Die Prinzen von Queens - Roman
und skizzieren auf Dreifach-Formularen Gründe für Kopfzerbrechen, wobei jeder, wie die richtigen Antworten bei Jeopardy! , in Form einer Frage gehalten ist. Zum Beispiel: Was ist die Inkubationszeit von Giftefeu? Welche Risiken bestehen, wenn eine Schwangere damit in Berührung kommt? Hat Pierre Curtis Hughes umgebracht? Hat er einen Baseballschläger aus Metall oder ein Montiereisen verwendet, um es mit den K.O.-Fäusten der ABC-Brüder aufnehmen zu können? Hatte Curtis eigentlich auch irgendwann gedacht, Pierre sehe aus wie eine jüngere Version seiner selbst, oder bemerken die Leute so was gar nicht?
»Im Internet stand, dass alles cool ist, solange ich täglich in Tomatensaft bade.«
»Das ist was für Stinktiere.«
»Was?«, sagt Pierre.
»In Tomatensaft baden.«
»Wieso sollte ein Stinktier in Tomatensaft baden?«
»Seht ihr?«, sagt Baka. »Das ist der Typ, der mir mit ›Katastrophenfantasie‹ kommt. Könnt ihr euch das vorstellen?«
»Wir brauchen vier Unzen Kokain«, sagt Tariq. Er sitzt vorgebeugt auf der Kante der Sitznische. Seine Hände baumeln auf eine Weise zwischen den Knien, die Alfredo irritierend unbedrohlich findet. »Nichts Gepanschtes«, sagt Tariq. »Nichts Gestrecktes. Wir brauchen es bis allerspätestens Dienstag. Und wir zahlen nicht mehr als siebenhundert die Unze. Macht wieviel? Zweitausendachthundert Dollar? Geht das so auf, Alfredo?«
Nein, denkt Alfredo. Er sitzt auf dem Drehstuhl neben der Computertastatur, abgewandt von den Männern in der Sitzecke. Nein, das geht nicht auf. Na ja, okay, aufgehen tut es schon, aber die Zahlen sind der schiere Irrsinn. Bei siebenhundert pro Unze würde ein einziges Gramm gerade mal fünfundzwanzig kosten, was es vielleicht wenn die Scheiße ins Land kommt, direkt ab Schiff auch tut. Aber diesen Preis jetzt zu verlangen, von Baka, in einem Bowlingcenter in Flushing? Und was will er überhaupt mit so viel Koks? Es in Mamas gusseiserner Pfanne aufkochen, die Blasen mit Mamas Buttermesser ausstreichen und in Mamas Kühlschrank packen, bis es sich zu Crack-Steinchen verhärtet hat? Eine Unze in den Dealer-Taschenrechner eingegeben ergibt 168 Steinchen. Vier Unzen ergeben 672. Verkauft man die auf der Straße für zehn Dollar das Steinchen (na gut … angesichts von Alfredos Verkaufsgeschick sagen wir fünfzehn), ergibt das 10080 Dollar, sprich einen Gewinn von über sieben Riesen, und genau so war Tariq möglicherweise auch auf die ursprüngliche Zahl gekommen, hatte sich gesagt: Junge, Junge, siebentausend Dollar, das wär’s doch – aber wie stell ich’s bloß an? Außer, natürlich, siebenhundert pro Unze war ein angemessener Preis, bevor er abgetreten ist, was bedeutete, dass Alfredo die an den Rändern schon poröse Glanzzeit des Drogenhandels komplett versäumt hatte. Wäre er drei Jahre älter und hätte die Eier gehabt, Steinchen zu verkaufen, dann hätten er und Isabel jetzt bereits eine eigene Wohnung mit Flachbildfernseher und Sub-Zero-Kühlschrank.
Baka tritt leicht gegen den Stiefel in Alfredos Hand. »Du umklammerst das Teil wie einen Teddybär«, sagt er. »Wolltest du nicht, dass der nette Schuhverleih-Typ den einbehält?«
»Machst du Witze? Ich geb diesem Schulversager doch nicht beide Schuhe.«
»Bist du denn kein Schulversager?«, sagt Baka.
»Doch. Und Stiefel klau ich auch.«
»Hat er mich nicht verstanden?«, fragt Tariq Alfredo. Er würdigt Baka keines Blickes. »Hat er nicht verstanden, dass ich ihn nach vier Unzen gefragt habe?«
»Vielleicht will er dich kränken.«
Baka droht Alfredo lächelnd mit dem Finger. Mit der freien Hand winkt er die Bedienung heran, eine Latina mittleren Alters mit ausladendem Hinterteil. Alfredo hat sie noch nie gesehen, was ihn nicht überrascht, da er keine der Kellnerinnen hier mehr als einmal gesehen hat. Whitestone Lanes beschäftigt immer nur eine Servicekraft und verwandelt diese in ein Perpetuum mobile, lässt sie von einem Ende des Bowlingcenters zum anderen stürzen, wobei der drohende Verfall ihre erschöpften Körper zusätzlich antreibt. Alfredo stellt sich vor, dass diese Kellnerin beim Einstellungsgespräch noch eine langbeinige Teenie-Sexbombe gewesen war – fast so hübsch wie Isabel – und vom Fleck weg engagiert wurde. Das war vielleicht eine Woche her. Innerhalb der nächsten Stunde wird sie graue Haare und Arthritis in den Knien bekommen.
Baka bestellt sich eine Erdbeermilch. Pierre will nichts – er ist in Richtung Kugelständer abmarschiert – und Tariq
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