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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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unbedingt nötig am Ort des Verbrechens auszuharren, war ihm zu gefährlich erschienen. Denn dass der Kaiser, zutiefst in die Niederwerfung der aufständischen lombardischen Kommunen verstrickt, nicht daran dachte, sich seine Version der Ereignisse in Ruhe anzuhören, geschweige denn vorhatte, ihn irgendwann zum Bischof zu erheben, war ihm sehr schnell aufgegangen.
    Inzwischen war Dudo beinahe froh darüber. Mit Konrad von Wittelsbach amtierte nun binnen zweier Jahre bereits der dritte Erzbischof in Mainz. Und auch dessen Sessel schien schon wieder zu wanken, weil er offenbar nicht bereit war, in der heiklen Frage des Schismas die strikte Position einzunehmen, die Friedrich Barbarossa von ihm erwartete. Da hatte Dudo es doch im Dienst Rainald von Dassels um vieles besser getroffen, der als Barbarossas rechte Hand galt und dessen uneingeschränktes Vertrauen genoss.
    Gleich beim ersten Zusammentreffen war Dudo von der ungewöhnlichen Physiognomie seines Gegenübers fasziniert gewesen: Der Mann war nur mittelgroß, hatte kleine Füße und auffallend feine Hände, aber auf seinen schlanken Beinen saß ein breiter, athletischer Rumpf. Wer von Dassel von vorn betrachtete, mochte sich von der edlen Nase, den schmalen Lippen und den wachen Augen zunächst täuschen lassen und eher einen Gelehrten als einen Ritter vermuten. Dudo jedoch hatte inzwischen ausreichend Gelegenheit gehabt, seinen neuen Dienstherrn ausgiebig kennenzulernen, und er hatte gelernt, dass Rainalds Stiernacken den erfahrenen Kämpfer verriet, jemand, mit dem man sich besser nicht anlegte, weil er das Schwert ebenso gut beherrschte wie die Feder.
    Unbeugsam war sein Wille, beeindruckend seine Rhetorik, ausgezeichnet sein Gedächtnis. Als Erzkanzler für
Italien und Legat der kaiserlichen Majestät ritt er unermüdlich von Stadt zu Stadt, um das enge Netz von Maßnahmen, das Barbarossa angeordnet hatte, zu kontrollieren und, falls notwendig, umbarmherzig straffer zu zurren.
    Sein gelehrter, durch ausgiebige Lektüre geschliffener Geist erfasste jede Situation blitzschnell, und dass auch sein neu gewonnener Secretarius Dudo von ungewöhnlich rascher Auffassungsgabe war, schien ihm besonders zu gefallen.
    »Lasst Euch nicht einlullen von ihren wortreichen Versicherungen!«, mahnte der Erzkanzler, als sie auf dem Marktplatz von Piacenza verkünden ließen, binnen einer Woche dürften in Stadt und Umland nur noch kaiserliche Münzen in Zahlung genommen werden. »Statt arabischen Goldes werden sie nun deutsches Eisen zu fressen bekommen. Schmecken wird es ihnen nicht, doch schlucken werden sie es trotzdem, es sei denn, sie ziehen es vor zu verhungern, was ich nicht annehme. Das ist erst der Anfang! Ein überzeugendes Beispiel, und wenn wir es hart genug durchsetzen, werden die anderen sich murrend anschließen.«
    Rainald von Dassel kümmerte sich weder um die zornigen Blicke, die ihnen galten, noch um wütend erhobene Fäuste, die im Vorbeireiten immer wieder zu sehen waren.
    »Sollen sie uns ruhig hassen! Wir sind schließlich nicht hier, damit sie uns lieben, sondern damit sie gehorchen. Seine Majestät Kaiser Friedrich trägt die Krone Roms. Damit hat er Anspruch auf alles, was in diesem Land kreucht und wächst. Wir sind lediglich seine Handlanger, die ihm dabei helfen, diesen berechtigten Anspruch durchzusetzen.«
    Eine glatte Lüge, wie Dudo wusste, zumal sich Rainald von Dassel bisweilen aufführte, als wäre er der Kaiser höchstpersönlich. Sein Gambeson war von reichlich Goldfäden
durchzogen, die Brünne, die er zur Schau stellte, als befände er sich auf dem Weg in die Schlacht, so fein gewirkt, dass alles, was einst durch die Finger von Sarwürker Thies gegangen war, dagegen wie Lumpenwerk abfiel. Nur die feinsten Speisen kamen auf seinen Tisch, obwohl es ihm auch nichts auszumachen schien, zwischendrin von Wasser und hartem Brot zu leben. Kaum war jedoch diese Phase beendet, rührte er wieder nur die edelsten Weine an und forderte Dudo auf, ausgiebig mit ihm zu speisen und zu trinken.
    »Ihr taugt mir«, sagte er eines Tages zu seinem Secretarius, als sie auf dem Weg nach Pisa waren, das als Verbündeter gewonnen werden sollte, um die oppositionellen Kräfte zum Einlenken zu zwingen. »Ich mag hungrige Männer wie Euch, die sind leichter zu entzünden als die satten. Wenngleich es da auch etwas gibt, das mich an Euch irritiert. Eines Tages werde ich herausfinden, was es ist. Bis dahin mögt Ihr mir dienen, und wenn Ihr das weiterhin so gut

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