Die Prinzessin
— und jetzt kam er nur für eine Stunde nach Hause, und das auch nur, um ihr einen Vortrag zu halten.
»Meine Mutter kommt am Samstag. Sie wird uns hier abholen, und dann besuchen wir den Ball des Commanders. Hast du für diese Gelegenheit etwas anzuziehen? Weißt du, wie man sich auf einer solchen Festivität benimmt? Weiß du, wie man Marineoffiziere begrüßt?«
Aria war zu verblüfft, um zu antworten. Schließlich war sie eine königliche Prinzessin, aber er behandelte sie wie ein unbedarftes Mädchen vom Lande! »Ich glaube, ich werde mich so zu verhalten wissen, daß ich dich nicht blamiere«, murmelte sie, aber er bemerkte den Sarkasmus in ihrer Stimme gar nicht.
Er fuhr fort, von seiner Mutter zu erzählen, einer Frau, die ein Mittelding zwischen Attila, dem Hunnenkönig, und Florence Nightingale zu sein schien. Sie war ein Abkömmling der ältesten und besten Familien Amerikas. »Und sie hat einen Montgomery geheiratet«, sagte J. T., als ob das alles erklären würde.
»Vielleicht sollten wir ihr meinen Stammbäum zusenden, um ihre Zustimmung zu erhalten. Ich bin — dank der Heiratspolitik der englischen Queen Viktoria — mit jedem europäischen Herrscherhaus verwandt. Oder verblassen die ausländischen Könige etwa neben dem Glanz der amerikanischen Heldinnen?«
J. T. funkelte sie böse an und verließ das Haus
Er kehrte erst am nächsten Morgen zurück, um sich umzuziehen. Mit knappen Worten erinnerte er sie an die Ankunft seiner Mutter und verlangte, daß das Haus geputzt wurde, dann fuhr er wieder ins Büro.
Dolly kam um eins, gerade nachdem Mrs. Humphreys gegangen war. »Was ist hier los?« fragte Dolly statt einer Begrüßung.
Aria war immer von Dienerschaft umgeben gewesen, und sie wußte, daß man sich nur Blutsverwandten anvertrauen durfte, daher sagte sie im Plauderton: »Ich wollte gerade Mittag essen. Sie sind herzlich eingeladen.«
»Ich interessiere mich jetzt nicht für Essen. Floyd hat Gail erzählt und die wiederum Bill, daß J. T. die ganze letzte Nacht außer Haus war. Habt ihr euch gestritten?«
»Es gibt wirklich guten Krabbensalat und Tomaten.«
»Schätzchen«, sagte Dolly und legte ihre Hände auf Arias Schultern. »Ich weiß alles. Ich weiß, daß Sie eine Prinzessin sind, die in ihr Land zurück will, und ich weiß, wie diese Heirat zustande gekommen ist. Aber ich merke auch, daß etwas Fürchterliches passiert sein muß, und ich möchte, daß Sie mit mir darüber sprechen.«
Vielleicht war Aria schon mehr zur Amerikanerin geworden, als sie angenommen hatte. In den letzten Tagen hatte sie stets stumm dabeigesessen, wenn die Frauen die vertraulichsten, intimsten Dinge austauschten. Doch jetzt brach sie in Tränen aus und ließ sich willig von Dolly zum Sofa führen. Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, forderte Dolly sie auf, alles zu berichten.
»Er... er hat mit mir geschlafen«, schniefte Aria und konnte gleichzeitig selbst nicht glauben, daß sie so intime Dinge preisgab. »Aber jetzt überschüttet er mich mit seinem Haß. Ich verstehe das nicht! Was habe ich denn falsch gemacht?«
»Überhaupt nichts. Bill hat sich sehr gesträubt, und wir haben uns sogar gestritten, aber schließlich hat er mir doch erzählt, was J. T. alles gesagt hat. Wer ist eigentlich dieser Graf Julius?«
»So nennt J. T. den Mann, mit dem ich verlobt war.« Aria putzte sich die Nase.
»Wußten Sie eigentlich, daß J. T. denkt, Sie würden diesen Grafen doch noch heiraten?«
Aria schwieg.
Dolly beugte sich vor. »Wieso kommt er überhaupt auf diese Idee?«
»Er hätte mich nicht geheiratet, wenn man ihm nicht weisgemacht hätte, daß die Ehe annulliert würde. Natürlich kann ich mich niemals scheiden lassen — das wäre undenkbar!«
Dolly lehnte sich zurück und sagte atemlos: »Dann wird J. T. also König!«
»Ach was, nein! Prinzgemahl!« Aria wedelte mit der Hand. »Aber ich verstehe immer noch nicht, warum er so wütend auf mich ist!«
»Das ist doch ganz einfach — er hat’s zwar Bill gegenüber nie zugegeben, aber er hat Angst, daß er sich in Sie verliebt! Er glaubt noch immer, daß er Sie diesem Grafen überlassen muß, und er möchte nicht verletzt werden.«
»Vielleicht sollte ich ihm sagen, daß unsere Ehe nicht annulliert werden kann.«
Dolly war fassungslos. »Sie wollen einem stolzen Mann wirklich sagen, daß er hinters Licht geführt und übers Ohr gehauen worden ist?«
»Ist das nicht richtig?«
Dolly lachte. »Ich glaube, er wird sich noch sehr in Sie
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