Die Prophetin vom Rhein
öfters genau an diesem Punkt nicht weitergekommen war. »Eine Mitgift steht ihr doch sicherlich zu.«
»Als Katharerliebchen? Vergiss es!« Geros Mund war hart geworden. »Hast du nicht gesehen, was aus Theresa geworden ist, seit sie bei diesen Leuten lebt - ein stinkendes Lumpenbündel, das sich fast aufgegeben hätte! Kurz vor dem Scheiterhaufen war sie bereits. Und hat trotz alldem darauf bestanden, mit jenen Teufelsanbetern zu fliehen, obwohl ich sie bei unserer toten Mutter beschworen habe, sich in unseren Schutz zu begeben. Ich erkenne meine eigene Schwester nicht mehr wieder!«
»Ich fand deine Schwester Theresa mutig und stark.« Freimuts Stimme war weich geworden. »Immer wieder kommt sie mir in den Sinn. So sehr zu lieben … davon hab ich mein ganzes Leben lang geträumt.«
»Sollen wir gleich in die Stadt reiten? Im Roten Ochsen soll es einen ganzen Stall voll wilder Weiber geben, die Fremde wie uns sehr freundlich willkommen heißen.«
»Dazu ist später noch Zeit genug, wenn dir schon unbedingt der Sinn danach steht. Zuvor aber müssen wir zum Herzog. Du weißt, er wartet nicht gern.«
Die Kunde von Heinrichs Scheidung von Clementia von Zähringen hatte unter den Teilnehmern des Hoftages schnell die Runde gemacht. Mehr als einer fühlte sich an die kaiserliche Scheidung vor einigen Jahren erinnert. Auch damals war nach vielen Ehejahren mit einem Mal das zu enge verwandtschaftliche Verhältnis der Eheleute zum Problem erhoben worden, um die Trennung möglichst schnell zu besiegeln. Falls Herzog Heinrich von Bayern und Sachsen über seine neu gewonnene Freiheit und die Möglichkeit, wieder auf Brautschau zu gehen, erleichtert war, so ließ er sich das nicht im Geringsten anmerken. Ernst und konzentriert machte er seine Ritter mit den neuesten kaiserlichen Beschlüssen vertraut.
»Kaiser Friedrich wünscht endlich Genugtuung für den feigen Mord an Erzbischof Arnold von Selenhofen«, sagte er. »Das Interdikt über die aufständischen Mainzer ist ihm nicht genug, auch wenn es bereits die Schließung der Gotteshäuser, die Einstellung der Messen, das Verstummen der Kirchenglocken, das Versagen von Sakramenten und christlichen Begräbnissen beinhaltet. Damit ist in Mainz das gesamte kirchliche Leben zum Erliegen gekommen. Um der Autorität der Heiligen Römischen Kirche wieder Anerkennung zu verschaffen, will er darüber hinaus ein Exempel statuieren, das abschreckend für alle Zeit wirken soll: Mainz wird alle Privilegien verlieren. Die Mörder Arnolds werden lebenslang verbannt. Die Stadtmauern lässt er schleifen. Nicht ein Stein soll auf dem anderen bleiben.«
Keiner sagte ein Wort. Auf einmal war es so still im Saal geworden, dass man den Regen draußen prasseln hörte.
»Für diese Maßnahmen braucht er ihm absolut ergebene Ritter, die jede seiner Anordnungen überwachen, denn mit Widerstand der einstigen Aufrührer ist durchaus zu rechnen.«
Des Herzogs Blick glitt zu Freimut und Gero, denen plötzlich sehr heiß wurde. Keiner der beiden hatte sich bis heute verziehen, was damals geschehen war. Mochte Arnold selbst für den Anschlag auf sein Leben verantwortlich sein - ihre Aufgabe wäre es gewesen, ihn zu beschützen. Den Unmut Heinrichs über ihr Versagen hatten sie zu spüren bekommen. War nun endlich die Gelegenheit zur Wiedergutmachung gekommen?
»Ich wäre gern dabei.« Freimut von Lenzburg trat einen Schritt nach vorn.
»Ich sowieso!«, rief Gero.
Immer mehr Ritter schlossen sich ihrem Beispiel an. Der Herzog schien zufrieden. Den einen oder anderen würde er später noch persönlich dazu animieren.
»Dann kann ich also meinem kaiserlichen Vetter diese gute Nachricht überbringen«, sagte er. »Er will das Christfest verstreichen lassen und abwarten, bis das neue Jahr begonnen hat. Die Auferstehung des Herrn wird die Stadt Mainz dann arm und nackt wie einst Lazarus erleben müssen.«
KÖLN - WINTER 1162/63
Jetzt war endgültig der Geist jener Teufelshure in ihn gefahren. Magota erkannte es daran, dass er eines Tages ein prächtiges rotes Kleid auf ihr Bett warf und sie anfuhr, sie solle es gefälligst für ihn anziehen. Adrian machte keine Anstalten wegzuschauen, während sie sich umständlich aus ihrem Arbeitsgewand schälte, sondern starrte sie derart schamlos dabei an, dass vor lauter Aufregung kleine rote Flecken auf ihrer bleichen Haut erschienen.
»Das Unterkleid auch«, kommandierte er. »Herunter mit dem widerlichen alten Fetzen!«
Was mochte in Trier geschehen
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