Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
Vom Netzwerk:
Alarms das Licht an. Oder Gesichter erscheinen an Fenstern. Irgendjemand – unwahrscheinlich, aber möglich – ruft vielleicht die Polizei. Misha nimmt die Hand von der Waffe und versucht die Handschuhe an der Hose trocken zu wischen. Er überlegt, ob er nicht einfach abhauen soll, mit dem Taxi zum Okeanos-Badehaus fahren und es morgen noch mal versuchen – aber es wird immer Alarmanlagen geben, Misha, und das fiese Gefühl fehlenden Mutes, und außerdem, wie hat dein Vater immer gesagt, Kto ne riskuyet tot ne pyot shampanskoe , was, schlecht übersetzt so viel heißt wie Wer kein Risiko eingeht, trinkt auch keinen Champagner .
    Die Alarmanlage wechselt die Tonlage, die Hupe macht jetzt änk-änk-änk , wird lauter und eindringlicher, und das mag der Grund dafür sein, dass Misha nicht hört, wie der spanische Junge die Gasse hergelaufen kommt, bis es beinahe zu spät ist.
    Der Junge schwingt sich über den Zaun. An der Stelle, wo Misha auf den Füßen gelandet war, rutscht er aus. Geht hart zu Boden. Matsch spritzt ihm über sein billiges Knicks-Trikot.
    Misha richtet sich auf. Er muss näher ran. Er hat genau einen Schuss, bevor die Nachbarn nach dem Telefon greifen, dann wird er die Beine in die Hand nehmen müssen. Mit dem Regen hat er Glück gehabt, aber er kann nicht erwarten, dass ein Donnerschlag seinen Schuss übertönt. Der Junge reibt sich die Stelle an seiner Hüfte, auf die er gefallen ist. Er wirkt überrascht, als Misha auf ihn zukommt, genau wie Vlad überrascht gewirkt haben muss, als dieser Feigling ihm an die Gurgel gegangen ist. Misha ragt vor ihm auf, nah genug, um den Namen auf dem Trikot lesen zu können – »Starks« –, und jetzt, wo er so nah dran ist, sieht er, dass der Junge überhaupt kein Junge ist, sondern ein erwachsener Mann, was unerwartet ist, klar, aber die Sache einfacher macht. Misha hebt die Pistole, bereit, diesem Schwanzlutscher das Kinn wegzublasen.
    Der Schuss durchschlägt Misha die Brust. Sein Mund füllt sich mit etwas Warmem, Wässrigem, Geschmacklosem. Er hört weitere Schüsse. Vielleicht zwei. Vielleicht einen plus Echo. Er kann sich nicht entsinnen, selbst gefeuert zu haben. Die Pistole befindet sich noch immer in seiner Hand, meint er, kann sich aber nicht vergewissern, weil er den Kopf nicht vom Boden heben und nachsehen kann. Seine Füße sind wie Wachs. Der Regen prasselt auf die rostigen Deckel der Farbeimer, es klingt wie Holzfinger auf Holz. Vollgesogen zieht sich die Kappe um seinen Schädel zusammen. Er will sich unter ihr herauswinden, aber er kann sich nicht bewegen. Er will die Flüssigkeit in seinem Mund ausspucken, was auch immer es ist, aber er weiß nicht mehr, wie.
    K urz davor. Nachdem er Max Spiderman-Kappe und Bierdose gegeben hat, geht Alfredo die Treppe hinunter. Er nimmt jede Stufe einzeln, die Hand auf dem hölzernen Geländer. Das Licht im Keller hat ihn bereits zur Hälfte zurückgezogen. Er muss den Hundekampf irgendwie hinauszögern, bis die Zivilen aufkreuzen, was – er klopft auf das Geländer – nun nicht mehr lange dauern dürfte. Sein Plan ist folgender: Er wird den Dumpfbacken im Keller erzählen, dass die Hunde vor dem Kampf erst noch gewaschen und abgetrocknet werden müssen. Um sicherzustellen, dass ihr Fell nicht mit irgendwelchem Gift präpariert wurde. So läuft das hier, wird er sagen. Hey, gar nicht so schlecht. Sollte funktionieren. Alfredo fühlt sich gut, ist berauscht von dem Gedanken, die ganze Meute nach Belieben manipulieren zu können, aber als er die letzte Stufe genommen hat und in den Keller tritt, dreht sich ihm der Magen um. Natürlich. Wie naiv von ihm. Nie wartet jemand. Nie hat jemand Geduld. Die Show hat ohne ihn angefangen.
    Im Ring hetzen die älteren Brüder – Alex Hughes, Tariq Batista – ihre Hunde auf. Die Suppendosen sind aufgesammelt und feinsäuberlich an der Seite aufgestapelt. Alex hält Diana im Nacken fest. Sie zieht ihn zur Mittellinie, jenem silbernen Streifen Gewebeband, und sollten seine Turnschuhe quietschen, hört man es nicht, es geht im Gebell der Hunde unter, das jetzt noch lauter ist als zuvor. Zu laut, denkt Alfredo. Lärm trampelt die Stufen und die Leiter hinauf, flutscht durch die Klapptür und rennt den Gehsteig entlang. Sollten sie Ohren am Kopf haben, hören die Bullen den Krach Hundertpro. Und wenn schon nicht das Gebell, dann das Gebrüll. Alfredo muss es stoppen. Er hat einen Deal mit den Bullen. Aber noch entscheidender ist: So war das nicht geplant. Doch was soll

Weitere Kostenlose Bücher