gänge. Alfredo weiß, dass er gerade sein Glück herausfordert – er könnte Tariq jetzt gleich verhaften lassen –, aber im Karton sind beinahe 1800 Dollar, und das ist einfach zu viel Geld, um es außer Acht zu lassen. Er wiegt den Karton wie ein Baby. Im Laufen schlagen die Geldbündel gegen die Seiten des Kartons, synchron mit dem Pochen in seiner Brust. Schweiß legt sich ihm wie kalte Finger um den Schädel. Seine Lungen ziehen sich zusammen wie Fäuste. Die Luft

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