Die Propeller-Insel
Contrast erstaunen. Ueberall grünende Flächen, Wälder und dreihundert Meter hohe Wasserfälle…
– Ah, ruft Pinchinat, Wassermassen, die von der Spitze des Eiffelthurmes herabstürzen… das wäre schon etwas! Da könnte ja der Niagara eifersüchtig werden!
– O nein, entgegnet Frascolin, der gleicht das durch seine Breite aus, denn sein Fall mißt volle neunhundert Meter von der amerikanischen bis zur canadischen Seite. Du mußt das doch wissen, Pinchinat, da wir ihn ja besucht haben.
– Ganz richtig, und ich bitte den Niagara hiermit um Verzeihung!« antwortet der Bratschist.
An diesem Tage gleitet Standard-Island in der Entfernung einer Meile längs der Küste hin. Ueberall zeigen sich kahle, bis zum centralen Plateau von Tovii aufsteigende Abhänge, überall eine Felsenküste, die nirgends einen Durchlaß zu bieten scheint. Nach Berichten des Seefahrers Brown soll es übrigens einige gute Ankerplätze geben, die in letzter Zeit aufgefunden worden sind.
Im Ganzen ist der Anblick von Nuka-Hiva, bei dessen Namen man an die herrlichsten Landschaftsbilder denkt, bisher ein recht trauriger. Doch – wie Dumoulin und Desgraz, die Begleiter Dumont d’Urville’s bei dessen Reise nach Oceanien und dem Südpole, ganz richtig sagen, »alle Naturschönheiten drängen sich hier zusammen im Innern der Buchten und in den Thalschluchten der Verzweigungen der Bergkette, die sich im Mitteltheile der Insel erhebt«.
Nachdem Standard-Island, der öden Küste nahe, ihrem scharfen, nordwestlichen Ausläufer gefolgt ist, verändert es ein wenig seine Richtung durch Verminderung der Geschwindigkeit seiner Steuerbordschrauben, und umschifft das Cap Tchitchagoff, das von dem russischen Seefahrer Krusenstern seinen Namen erhalten hat. Die zurücktretende Küste bildet hier einen weiten Bogen, in dessen Mitte eine enge Fahrstraße Zugang nach dem Hafen von Taioa oder von Akani gewährt, von denen wenigstens der eine Schutz gegen die oft verheerenden Stürme des Großen Oceans bietet.
Der Commodore Simcoë hält sich auch hier nicht auf. Weiter südlich giebt es zwei andre Buchten, die von Anna Maria oder Taio-Haë in der Mitte und die des Comptroller oder der Taïpis an der Rückseite des Cap Martin, der äußersten Südostspitze der Insel. Hier vor Taio-Haë beabsichtigt man etwa zwölf Tage liegen zu bleiben.
Unfern von der Küste Nuka-Hivas zeigt die Sonde noch sehr große Tiefen. Am Eingange der Buchten finden sich vierzig bis fünfzig Faden Wasser. Man kann also bis sehr nahe an die Bucht von Taio-Haë herangehen, was im Laufe des Nachmittags des 31. August geschieht.
Kaum in Sicht des Hafens dröhnen Detonationen auf dessen rechter Seite und weißer Dampf wirbelt über die Steilküsten im Osten empor.
»He, ruft Pinchinat, hier salutiert man unsre Ankunft mit Kanonendonner…
– O nein, antwortet Commodore Simcoë. Weder die Taïs noch die Happas, die Hauptstämme der Insel, besitzen Geschütze, womit sie nur den geringsten Salut abgeben könnten. Was Sie da hören, rührt von der Brandung des Meeres her, die in eine Höhle in halber Uferhöhe des Cap Martin einstürmt, und der dort sichtbare Dampf ist weiter nichts als Nebel von zerstäubten Wellen, die wieder nach außen schlagen.
– Das bedauere ich, sagt der Bratschist, denn ein Kanonenschuß ist dasselbe wie ein höflich abgenommener Hut.«
Die Insel Nuka-Hiva hat mehrere Namen – man könnte sagen, mehrere Taufnamen – die ihr von verschiednen, Pathen beigelegt wurden: die »Federale-Insel« durch Ingraham; die »Insel Beaux« durch Marchand; die »Insel Sir Henry Martin« durch Hergert; die »Insel Adam« durch Roberts und die »Insel Madison« durch Porter. Sie mißt siebzehn Seemeilen von Osten nach Westen, zehn von Norden nach Süden und hat einen Umfang von etwa vierundfünfzig Seemeilen. Ihr Klima ist sehr gesund. Die Temperatur daselbst ist zwar die der Tropenzonen, doch wird sie durch den Passatwind gemildert.
An diesem Halteplatze bedrohen Standard-Island weder schwere Windstöße, noch lästige Platzregen, denn in der Zeit vom April bis zum October herrschen hier die trocknen Südostwinde, die die Eingebornen Tuatuka nennen. Im October erreicht die Wärme, im November und December die Trockenheit den höchsten Grad. Von April bis October wehen die Winde nur von einer Richtung zwischen Norden und Osten her.
Was die Volkszahl des Archipels der Marquisen angeht, hat man von den Angaben der ersten Entdecker, die sie auf hunderttausend schätzten,
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