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Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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von dem wunderbaren Wissen, das die Gehirne in den Äonen (so drückte er sich aus) angesammelt hätten, und davon, wie wünschenswert es doch wäre, dieses Wissen (in handlungsreichen, saftigen Geschichten) einem Sonnensystem aus kurzlebigen, körpergeplagten Erdlingen nahezubringen. Von Zeit zu Zeit trat Rostchen kurz für seinen Standpunkt ein und modifizierte seine Aussage, ohne aber wirklich nachzugeben.
    Auf seinem langsamen Vormarsch in Richtung auf Schwester Bishop drückte sich Gaspard auch an Wächter-Joe vorbei, der mit dem Ende eines Bleistifts ein Stück Löschschaum aufgenommen hatte und jetzt Papier darum wickelte, damit sich die Masse nicht in seinem Kehrblech festsetzte. Gaspard überlegte, daß Flaxman und Cullingham doch ganz und gar nicht die hartherzigen, gierigen, raffinierten Geschäftsleute waren, die man auf den ersten Blick in ihnen vermuten mußte. Ihr phantastischer Plan, zweihundertjährige eingemachte Gehirne Geschichten für moderne Menschen schreiben zu lassen, ließ sie eher wie verrückte Träumer erscheinen, die Mondschlösser bauten.
    Und, so überlegte Gaspard weiter, wenn Verleger derartige Träumer sein konnten, was für Träumer mußten dann die Autoren einmal gewesen sein? Es war ein schwindelerregender Gedanke – wie wenn man plötzlich den eigenen Urgroßvater als Jack the Ripper entlarvte.
     
     

18
     
    Gaspards Aufmerksamkeit wurde durch eine verblüffende Ankündigung Rostchens jäh wieder auf die Diskussion im Hauptring gelenkt.
    Das eingeschlossene Gehirn hatte in den ganzen zwei Jahrhunderten seiner Existenz noch kein Buch gelesen, das von einer Wortmaschine geschrieben wurde.
    Flaxmans erste Reaktion war ungläubiges Entsetzen, als hätte ihm Rostchen gesagt, er und seine Mitgehirne würden durch Entzug von Sauerstoff systematisch in den Wahnsinn getrieben. Der Verleger gestand sich zwar ein, daß er seinen Pflichten als Verwalter des Gehirntrusts früher gern aus dem Weg gegangen war, doch war er jetzt geneigt, dem Personal der Station eine sträfliche Vernachlässigung vorzuwerfen; den Pfleglingen wurde die grundlegendste Lesekost vorenthalten!
    Aber Schwester Bishop stellte schnippisch fest, daß das Verbot von Wortschmalz (wie Flaxman eigentlich wissen müßte!) auf Daniel Zukertort zurückging, der Entsprechendes bereits bei Einrichtung der Station angeordnet hatte; seine dreißig körperlosen Gehirne sollten nur reinste intellektuelle und künstlerische Nahrung zu sich nehmen – der Erfinder hatte das Wortschmalz nicht für ein reines Produkt gehalten. Möglicherweise waren von weniger verantwortungsbewußten Schwestern früher gelegentlich Maschinenbücher eingeschmuggelt worden, aber im großen und ganzen hatte die Vorschrift Beachtung gefunden.
    Rostchen bestätigte diese Aussage in allen Einzelheiten und erinnerte Flaxman daran, daß Zukertort ihn und seine Kameraden aufgrund ihrer besonderen Neigung zur Kunst und Philosophie und aufgrund ihres Abscheus vor der Wissenschaft und insbesondere der Technik ausgewählt hatte; von Zeit zu Zeit wäre zwar ein schwaches Interesse an maschinengemachten Büchern nachgewiesen worden – so wie sich etwa ein Philosoph für Comic strips interessieren mochte –, aber dieses Verlangen war nie besonders ausgeprägt gewesen, und das Wortschmalzverbot hatte daher keine Entbehrungen gebracht.
    An diesem Punkt schaltete sich Cullingham ein und führte aus, es wäre auf den zweiten Blick doch ganz vorteilhaft, daß die Eierköpfe kein Wortschmalz gelesen hätten – so könnten sie frischere, natürlicher wirkende Literatur schreiben, ohne die abgerundeten Maschinenprodukte zu kennen, gegen die sie konkurrierten. Anstatt also der Station eine komplette Wortschmalz-Bibliothek zur Verfügung zu stellen, wie es Flaxman vorgeschlagen hatte, sollte das Wortschmalzverbot strikter denn je eingehalten werden, schloß Cullingham.
    Hieran entzündete sich die Diskussion, und Flaxman und Cullingham feuerten ihre fundiertesten und verlockendsten Argumente ab.
    Gaspard hatte seinen langsamen Vormarsch beendet und stand nun endlich neben Schwester Bishop, die sich nach Rostchens zungenfertigem Auftakt an das andere Ende des Büros zurückgezogen hatte. Hier konnte man flüstern, ohne die anderen zu stören, und Gaspard stellte zu seiner Zufriedenheit fest, daß Schwester Bishop ganz und gar nichts gegen seine Annäherung zu haben schien.
    Wie er sich selbst offen eingestand, wollte er sein Gefühl für dieses entzückende und doch

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