Die Probe (German Edition)
zur Salzsäule erstarrten Fahrer. Die Männer fielen hin und rissen auch Vidal zu Boden. Sein wild um sich schlagender und nach Wasser schreiender Begleiter wälzte sich über ihn und den Fahrer, über den Boden, schlug die Hände vors Gesicht, und blieb schließlich wimmernd liegen. Noch bevor sich der völlig überrumpelte Vidal wieder aufrappelte, hörte er, wie der Motor des Wagens gestartet wurde.
Daisy saß zusammengekrümmt, stöhnend und nach Atem ringend, auf dem Beifahrersitz, während Pete mit schmerzverzerrtem Gesicht am Steuer saß und das Gaspedal mit der Ferse durchdrückte, weil er keine Kraft mehr hatte im Fußgelenk.
»Was ist mit Ihnen?«, fragte er heiser, ohne den Fuß vom Gas zu nehmen.
»Hab den Arm aufgerissen am Tor«, keuchte sie. Sie blutete stark und die Wunde brannte, aber der Schmerz würde erst später richtig einsetzen. Die ausgelassene Freude über die gelungene Flucht verdrängte alle anderen Gefühle. Die irre Raserei über das holprige Gelände – ein Rausch der Sinne, schwerelos. Pete ließ sich durch nichts aufhalten. Sie beide hatten nur ein Ziel: weg von der Mine, zurück in die Stadt. Der Schlagbaum bei der Ausfahrt zersplitterte krachend, als Pete mit Triumphgeheul am verdutzten Wachmann vorbeibrauste.
»Hooroo, buggers!« - »Wiedersehen, Arschlöcher!«, schrie er lachend, so laut er konnte. Mit einem Hustenanfall wuchtete er das Steuer herum und lenkte den Wagen auf die Hauptstrasse nach Roxby Downs. Kurz danach hörte Daisy Polizeisirenen, die sich von hinten näherten, beruhigend wie sonntägliches Kirchengeläute in ihren Ohren. »Hätte nicht gedacht, dass ich dieses Geräusch einmal lieben würde«, grinste Pete, als er am Straßenrand anhielt. Ein Patrouillenwagen parkte vor ihrer Nase, einer in ihrem Rücken. Als sie sah, wer aus dem Wagen des Sheriffs stieg, sackte sie zusammen, Tränen stiegen ihr in die Augen und die unterdrückten Schmerzen kehrten mit einer Heftigkeit zurück, dass sie aufstöhnte.
»Charlie«, murmelte sie kaum vernehmbar, dann wurde es schwarz vor ihren Augen.
»Es tut mir leid«, wisperte Charlie immer wieder, während er an ihrem Krankenbett saß und wartete, bis sie aufwachte. Man hatte die beiden Verletzten überraschend schnell und unbürokratisch ins Spital geflogen. Höchste Zeit, um Pete’s Bein zu retten, bei dem sich schon erste Anzeichen von Wundbrand zeigten. Höchste Zeit auch, um Daisys Lungenentzündung mit Antibiotika zu behandeln. Die Verletzung an ihrem Arm hatte zwar stark geblutet, war aber glücklicherweise nicht weiter gefährlich. Als er gesehen hatte, in welch bedauerlichem Zustand die beiden in ihrem Fluchtauto saßen, hätte er sich beinahe übergeben. Er war verantwortlich für sie. Wie konnte er so dämlich sein, sie allein hierher zu schicken. Um ein Haar hätte sie ihren Einsatz mit dem Leben bezahlt. Er ekelte sich vor sich selbst.
Im ersten Augenblick hatte jedermann nur an die Rettung der beiden gedacht, alles Andere war nicht wichtig. Erst zu spät beschäftigten sie sich wieder mit Vidal, um ihn zu vernehmen, doch er war längst ausgeflogen, wie sie von der Flughafenverwaltung erfuhren.
Sie rührte sich, blinzelte und fragte mit schwacher Stimme:
»Wie geht es Pete?«
»Er ist O. K. Sein Bein kommt wieder in Ordnung. Wie fühlst du dich?«
»Miserabel.« Sie versuchte zu lächeln. »Wo bin ich?«
»Im Spital in Adelaide. Du hast lange geschlafen.« Er nahm ihre Hand und sagte mit eindringlicher Stimme: »Es tut mir leid, Daisy.«
»Ist nicht deine Schuld. Hat man die Kerle?«
»Die Leute der Mine werden zur Rechenschaft gezogen, sobald du deine Aussage gemacht hast.«
»Die müssen sich warm anziehen«, murmelte sie zufrieden, doch plötzlich fragte sie ängstlich: »Meine Unterlagen – die Karte – das INS ...«
»Alles da«, beruhigte er sie. »Ich habe die Behörden bereits informiert. Das Verfahren zur Erweiterung der Schürfrechte ist sistiert, bis unser Bericht vorliegt.«
»Gott sei Dank. Die Mine darf so auf keinen Fall ausgebaut werden. Das wäre eine Katastrophe für die Wasserversorgung.« Sie schloss die Augen, erschöpft vom Reden, doch unvermittelt drückte sie seine Hand fester und sagte aufgeregt: »Mein Handy! Ich muss Renate anrufen.« Das Telefon lag ausgeschaltet auf dem Nachttisch. Er gab ihr das Gerät und antwortete lächelnd:
»Sie weiß Bescheid. Ich habe Lauren informiert. Ich denke, Renate erwartet deinen Anruf sehnlichst.« Er erhob sich und zog sich
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