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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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zu müssen, war schwer, doch solange sie zusammenblieben, konnte ihnen nichts geschehen.
    »Vielleicht hast du ja recht«, sagte sie, während sie sanft ihre Hand auf seine Schulter legte, und dieses Mal ließ er es sich gefallen. »Wir können gemeinsam überlegen …«
    »Das hab ich bereits getan. Für uns beide«, setzte er rasch hinzu. »Und du mach dir keine Sorgen, Simon! Du wirst alles zurückbekommen. Jeden einzelnen Kreuzer.«
    Simon ben Jehuda, der ihnen schweigend zugehört hatte, schien ebenso verblüfft wie Theresa.
    »Du hast die Entscheidung schon getroffen, Willem?«, fragte er. »So schnell?«
    »Ja. Ich musste. Köln. Es ist Köln.« Er klang alles andere als froh.
    »Köln?«, wiederholte Theresa. »Wieso denn ausgerechnet Köln?«
    »Weil wir da … Wir werden es besser haben.« Willem erhob sich abrupt. »Ich muss jetzt nach dem Lager schauen.
Vielleicht lässt sich doch noch irgendetwas daraus verwenden.«
    Theresa wollte ihm nach, doch auf einmal überfiel sie heftige Übelkeit. Ihr Magen schien sich umzustülpen. Etwas Saures schoss in ihren Schlund. Sie beugte sich nach vorn und erbrach in einem hellen Schwall die Reste des Mittagessens in den Schnee.

Neun
    KÖLN - FEBRUAR 1163
    Der kleine Joshua hatte bitterlich geschluchzt, als sie ihre Maultiere bestiegen, um nach Köln zu reiten, und auch Hanna hatten Tränen in den Augen gestanden, während Simon ben Jehuda sich nach Kräften bemühte, den unausweichlichen Abschied durch fröhliche Zuversicht zu erleichtern.
    »Und ihr versprecht auch ganz bestimmt, bei meinem Vetter Saul vorbeizuschauen«, wiederholte er ein ums andere Mal. »Ich habe ihm euer Kommen bereits angekündigt. Saul ist ein erfolgreicher Pelzhändler mit besten Beziehungen weit über das Judenviertel hinaus, der euch beim Einleben in Köln bestimmt behilflich sein kann.«
    Theresa gab sich alle Mühe, den dicken Kloß in ihrem Hals hinunterzuschlucken. Jetzt war sie beinahe froh darüber, dass sie seit Tagen von einer fiebrigen Erkältung geplagt wurde, die sie alles, was um sie herum geschah, durch eine Art dichten Schleier wahrnehmen ließ. Trotz des Suds aus getrockneten Pappelknospen, die Schwester Benigna ihr einst als fiebersenkend ans Herz gelegt hatte, wollten Gliederschmerzen und Mattigkeit nicht von ihr weichen. Sie hatte Willem sogar darum gebeten, den Aufbruch zu verschieben, bis sie sich wieder besser fühle, doch davon wollte der nichts wissen.
    »Die Karren mit unseren Sachen sind schon unterwegs«, sagte er. »Wenn wir uns nicht beeilen, fallen sie womöglich
noch Räubern oder Wegelagerern in die Hände. Wir packen dich warm ein und rasten unterwegs, so oft du nur willst. Dann wirst du den Ritt sicherlich gut überstehen.«
    Unübersehbar, wie eilig er es auf einmal hatte. Nicht einmal der Schnee, der in den letzten Tagen reichlich in dicken Flocken vom Himmel gefallen war und die Straßen glatt und gefährlich machte, schien ihn aufhalten zu können. Unübersehbar auch, dass es ihn auf einmal zu stören schien, dass sie keine Reitpferde besteigen konnten, sondern mit Maultieren vorliebnehmen mussten. Seine Stute, die ihm während der Trierer Jahre treu gedient hatte, bekam mehrmals die Peitsche zu spüren, weil es ihm zu langsam voranging, während Theresa froh darüber war, dass das lammfromme Tier, auf dem sie saß, sich nicht schneller bewegte.
    In ihrer Erinnerung erschien ihr die Zeit bis zu ihrer Ankunft in Köln wie ein einziger endloser Wintertag, eiskalt und mit trübem Licht, weil die Sonne hinter dicken Wolken nur ab und zu zaghaft hervorgelugt hatte. Noch immer hingen die Ausdünstungen des alten Strohs in ihrer Nase, das sie als Nachtlager mit ein paar vereinzelten Reisenden in den Herbergen geteilt hatten, und die starken Gerüche von Grütze, Braten und heißem Wein, womit sie sich unterwegs in den Gasthäusern und Schenken gestärkt hatten.
    Theresa, fiebrig und meistens leicht benommen, hatte ständig nach innen gelauscht, um in Kontakt mit dem winzigen Wesen zu kommen, das sich in ihr eingenistet hatte. Manchmal war sie versucht, die Entscheidung, alle Vorsicht fahren zu lassen und noch einmal ein Kind zu empfangen, aus tiefstem Herzen zu bereuen. Wie hatte sie nur so leichtsinnig sein können? Noch vor Kurzem hatte es ausgesehen, als würde ein erfülltes gemeinsames Leben in
Trier vor ihnen liegen - was aber würde sie nun in Köln erwarten?
    Seit die Mühle in Flammen aufgegangen war, hatte Willem wieder sehr oft seine abweisende Maske

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