Die Probe (German Edition)
sie war bekannt und beliebt für ihr loses Mundwerk. Es gab nur ein einziges Tabu, an das sich alle hielten: kein Wort über Kundenbeziehungen. Allmählich wurde es wieder ruhiger in ihrer Ecke. Einer nach dem anderen empfahlen sich die Kollegen, samt und sonders bestandene Familienväter, die ihre Kinder zu Bett bringen oder übers Wochenende der Familie ins Ferienhaus in den Bergen nachreisen wollten. Meier gehörte zwar auch in diese Kategorie, aber heute war sein Glückstag, und er hatte Francescas Anziehungskraft nicht das Geringste entgegenzusetzen. Endlich verabschiedete sich auch Kollege Meister. Sie war allein mit ihrem Opfer.
»Ich – sollte dann auch langsam«, murmelte Meier unsicher. Sie schüttelte lächelnd den Kopf, beugte sich vor, dass er tief in ihren Ausschnitt blicken musste und flüsterte ihm ins Ohr:
»Nur noch einen letzten Drink. Ich bin gleich zurück.« Er starrte immer noch auf den gleichen Fleck, als sie mit zwei weiteren AnCnocs zurückkehrte. Diesmal setzte sie sich so nah neben ihn, dass sich ihre Knie berührten. Wie von der Tarantel gestochen zuckte er zurück und verschüttete einen Teil des kostbaren Highland Whiskys. »Entschuldigung«, hauchte sie mit entwaffnendem Lächeln. Ihre Hand lag auf seinem Knie. Er wich nicht mehr aus, hatte den letzten Rest von Widerstand aufgegeben, den Kampf verloren. Er gehörte ihr. Wieder beugte sie sich vor. Diesmal berührte ihre Brust seine Schulter, als sie wisperte: »Komm!« Sie nahm ihn bei der Hand, zog ihn hoch und führte ihn wie ein folgsames Kind durch die Lobby zu den Aufzügen.
Alles musste jetzt schnell gehen. Es musste vorbei sein, bevor er wieder zur Besinnung kam. Im Zimmer, das sie für eine Nacht reserviert hatte und wohl nur für höchstens fünfzehn Minuten benötigen würde, öffnete sie die Bluse, streifte den Büstenhalter mit geübtem Griff ab und legte die zitternden Hände des willenlosen Opfers auf ihre nackten Brüste. Wortlos öffnete sie seine Hose, ließ sie zu Boden fallen, zog den Slip herunter und nahm sein Geschlecht in die Hand. Keiner Bewegung fähig, ließ er sie lautlos gewähren. Sein Glied reagierte sofort auf die sanfte, warme Berührung. Nach kurzem, kräftigem Reiben war er soweit. Seine Hände verkrampften sich, dass sie aufschreien wollte, doch beim Griff an seine Hoden entlud er mit leisem Stöhnen. Es war der erste Laut aus seinem Mund, seit sie die Bar verlassen hatten. Kraftlos sank er zu Boden und blieb mit blödem Grinsen liegen. Blitzschnell wusch sie sich die Hände, knipste den halbnackten Kollegen mit ihrem Handy, der immer noch mit geschlossenen Augen am Boden lag, und warf ihm schließlich ein paar Papiertücher zu. Er hatte seinen Zweck erfüllt, sie hatte ihr Ziel erreicht. Am Montag würde sie das Dossier Vidal übernehmen, und wer sich sicher nicht dagegen wehren konnte, war der brave Familienvater und Ehemann Meier 2.
Manaus, Amazonas
Die wirre Geschichte des gestrandeten Engländers, der mit Ryan Schiffbruch erlitten hatte, war immerhin in einem Punkt einigermaßen klar verständlich: Charlie konnte ziemlich genau eingrenzen, wo der Unfall geschehen war. Er breitete die Landkarte vor dem allwissenden Concierge des Novotel Manaus aus und zeigte auf die Stelle.
»Senhor, por favor. Können Sie mir einen Boots-Charter empfehlen, der mich schnell in diese Gegend bringt? Ich werde voraussichtlich zwei, drei Tage benötigen. Ist das möglich?« Der Concierge studierte die Karte eine Weile, dann blickte er den Gast nachdenklich an und antwortete:
»Bedaure, Sir, diese Gegend liegt etwas abseits. Ich glaube nicht, dass eines der Passagierboote diese Route fährt. Aber ich kann Ihnen einige sehr schöne Ausflüge in der Nähe empfehlen. Es sind wissenschaftlich begleitete Touren in den Überschwemmungswald ...« Charlie unterbrach ihn lächelnd:
»Entschuldigen Sie, ich habe mich nicht klar ausgedrückt. Ich möchte keinen Touristenausflug buchen. Ich organisiere eine private Exkursion und benötige ein geeignetes Schiff mit einem zuverlässigen Bootsführer, und es eilt.« Der gequälte Blick seines Gegenübers war eine klare Antwort. Es ging nicht so schnell und elegant, wie er gehofft hatte. Er musste seine Suche wohl ausdehnen. Bevor der enttäuschte Concierge sein Bedauern wortreich ausdrücken konnte, trat ein Fremder hinzu, den er vorhin schon in der Halle bemerkt hatte. Ein kräftig gebauter Brasilianer, etwa gleich groß wie er. In seinen verwaschenen Jeans, dem blau-weiß
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