Die Prinzen von Queens - Roman
um die Ecke zu biegen, die Gasse entlangzulaufen und den Hintereingang des Süßwarenladens zu erreichen. Sollten lang und luftig reichen. »Geh zu dem Impala, der da steht«, sagt Alfredo und tippt dabei mit dem Finger gegen das Glas der Eingangstür. »Da sitzen drei Zivile drin. Sag ihnen, der Hund ist hier. Okay? Und dass sie in die Gänge kommen sollen, aber dalli. Sag ihnen, sie sollen ums Haus rum zum Hinterausgang des Ladens gehen. Zum Hinterausgang. Kapiert? Alles klar? Wiederhol alles.«
»Auf der anderen Straßenseite sitzen drei Zivile?«, sagt Winston.
»Die sind wegen meinem Bruder hier.«
»Oh«, sagt Winston. Zum ersten Mal schaut er auf den Karton in seinen Händen. »Wow. Okay. Und du willst, dass ich ihnen das Geld gebe?«
Alfredo lässt den Kopf sinken. Nur mit einer übermenschlichen Willensanstrengung kann er verhindern, dass er ihm von den Schultern fällt und mit offenen Augen über Max Marshmallows glänzenden Linoleumboden kullert.
»Ich möchte, dass du hier fünf Minuten wartest«, sagt Alfredo. »Sag den Bullen, sie sollen zum Hinterausgang des Ladens kommen. Zum Hinterausgang. Dann will ich, dass du das Geld nimmst und nach Hause rennst. Versteck es unter deinem Bett.« Er versucht zu lächeln. »Versteck es neben deinen schweinischen DVDs.«
»Das Geld gehört unseren Freunden.«
»Was ist los?« Alfredos Hand versinkt in dem weichen Teig von Winstons Schulter. »Vertraust du mir nicht?«
»Ich will keine Schwierigkeiten kriegen.«
»Winston, Schwierigkeiten kriegst du, wenn du hierbleibst.«
»Das meine ich nicht.« Er sieht in den Karton, die Stirn gerunzelt. »Ich kann nicht darauf aufpassen. Verstehst du? Ich würd alles für Drogen verpulvern.«
»Du wolltest doch morgen aufhören.«
»Das würde mich umbringen. Ich weiß dein Vertrauen in mich zu schätzen. Wirklich. Aber wenn du mir das Geld gibst, sterbe ich. Ungelogen. Ich würde jeden Cent ausgeben. Ich würd so lange weitermachen, bis mein Herz explodiert.«
»Du sollst es doch bloß vierundzwanzig Stunden aufbewahren«, sagt Alfredo. Er lässt die letzten vierundzwanzig Stunden Revue passieren. Wie viel sich doch in so kurzer Zeit ändern kann. »Wenn du bis morgen nichts von mir gehört hast, geh zu meinen Eltern. Gib den Karton Isabel.«
Max ruft nach Alfredo. Er kommt durch die Dunkelheit auf sie zu, seine Stimme klingt unangenehm ausgefranst, flattrig an den Rändern.
»Plan B«, flüstert Alfredo. Er steht so nah bei Winston, dass der Schuhkarton beiden gegen den Bauch drückt. »Sag den Zivilen, der Hund wär immer noch nicht da. Dass sie noch fünf Minuten warten müssten. Kapiert? Geh jetzt und sag’s ihnen. Sie sollen fünf Minuten warten und dann ums Haus rum zum Hinterausgang kommen.«
Das müsste noch immer hinhauen. Solange die Bullen Shifrin im Hof hochnehmen, sollte Alfredo eigentlich nichts passieren. Sollte Shifrin eine Knarre haben – und warum nicht, wo er doch laut Baka der Obergangster war? –, würde er wegen illegalem Waffenbesitz einfahren. Dreieinhalb Jahre, Minimum. Ein Problem gelöst. Dann gehen die Bullen in den Keller und verhaften den kompletten Rest, einschließlich Alfredo. Betriebskosten, wie Baka sagen würde. Sie alle würden ein, zwei Nächte im Bau verbringen und dann wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Außer Tariq, der gegen die Bewährungsauflagen verstoßen hat – Ich werde mir keinerlei Verstoß gegen geltendes Recht zu Schulden kommen lassen, der zu einer Haftstrafe führen könnte. Problem Numero zwei: gelöst. Es konnte natürlich Komplikationen geben – Max verlor möglicherweise seinen Laden, Shifrin eröffnete vielleicht das Feuer auf die Bullen, Alex und Bam-Bam verpassten unter Umständen Curtis’ Beerdigung, oder Jose Sr. bekam eventuell mal nichts zum Vatertag – aber kein Plan ist perfekt. Besser kann Alfredo es nicht. Spätestens Montagabend würde er zu Hause bei Isabel sein, ihre Ohren küssen und ihr sagen: Ich bin ihn los, die Sache ist erledigt, das hab ich alles nur für dich getan. Und außerdem hätten sie schicke 1800 Dollar für den Christian-Louis-Geburtstags-Fonds.
»Bitte zwing mich nicht dazu«, sagt Winston.
»Hallo?«, ruft Max. »Alfredo?«
»Komme!«, sagt Alfredo. Er nimmt Winston die Kappe ab und setzt sie sich auf. Ein Samstagabend-Outfit, mit dem er selbst niemals gerechnet hätte: gestohlene Bowlingschuhe, Jeans von gestern, seidene Boxershorts mit Teddybären drauf, kein T-Shirt und eine Spiderman-Kappe, die ihm in die
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