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Die Propeller-Insel

Die Propeller-Insel

Titel: Die Propeller-Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und Weise, wie ihn die Dame des Hauses empfängt, ist von guter Vorbedeutung. Von da bis zu einer engsten Verbindung ist es freilich noch weit, obwohl Calistus Munbar in seiner chronischen Verblendung nie aufhört, gegen jeden, der es hören will, zu wiederholen:
    »Es ist abgemacht, meine Freunde, die Sache ist in Ordnung!«
    Inzwischen setzt die Propeller-Insel ihre friedliche Fahrt nach dem Archipel von Tonga-Tabu fort. Nichts schien dieselbe stören zu sollen, als sich in der Nacht vom 30. zum 31. December eine unerwartete meteorologische Erscheinung zeigt.
    Zwischen zwei und drei Uhr hört man entfernte Detonationen; die Wachen legen denselben keine besondre Bedeutung bei. Es scheint kaum annehmbar, daß es sich um einen Seekampf handeln könnte oder doch höchstens um einen solchen zwischen den Schiffen der südamerikanischen Republiken, die sich so häufig in den Haaren liegen. Auf Standard-Island, der unabhängigen Insel, die mit allen Mächten beider Welten in Frieden lebt, braucht man sich also nicht zu beunruhigen.
    Die von der Westseite her dröhnenden Detonationen dauern übrigens bis zum Tagesanbruch fort und können mit dem Donnergerolle entfernten Artilleriefeuers nicht verwechselt werden.
    Der Commodore Simcoë wird von seinen Officieren davon benachrichtigt und beobachtet den Horizont vom Thurme des Observatoriums aus. Kein Lichtschein zeigt sich auf dem weiten Segment des Meeres, das vor seinen Augen liegt. Immerhin bietet der Himmel nicht das gewöhnliche Aussehen. Der Reflex von Flammen hat ihn bis zum Zenith hinauf gefärbt. Die Luft ist stark dunstig trotz des schönen Wetters und auch der Thermometer deutet durch sein plötzliches Fallen auf eine Störung in der Atmosphäre hin.
    Beim ersten Tageslicht erfahren die Frühaufsteher von Milliard-City eine seltsame Ueberraschung. Die Detonationen dauern nicht allein noch immer fort, die Luft erfüllt sich auch wie mit einem roth und schwarzen Dunste, einer Art seinem Staube, der wie Regen herabfällt. Man hätte es einen Platzregen rußiger Moleküle nennen können. In kürzester Zeit sind die Straßen der Stadt und die Dächer der Häuser mit einer Substanz bedeckt, worin sich die Farben des Carmins, des Krapp, der Garance und des Purpurs mit schwärzlichen Schlacken vermischen.
    Alle Einwohner sind hinausgeströmt – mit Ausnahme des Athanase Dorémus, der nun einmal erst zu Mitternacht zu Bette geht und vor elf Uhr morgens nicht aufsteht. Das Quartett ist selbstverständlich vom Lager ausgeprungen und hat sich nach dem Thurme des Observatoriums begeben, wo der Commodore, seine Officiere, seine Astronomen – den neuen königlichen Beamten nicht zu vergessen – sich eingefunden haben, um die Natur dieser Erscheinung zu enträthseln.
    »Es ist bedauerlich, beginnt Pinchinat, daß dieser rothe Stoff nicht flüssig und daß diese Flüssigkeit nicht ein Regen von Pomard oder von Chateau Lafitte ist!
    – Ewig trockne Musikantenkehle!« antwortet Sebastian Zorn.
    Was die Natur ähnlicher Erscheinungen angeht, weiß man, daß wiederholt Regenfälle von rothem, aus Kieselsäure, Chromoxyd und Eisenoxyd bestehendem Sand beobachtet worden sind. Zu Anfang unsers Jahrhunderts wurden Calabrien und die Abruzzen in ähnlicher Weise überschüttet, und die abergläubischen Bewohner wollten in dem Niederschlage Blutstropfen sehen, wo es sich, wie 1819 in Blankenberghe, nur um Cobaltchlorür handelte. Auch von entfernten Feuersbrünsten werden ja wohl Aschenheilchen oft weit fortgetragen. Solche Niederschläge hat man 1820 in Fernambuko, gelbe Regen 1824 in Orleans und 1836 in den Niederpyrenäen gesehen, welch letztere aus den Pollenkörnern blühender Linden bestanden.
    Welcher Quelle aber die Staub-und Schlackentheile entstammten, die jetzt auf Standard-Island niederfielen, war nicht so ohne weiteres zu entscheiden.
    Der König von Malecarlieu meinte, daß sie aus einem Vulcan der östlichen Inseln herrühren dürften, und seine Collegen vom Observatorium theilten seine Ansicht. Man sammelte einige Hände voll dieser Schlacken, die sich wärmer zeigen als die umgebende Luft. Ein heftiger Vulcanausbruch würde die unregelmäßigen Detonationen, die noch immer hörbar sind, erklären. Diese Gegend ist ja voller theils noch thätiger, theils erloschener Vulcane, ganz zu schweigen von denen, die zuweilen aus der Tiefe des Oceans emporgehoben werden und dann die gewaltigsten Ausbrüche zeigen.
    Gerade inmitten des Archipels von Tonga hat der Tusua erst vor

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