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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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verkauft. Und Alfredo hätte niemals dieses Chaos in Max’ Keller veranstalten müssen.
    »Wenn du jetzt abhaust, kannst du sagen, wir wären eingebrochen. Du kannst sagen, du hast von der ganzen Sache nichts gewusst, du wärst überhaupt nicht hier gewesen. Ich werd das bestätigen.«
    »Du hast mich zum Volltrottel gemacht«, sagt Max, sein Mund ist nun vollständig leer. Alfredo stellt sich vor, wie er den letzten Marshmallow verschluckt hat und der zäh die alte Hühnerkehle hinuntergerutscht ist. »Du hast mich in meinem eigenen Laden zum Volltrottel gemacht.«
    »Du wolltest Gangster spielen.«
    »Wie bitte?«
    »Du wolltest Gangster spielen«, sagt Alfredo; von seiner Sympathie ist nicht mehr viel übrig. »Du wolltest Gangster spielen – und das hast du jetzt davon.«
    »Ich ruf die Polizei, wenn’s sein muss.«
    Alfredo packt Max die Bierdose in die eine, die Spiderman-Kappe in die andere Hand. »Ich würd dir ja mein Telefon leihen«, sagt er im Vorbeigehen. »Aber die Batterie ist alle.«
    M isha Shifrin trabt auf den Hintereingang der Bodega zu. Er lächelt, ist zufrieden, dass es so schüttet. Wasser klatscht aufs Pflaster, tropft ihm von der Kappe. Sie ist schwarz, hat einen geraden Schirm und gehört eigentlich Vladimir, aber heute Nacht trägt Misha sie als Glücksbringer, wie bereits in der Nacht davor. Während er sich dem umzäunten Hof nähert, zieht er ein Paar Gummihandschuhe über. Nicht, damit er keine Fingerabdrücke hinterlässt – der Regen wird sie alle wegspülen –, vielmehr will er keine Schmauchspuren an den Händen haben. Die Polizei kann Spuren dieser Art nachweisen, und auch wenn gerade darüber debattiert wird, ob sie als Beweis zulässig sind, sind sie doch zumindest belastend. Die Handschuhe stramm über die Handgelenke gezogen, springt Misha über den Zaun. Mit einem schlammigen Platschen landet er im Hof.
    Der Mond zeigt nur sein halbes Gesicht, er ist schon im letzten Viertel, und in seinem fahlen Licht sieht das Gras mehr gelb als grün aus, sterbend wenn nicht schon tot. Misha kauert sich in eine Ecke des Hofes, wo ein Gartenschlauch sich zwischen Farbeimern hindurchschlängelt. Bäume gibt es keine. Zum Ballspielen ist kein Platz. In einem angeknacksten Keramiktopf hat sich Wasser gesammelt. Das ist doch eine ganz gute Stelle, denkt er. Von seiner Ecke aus, die Hand fest um eine Baby Glock 26 geschlossen, beobachtet er die Tür.
    Er kauert dort so lange, bis seine Oberschenkel verkrampfen und seine braunledernen Oxfordschuhe im Schlamm versinken. Fünfhundert Dollar haben sie ihn gekostet. Er hatte sie heute morgen ohne nachzudenken angezogen, abgelenkt von Telefonanrufen, E-Mails, der Today -Show und dem kreischenden Wasserkessel auf dem Herd. Als er das Gewicht verlagert, saugt der Boden an seinen Füßen. Wenn er nach Hause kommt, wird er die Schuhe verbrennen müssen, zusammen mit den Gummihandschuhen. Unglaublich. Beschissene fünfhundert Dollar. Er fischt einen Protein-Riegel aus der Hosentasche, und da er die Hände nicht von der Pistole nehmen will, reißt er die Verpackung mit den Zähnen auf. Ein Stück davon löst sich in seinem Mund ab, er spuckt es ins Gras. Der Riegel riecht nach Erdnussbutter und Ahornsirup und ist nach drei Bissen verschwunden. Er leckt sich die Lippen. Jetzt hat er Durst, verspürt aber nicht den geringsten Drang, den Mund aufzumachen und sich den Regen auf die Zunge fallen zu lassen. Viel zu hoher Säureanteil. Zu viele Rußpartikel. Karzinogene. Spitzzahnige Tumore, die ganz heiß darauf sind, sich unten in seiner Lunge zusammenzurotten.
    Mit der freien Hand tastet er das Gras vor sich ab, sucht nach dem winzigen Stück Verpackung. Bescheuert. Er stellt sich vor, wie Ermittlungsbeamte es finden, Zahnarztakten sichten und die Verbindung zwischen den Bissspuren auf dem Papier und den Zähnen in seinem Schädel herstellen. Nicht, dass es in den USA irgendwelche Zahnarztakten von ihm gäbe – aber trotzdem, es ist unnötig, das Riskio einzugehen und das Papierchen liegen zu lassen, genauso unnötig, das Risiko, das dieser Gorilla Baka mit seiner SMS einging. Einen elektronischen Nachweis seiner Machenschaften. Für immer gespeichert in einem Supercomputer von AT&T. Misha kreidet es sich selbst an, mit diesen Leuten überhaupt Geschäfte zu machen.
    Keinen Block entfernt geht die Alarmanlage eines Autos los. Misha hält den Kopf gesenkt. Versucht sich so klein wie möglich zu machen. Womöglich geht in den Häusern wegen des plärrenden

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