Die Propeller-Insel
Mittel, die Sache zu ordnen.
– Welches? fragt Calistus Munbar, der die Arme verzweifelnd zum Himmel erhebt… Sprechen Sie… welches?
– Ei nun, man trennt die Insel in der Mitte, macht daraus zwei gleiche Hälften – wie aus einem Schiffszwieback – und dann fahren beide Theile, jeder mit dem Gouverneur seiner Wahl, wohin es ihnen beliebt…
– Unsre Insel zertheilen! ruft der Oberintendant, als ob Pinchinat ihm vorgeschlagen hätte, sich ein Bein amputieren zu lassen.
– Warum nicht? Mit Stemmeisen, Hammer und Schraubenschlüssel, setzt Seine Hoheit hinzu, wird sich das gar nicht so schwer ausführen lassen, und dann giebt es einfach zwei schwimmende Inseln statt der einen auf dem Stillen Ocean!«
Dieser Pinchinat kann doch niemals ernst sein, selbst nicht unter so schwierigen Verhältnissen wie jetzt.
Doch wenn sein Rath auch nicht buchstäblich befolgt werden soll, wenn man nicht zu Stemmeisen und Hammer greift, wenn keine Aufnietung längs der Achse der Ersten Avenue, von der Rammsporn-bis zur Achterbatterie vorgenommen wird, so hat sich doch im geistigen Sinne eine vollkommene Trennung vollzogen. Die Backbord-und die Steuerbordbewohner werden sich ebenso fremd werden, als wären sie durch hundert Meilen Meeresfläche von einander getrennt. Die dreißig Notabeln sind nämlich zu dem Entschlusse gekommen, getheilt unter sich abzustimmen, da jede Uebereinstimmung doch ausgeschlossen ist. Auf der einen Seite wird Tankerdon zum Gouverneur seiner Hälfte ernannt, die er nur nach seinen Eingebungen verwalten wird; auf der andern ernennt man Nat Coverley zum Gouverneur der seinigen, die dieser nach Belieben regieren wird. Jede Hälfte wird ihren Hafen, ihre Schiffe, Officiere, Seeleute, Beamten, Händler, ihr Elektricitätswerk, ihre Maschinen, Motore, Mechaniker, ihre Heizer behalten und die der andern Hälfte nicht bedürfen. Das wäre ja Alles sehr schön und gut, doch wie soll der Commodore Simcoë sich verdoppeln, was soll der Oberintendant Calistus Munbar anfangen, um seinen Functionen gegen die Allgemeinheit nachzukommen?
Die Aufgaben des letzteren sind ja nicht von so einschneidender Bedeutung und seine Stellung wird in Zukunft nur noch eine Sinecure sein. Von Lustbarkeiten und Festen konnte ja nicht wohl mehr die Rede sein, solange der Bürgerkrieg Standard-Island bedroht, denn eine Wiederversöhnung erscheint ganz unmöglich.
Das geht noch aus einem Anzeichen hervor: am 17. März verkünden die Journale die endgiltige Aufhebung der Verlobung Walter Tankerdon’s und der Miß Coverley.
Ja, trotz ihres Bittens und Flehens ist sie aufgehoben worden und, wenn Calistus Munbar auch eines Tages anders geurtheilt hatte, die gegenseitige Liebe ist doch nicht stärker gewesen als die Eigenliebe. Doch nein, Walter Tankerdon und Miß Dy lassen darum noch nicht von einander. Sie werden eher ihre Familien verlassen… werden sich in der Fremde verheiraten… sie werden schon ein Fleckchen finden, wo man glücklich sein kann, ohne unter so vielen Millionen halb zu ersticken.
Nach der Ernennung Jem Tankerdon’s und Nat Coverley’s ist an der Reiseroute Standard-Islands bisher nichts geändert worden. Der Commodore Simcoë führt es weiter nach Nordosten. Erst in der Madeleinebay angelangt, werden wahrscheinlich, dieses Zustands der Sache müde, viele Milliardeser auf dem Lande die Ruhe suchen, die ihnen das Juwel des Stillen Oceans nicht zu bieten vermochte. Vielleicht wird die Propeller-Insel gar von allen verlassen?… Dann wird man sie liquidieren, zur Versteigerung bringen, nach Gewicht wie altes Eisen verkaufen und wieder zum Einschmelzen schicken.
Jedenfalls nehmen die fünftausend noch zurückzulegenden Meilen aber fünf Monate Fahrt in Anspruch, und im Lauf dieser Zeit kann die Laune und der Starrsinn der beiden Gouverneure noch manche Störung im Gefolge haben, da sich der Geist der Empörung nun einmal in den Köpfen der Bewohner eingenistet hat. Die Backbord-und die Steuerbordbewohner können handgemein werden, vielleicht gar auf einander feuern und die stählernen Wege Milliard-Citys noch mit ihrem Blute färben.
Nun, so weit wird es hoffentlich nicht kommen. Niemand wird einen neuen Secessionskrieg, wenn auch nicht zwischen dem Norden und Süden, so doch zwischen dem Steuerbord und dem Backbord von Standard-Island, heraufbeschwören wollen. Dagegen ereignet sich etwas, was die ganze Insel mit einer Katastrophe bedroht. Am Morgen des 19. März befindet sich der Commodore Simcoë in seinem
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