Die Prinzessin
daß Sie die echte Prinzessin sind!«
»Faß sie nicht an. Sie stammt aus königlichem Haus«, warnte ihn J. T. sarkastisch.
»Halte du dich da gefälligst raus, ja?« fauchte Bill erbost.
Den Rest der Fahrt hüllten sich alle in Schweigen.
5
Aria saß nachdenklich in ihrer Suite im Waverley Hotel. Noch immer klang das Gelächter des Hotelpersonals in ihren Ohren. Noch nie war sie ausgelacht worden, und sie hatte auch nicht vor, diese Erfahrung zu wiederholen.
Der Zug war schmutzig, verqualmt und überfüllt gewesen. Hunderte von Soldaten reisten damit zu ihren Einsatzorten, und sie hatte den Eindruck, daß jeder von ihnen versucht hatte, sie zu berühren. Als sie gesagt hatte, daß es keinem Bürgerlichen gestattet wäre, sie anzufassen, hatte man ihr laut ins Gesicht gelacht.
Bei der Ankunft in Washington war sie so nervös gewesen, daß sie die Geldscheine total durcheinandergebracht hatte. Der Träger hatte ihr fast die Füße geküßt, nachdem sie ihm das Geld in die Hand gedrückt hatte. Der Taxifahrer jedoch war richtig unverschämt geworden und hatte sie wegen ihrer vielen Koffer beschimpft.
Vor der Rezeption im Hotel hatte sie eine Schlange von wartenden Menschen vorgefunden, und als sie die Leute gebeten hatte, ihr den Weg frei zu machen, wurden sie richtig unfreundlich, und außerdem tuschelten sie über ihr Gepäck. Aria hatte keine Ahnung, wie man sich in einer Warteschlange verhielt, aber sie lernte schnell. Als sie endlich zum Portier vorgedrungen war, war sie sehr müde und ungeduldig gewesen. Leider schien es dem Hotelangestellten ähnlich zu gehen. Er lachte ihr ins Gesicht, als sie sagte, daß sie eine Suite mieten wollte, und zu ihrer maßlosen Überraschung erzählte er den anderen Wartenden, was sie forderte. Alle hatten sie ausgelacht!
Sie erinnerte sich an J. T’s Rat, daß sie dem Portier eine Banknote zustecken müsse — also schob sie dem Mann ihre Geldbörse zu. Aus irgendeinem Grund brachte ihn das aber nur noch mehr zum Lachen.
Nach einer Nacht ohne Schlaf fühlte sich Aria schrecklich. Sie haßte Amerika und die Amerikaner, und sie erinnerte sich noch nicht einmal mehr an die Hälfte dessen, was Lieutenant Montgomery ihr geraten hatte. Außerdem versagten ihre Englischkenntnisse, und ihre Worte wurden undeutlicher.
»Amanda Montgomery«, brachte sie schließlich heraus.
»Ich kann Sie nicht verstehen«, sagte der Portier. »Sind Sie eine Deutsche?«
Die Warteschlange wurde bei diesen Worten plötzlich ganz still, alle starrten sie feindselig an.
Aria wiederholte den Namen, als ein anderer Mann auf den Portier zutrat. Er war der Manager des Hotels, und der Name von J. T’s Mutter wirkte wie ein Zauberspruch. Auf einmal war alles ganz einfach. Pagen wurden herbeigerufen, und innerhalb von Minuten führte der Manager persönlich Aria in den Aufzug, wobei er sich die ganze Zeit wortreich und gewandt für das schlechte Benehmen des Portiers entschuldigte, aber durch den Krieg sei es schier unmöglich geworden, anständiges Personal zu bekommen.
Jetzt, allein in ihrem Zimmer, fühlte sich Aria ziemlich verloren. Der Manager, Mr. Catton, hatte ihr zwar geraten, zu klingeln, wenn sie etwas wünschte — doch wo war hier der Klingelzug?
Ein Klopfen ertönte an ihrer Zimmertür, und als sie nicht antwortete, trat ein Mann ein, der ihr Gepäck vor sich herschob. Nachdem die Koffer im Schrank verstaut waren, blieb der Mann stehen und sah sie auffordernd an. »Sie können gehen«, sagte sie ungeduldig. Der Mann schnaufte verächtlich und ging auf die Tür zu.
»Warten Sie«, rief Aria und griff nach ihrer Börse. Sie hatte bis jetzt die Erfahrung gemacht, daß Amerika alles für diese Scheine taten, und je mehr Nullen darauf standen, desto besser... Sie zog eine Banknote heraus und sagte: »Ich brauche eine Zofe. Kennen Sie jemanden, der mir beim Ankleiden helfen könnte, mir ein Bad einläßt und meine Koffer auspackt?«
Die Augen des Mannes wurden groß, als er den Hundertdollarschein erblickte. Eifrig erwiderte er: »Für wie lange brauchen Sie ein Mädchen? Meine Schwester könnte das erledigen, aber sie möchte natürlich nicht für immer Zofe bleiben.«
Aria war wieder einmal verblüfft. In Lankonien war es keineswegs entwürdigend, Zofe oder Diener zu sein, und ihre Kammerfrauen dort waren alle von Adel. »Nur für ein paar Tage«, murmelte sie.
»Ich werd’ sie anrufen«, nickte der Mann und ging zu dem schwarzen Telefon, das am Fenster stand.
Aria hatte zwar schon
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