Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
Vom Netzwerk:
etwas übrig für die alten Geschichtenerzähler. Ich habe keine Namensliste hier, und ich habe auch mehrere Jahre nicht mehr darauf geschaut (im Vertrauen, ich hatte einmal eine leichte Aversion gegen die Ewige-Weisheit – der Gedanke an Gehirne in einer Konservendose war mir irgendwie unheimlich, als Daddy mir als kleinem Jungen zum erstenmal davon erzählte), aber machen Sie sich klar, daß vielleicht Theodore Sturgeon zu den Gehirnen gehört oder Xavier Hammerberg, oder sogar Jean Cocteau oder Bertrand Russell? – Diese beiden haben wohl gerade noch lange genug gelebt, um die PSS mitzubekommen.
    Sie sehen also, die ersten Autoren, die sich der PSS unterzogen, ließen die Operation im geheimen geschehen. Sie taten, als ob sie stürben, und ließen ihre gehirnlosen Körper begraben oder verbrennen, um die Welt zu täuschen – so wie Zukie auch jahrelang vorgab, ein ganz gewöhnlicher Gehirnchirurg mit einem Hang zur Elektronik zu sein. Es war eine ziemlich scheußliche Operation in elf Etappen; es ist sehr wenig darüber bekannt. Jedenfalls wurden wohl Stirn und Gesicht zuerst abgehoben, dann kamen die Seh-, Hör- und Sprechverbindungen, dann der Übergang vom Herzen zur Isotopenpumpe, und schließlich wurden alle anderen Nervenverbindungen zum Körper abgeblockt und nacheinander durchtrennt.
    Hallo, Schwester Bishop, sind wir endlich fertig?«
    »Seit zehn Minuten schon«, sagte sie.
    Gaspard und Zane Gort sahen sich um. Ein großes mattschimmerndes Silberei lag in seinem schwarzen Kragen an Cullinghams Ende des gewaltigen Tisches; seine Fernsehaugen, Ohren und Lautsprecher waren sauber vor ihm aufgestellt, aber noch nicht eingestöpselt. Einen Augenblick sah Gaspard das Gehirn als Mensch, dessen Nerven vor einem Jahrhundert durchgeschnitten worden waren, dessen Körper in Form von Asche längst in alle Winde verstreut oder als Düngemittel durch hundert Gemüsegenerationen gewandert war, und er schauderte zusammen.
    Flaxman rieb sich die Hände. »Einen Moment noch«, sagte er, als Schwester Bishop nach einem Augenkabel griff. »Ich möchte ihn gern richtig vorstellen. Wie heißt er?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sie wissen es nicht?« Flaxman starrte sie verblüfft an.
    »Nein. Sie haben gesagt, ich soll irgendein Gehirn bringen. Das habe ich getan.«
    Cullingham schaltete sich elegant ein. »Ich bin sicher, Mr. Flaxman wollte es gegenüber Ihren Pfleglingen nicht an Respekt fehlen lassen, Schwester Bishop. Er hat nur nach keinem bestimmten Gehirn verlangt, weil doch jedes – soweit wir wissen – ein gleichermaßen begnadeter Künstler ist. Bitte sagen Sie uns also, wie wir dieses Gehirn anreden können.«
    »Oh«, sagte Schwester Bishop. »Sieben. Nummer Sieben.«
    »Aber ich will den Namen «, sagte Flaxman. »Nicht irgendeine Nummer, die Sie in der Pflegestation benutzten – was mir übrigens ziemlich gefühllos vorkommt. Ich will doch hoffen, daß sich das Personal der Station nicht angewöhnt hat, die Gehirne als Maschinen zu behandeln – das vergiftet womöglich ihre schöpferischen Kräfte und bringt sie dazu, sich als Computer zu sehen.«
    Schwester Bishop dachte eine Weile nach. »Ich nenne ihn manchmal Rostchen«, sagte sie, »weil unter seinem Kragen ein schwacher brauner Streifen ist – er ist der einzige, der das hat. Ich wollte eigentlich Küken mitbringen, weil der sich am leichtesten tragen läßt, aber er mochte nicht so recht, und als Sie dann Mr. Nüii schickten, entschloß ich mich für Rostchen.«
    »Ich meine den wirklichen Namen«, Flaxman mußte sichtlich an sich halten, um nicht loszuschreien. »Sie können doch ein großes literarisches Genie seinem künftigen Verleger nicht als Rostchen vorstellen.«
    »Oh.« Sie zögerte und sagte dann entschieden: »Ich fürchte, den kann ich Ihnen nicht sagen. Und Sie haben auch keine Möglichkeit, das herauszufinden, selbst wenn Sie die Station vom Keller bis zum Boden durchsuchten und die sonstigen Unterlagen durchgingen, die Sie vielleicht noch irgendwo haben.«
    »Was?«
    »Etwa vor einem Jahr«, erklärte Schwester Bishop, »beschlossen die Gehirne aus eigenen Gründen, daß sie künftig absolut anonym bleiben wollten. Ich mußte die Akten der Station durchgehen und alle Papiere vernichten, auf denen die Namen erschienen – außerdem mußte ich die Namen abfeilen, die an der Außenseite jedes Behälters angebracht waren. Sie haben vielleicht noch Listen mit den Namen hier oder in einem Sicherheitstresor, aber das hilft Ihnen nicht,

Weitere Kostenlose Bücher