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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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verlassen, und selbst wenn es dir gelingt, ihn aufzustöbern, wirst du ihn doch schwerlich dazu bringen, etwas zu gestehen, das ihn den Kopf kosten wird.«
    »Glaubst du, das alles wüsste ich nicht?« Gero klang verzweifelt. »Immer wieder zermartere ich mir das Hirn, wie es gelingen könnte - und komme trotzdem keinen Schritt weiter. Doch aufgeben werde ich niemals, das steht für mich fest. Eines Tages ist Dudo fällig. Und wenn ich noch mein halbes Leben darauf warten muss.«
    Am nächsten Tag rückte der Tribock gegen die Mainzer Stadtmauer vor, eine riesige Wurfmaschine, gebaut aus solidem Eichenholz; zwischen zwei senkrechten Stützen hing waageähnlich ein langer Balken, an dessen einem Ende sich ein bleibeschwerter Kasten befand. Am anderen Ende war mit Ketten eine Art eiserner Löffel angebracht, der als Schleuder fungierte. Nun wurde das Geschoss - ein zentnerschwerer Stein - in die Schale der Schleuder gehievt und das eingepflockte Spannseil durch gezielte Hammerschläge gelöst. Daraufhin schnellte der beschwerte Kasten auf seine Unterlage aus Wollsäcken, während der andere Arm des Balkens emporflog und sein Geschoss gegen die Mauer schleuderte. Ohrenbetäubendes Krachen, und die Mauer hatte ein großes, hässliches Loch.
    Wieder und wieder wurde der Tribock frisch geladen, gespannt und erneut abgefeuert. Zusätzlich rückten in gleichmäßigem Abstand aufgestellte Rammböcke der Befestigung
zu Leibe, dicke Baumstämme, deren Ende mit riesigen Metallspitzen verstärkt war.
    Eine knappe Woche dauerte es, bis der Kaiser endlich zufrieden war. Gewandet in einen scharlachroten Mantel, der schon aus weiter Entfernung wie eine Flamme leuchtete, inspizierte Friedrich Barbarossa auf seinem Streitross das Ergebnis. Von der einst so stolzen Stadtmauer waren nur Trümmer übrig geblieben, die Türme gefallen, die Tore zerstört. Mainz hatte den Aufstand gegen Arnold von Selenhofen mit dem Verlust seines Schutzes und zahlreicher anderer Privilegien teuer bezahlt.
    Kaum einer der verängstigten Bürger zeigte sich auf den Gassen, als der Kaiser und seine Fürsten aufbrachen, um nach Ingelheim zu reiten, wo der Hoftag mit weiteren Urteilen und Beschlüssen sein Ende finden sollte.
    In der blanken Märzluft über ihnen kreiste ein riesiger Krähenschwarm. Ab und zu ließ einer der Vögel ein heiseres Krächzen hören. Es war, als ob sie die abziehenden Ritter, die innerhalb weniger Tage so viel Trauer und Schmerz über die Stadt gebracht hatten, auf ihrem Weg begleiten wollten.
    Die schwarzen Wächter der Vollstrecker. Todesboten.
    Eine Vorstellung, die Gero kalte Schauder über den Rücken jagte.

KÖLN - MÄRZ 1163
    Als Theresas Welt in sich zusammenstürzte, fand sie sich wieder am Grund eines steilen Kraters, aus dem sie nur mühsam und mit blutenden Händen und Füßen wieder nach oben zu klettern vermochte. Im Nachhinein hätte sie
nicht einmal sagen können, was schlimmer gewesen war: Adrians unverhohlene Schadenfreude, seinen Neffen wieder an sich gebunden zu haben, oder Willems Reaktion auf ihre Entdeckung.
    Er versuchte sich zu verteidigen, und als sie ihm zutiefst enttäuscht Vorhaltungen machte, wurde er erst wütend, dann weinerlich.
    »Was hätte ich denn anderes tun sollen?«, rief er. »Wir hatten alles verloren! Hätte ich vielleicht zulassen sollen, dass sie uns in den Schuldturm werfen? Simon ben Jehuda kann bei all seiner Freundlichkeit sehr unangenehm werden, wenn seine Kredite nicht rechtzeitig zurückbezahlt werden. Davor wollte ich uns und vor allem dich bewahren!«
    Als sie trotz seiner Tränen nicht nachließ und immer weiter in ihn drang, kam nach und nach die ganze Wahrheit ans Licht. Dass Willem gleich nach dem Brand an Adrian geschrieben, ihn heimlich in Trier getroffen und um Hilfe gebeten hatte, die jener nur zu gern gewährte - allerdings zu seinen Bedingungen, dazu gehörte ebenso die zügige Umsiedlung nach Köln, wo Adrian des Neffen Hilfe in der Gemeinde der guten Christen erwartete, die ständig wuchs; desgleichen Willems Wiedereinstieg in den gemeinsamen Handel. Als Gegenleistung dafür gab es das komfortable Haus am Heumarkt, das Pferd, das ebenfalls der Onkel bezahlt hatte, sowie ein gewisses Grundkapital, um das Gespenst der Armut fürs Erste von ihrer Schwelle zu verbannen.
    »Und was wird aus deiner neuen Walkmühle und den Stoffen für einfache Leute?«, hatte Theresa ihm entgegengeschleudert, traurig und zornig über all die Lügen, mit denen er sie wochenlang abgespeist

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