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Die Probe (German Edition)

Die Probe (German Edition)

Titel: Die Probe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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leise zurück.
Kobe
    Hiroshi Yamada ließ sich ins warme Wasser gleiten. Wie schon oft war der CEO von Saitou Gast an den heißen Quellen der Arima Onsen, hoch über der Bucht von Kobe bei Osaka. Das kohlensäurehaltige Wasser war gut gegen hohen Blutdruck, und es förderte den Appetit. Aber heute fiel die Anspannung nicht wie gewohnt von ihm ab, als er sich in die Felsgrotte unter dem Pagodendach setzte. Seine Nerven lagen blank, denn es konnte nichts Gutes bedeuten, dass ihn der mächtige Nakamura zu einer dringenden Besprechung hierher gebeten hatte.
    Als er wenige Minuten später zusammen mit dem verhassten Gaijin Vidal erschien, wich jeder Zweifel. Dies war eine ernste Angelegenheit.
    »Ich frage mich, wie sich der nächste Geschäftsbericht auf den Kurs der Saitou-Aktie auswirken wird«, sinnierte Nakamura nachdem er und sein Begleiter sich ihm gegenüber ins Becken gesetzt hatten. »Was meinen Sie, Monsieur Vidal?«
    »Ich fürchte, die Investoren werden nicht zufrieden sein«, antwortete Vidal mit unbewegter Miene, indem er sein Gegenüber nicht aus den Augen ließ. Er wollte etwas entgegnen, aber Nakamura war noch nicht fertig und sagte mit ebenso lauerndem Blick:
    »Unser Freund hier kommt eben aus Australien zurück, und was er zu berichten hat, gibt Anlass zu großer Sorge.« Jetzt war es Zeit, zu antworten, aber womit sollte er seinen wichtigsten Investor beruhigen? Schön reden hatte keinen Zweck, Nakamura und sein Finanzchef waren bestens informiert, ihnen konnte er keinen Sand in die Augen streuen. Es gab nichts daran zu rütteln, dass die Ausbaupläne in Australien gescheitert waren, wenn auch noch nicht formell. Er nickte nur zerknirscht und schwieg.
    »Ein enormer Rückschlag für Yamada-san, der auf die Zukunft der Kernenergie setzt«, bestätigte Vidal zu Nakamura gewandt, als wäre er nicht anwesend.
    »Die Entwicklung ist bedauerlich, aber wir werden den Schlag verkraften«, bemerkte er vorsichtig. Nakamura sah ihn lange mit ernster Miene an, bis er endlich antwortete:
    »Monsieur Vidal rät mir, anderswo zu investieren.« Er erbleichte. Diesen vernichtenden Schlag hatte er nicht kommen sehen. Wenn der Oyabun seine Anteile verkaufte, war das mehr als ein gewöhnlicher Aktienverkauf, der sich schon schlimm genug auf den Kurs auswirken würde. Es war ein Liebesentzug. Wenn Nakamura keine finanziellen Interessen mehr mit der Firma verbanden, würde er seine Erpressungsdrohungen schonungslos wahrmachen. Auch sein Ende wäre nur noch eine Frage der Zeit. Verzweifelt versuchte er, das einseitige Gespräch zu seinen Gunsten zu wenden, aber Nakamura schien entschlossen, dem Rat des Gaijin zu folgen. Der anfängliche Ärger über das arrogante Auftreten der beiden schlug in Hoffnungslosigkeit und schließlich Trauer um, als sie ihn allein in der Grotte zurückließen. Trauer über seinen geplatzten Lebenstraum. Er hatte versagt, das Gesicht verloren. Er wusste, dass er diesen Schock geschäftlich nicht überleben würde, und er musste seine Familie vor dieser Schande bewahren.
    Lange rang er mit sich, doch als er aus dem Wasser stieg, wusste er, was zu tun war. Er zog sich an und ging zum Parkplatz. Bevor er in den Wagen stieg, verneigte er sich kurz in Richtung des Schreins, dann fuhr er die Strasse zurück, wo er hergekommen war. Auf halbem Weg zur mondänen Ashija City hinunter beschleunigte er plötzlich vor einer Haarnadelkurve. Der Wagen durchbrach die Leitplanke und raste über den Straßenrand. Die letzten paar Sekunden seines Lebens schwebte Hiroshi Yamada lautlos und schwerelos durch die Luft, bevor er auf den harten Fels prallte.
Zürich
    Michael schaltete das Telefon in den Freisprechmodus. Der überraschende Anruf aus München war eine gute Gelegenheit, dass Francesca aus erster Hand erfuhr, woran seine Schwägerin arbeitete. Sie schien besessen von der Idee, Lauren verheimliche eine sensationelle Entdeckung.
    »Kaum umgezogen und schon voll am Drücker«, spottete er.
    »Du bist nicht der Einzige in der Familie, der hart arbeitet«, antwortete Lauren spitz.
    »Ich weiß, du hältst nicht viel vom Aktien- und Devisenhandel.«
    »So etwas habe ich nie gesagt. Vielleicht könnte mir dein Hobby ausnahmsweise durchaus nützlich sein.« Er schaute überrascht zu Francesca auf, die neben ihm am Tisch lehnte und neugierig zuhörte.
    »Wie soll ich das verstehen, brauchst du Geld?«, fragte er scherzend. Die kurze Antwort kam wie aus der Pistole geschossen:
    »Ja.« Das war eine ganz neue

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