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Die Probe (German Edition)

Die Probe (German Edition)

Titel: Die Probe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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schlagartig in die Gewinnzone katapultieren. Damit sah es allerdings im Moment gar nicht gut aus. Er bekam allmählich Magenkrämpfe, wenn der Newsticker etwas über Saitou meldete. Nicht genug damit, dass die Aktie unter einem unerklärlichen Verkaufsdruck litt, jetzt war auch noch der Tod des CEO zu beklagen; Autounfall, stand lapidar in der Meldung. Bei Börsenschluss hatte sich der Kurs der Barrier bei 750 gefährlich genähert. Wenn die Titel auf 750 oder darunter sanken, war der Ofen aus. Dann würde Vidal den größten Teil seines Geldes nicht mehr sehen. Nicht zum ersten Mal seit er diesen Deal abgeschlossen hatte, verfluchte er die Idee mit dem Knock-out, und nicht zum ersten Mal sah er das Gespenst des drohenden Totalverlustes deutlich vor sich. Niedergeschlagen und verärgert packte er zusammen. Die Lust auf das Essen mit Francesca war ihm vergangen. Er brauchte etwas Stärkeres, Hochprozentiges, um seinen Katzenjammer zu betäuben. Irgendein fadenscheiniger Grund würde ihm schon einfallen, um das Rendezvous abzusagen. In seinem Zustand würde er ohnehin keinen hochkriegen – für den Nachtisch.
     
    Zum ersten Mal hatte Vidal ihre Bank betreten. Francesca saß mit ihm am Tisch des Verwaltungsratssaals, und das Meeting stand unter keinem guten Stern. Er machte einen abwesenden Eindruck, schien verärgert, noch bevor er Gelegenheit hatte, Michaels Bericht zu lesen. Der eher peinliche Auftritt ihres Chefs, der den sehr geschätzten Kunden im Namen der Partner unseres traditionsreichen Hauses begrüßte, trug auch nicht eben zur Verbesserung der Atmosphäre bei. Nachdem die Tür wieder hinter Dr. von Moos ins Schloss gefallen war, bot sie ihren ganzen Charme auf, die Stimmung zu verbessern. Sie berichtete, was sie von Lauren vernommen hatte, doch er schien nur mit halbem Ohr zuzuhören. Sie wollte schon das Thema wechseln, als er unvermittelt sagte, als spreche er zu sich selbst: »Da muss viel mehr dahinter stecken. Was ist mit der Probe?«
    »Welche Probe?« Er schaute sie nachdenklich an und antwortete nur:
    »Dr. Griffith versteckt etwas.« Als wollte sie ihn beruhigen, legte sie ihre Hand auf seine und antwortete mit entwaffnendem Lächeln:
    »Ich werde dranbleiben, Louis.«
    Jeden Anderen hätte sie mit dieser unverhofften Berührung zum Sklaven gemacht, nicht so Vidal in seiner derzeitigen Verfassung. Er sagte nur mit versteinerter Miene: »Tun Sie das«, und öffnete Michaels Bericht.
    »Die Ausbeute ist ziemlich bescheiden«, brummte er nach einer Weile enttäuscht. Das hatte sie auch Michael vorgehalten, als er ihr den Report gab, daher war sie nicht um eine Antwort verlegen:
    »Der Bewertungszeitpunkt liegt etwas ungünstig. Die Position wird wesentlich zulegen innerhalb der nächsten zehn Tage. Es sind wichtige Abschlüsse fällig.« Er rümpfte die Nase und meinte beinahe verächtlich:
    »Ich hoffe, unser Finanzgenie hat sein Pulver noch nicht verschossen. Schauen wir uns die Sache in zwei Wochen nochmals an. Wenn sich die Zahlen bis dahin nicht verbessert haben, werde ich nach Alternativen suchen müssen.« Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Er wollte das Geld abziehen! Das musste man unter allen Umständen verhindern, nur hatte sie nicht den Hauch einer Vorstellung, wie sie das tun könnte, sollte Michael sie enttäuschen.
    Er erhob sich. »Ich muss weiter. Bitte entschuldigen Sie mich.« Plötzlich erschien wieder der einnehmende, anziehende Ausdruck auf seinem Gesicht, den sie heute noch nicht gesehen hatte. »Ich bin manchmal ein richtiges Ekel, tut mir leid, Francesca.« Sie lächelte. Statt zu antworten, schenkte sie ihm einen bezaubernden Augenaufschlag, und der schien endlich zu wirken. Jedenfalls küsste er ihr galant die Hand und verabschiedete sich mit den Worten: »Ich werde es wiedergutmachen. Sie hören von mir, versprochen.«
München
    Renate war sofort hellwach. Mit einem heiseren Schrei hatte sich Daisy neben ihr auf den Rücken gewälzt und ausgeschlagen. Ein Bein auf der Bettdecke, den Oberkörper nur spärlich bedeckt vom offenen Hemd, lag sie schwer atmend neben ihr, als hätte sie einen aufreibenden Kampf hinter sich. Sie beugte sich über ihre Freundin, küsste sie auf die Stirn und flüsterte ihr beruhigend ins Ohr:
    »Es ist gut, Liebes. Du bist in Sicherheit.« Daisy schlug die Augen auf.
    »Rapunzel?«, murmelte sie verwirrt. Schmunzelnd ließ Renate ihr langes Haar, das sie nachts offen trug, auf Daisys Brust fallen. Sie mochte ihren Übernamen.
    »Halt

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