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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Weg für euch frei. Was schert dich schon, dass du mich wieder geschwängert hast? Wo du doch jederzeit anderen Weibern neue Kinder machen kannst!«
    Thies machte einen Satz nach vorn, als wolle er sich erneut auf sie stürzen. Da stieß Rochus einen spitzen Schrei aus, weil er ihn dabei getreten hatte. Gero packte den Sarwürker am Kittel und hielt ihn von hinten fest.
    »Lass sie in Ruhe!«, schrie er. »Sie blutet wie angestochen, das siehst du doch! Und der Kleine stirbt halb vor Angst. Hast du nicht schon genug angerichtet?«
    Der Riese schüttelte ihn ab wie einen lästigen Floh.
    »Da spricht wohl unser edler Herr Ritter«, zischte er. »Aber das bist du nicht, Freundchen, und wirst es auch niemals werden. Einer wie du, der feige wegläuft, anstatt seinen Mann zu stehen!«

    Seine groben Fäuste verfehlten Geros Kopf, so behände war dieser zurückgewichen. Plötzlich schimmerte etwas Silbriges in dessen Hand.
    Thies begriff sofort, was es war. »Ach, ein Dieb bist du auch noch, du schmutziger kleiner Bastard? Du hast das Messer des Herrn Kanonikus gestohlen! Ich werd dich lehren, wer hier das Sagen hat! Mit meinem Weib und meinem Sohn verfahr ich ganz nach Belieben, und dann kommst du an die Reihe - jetzt schau einmal ganz genau hin!«
    Er packte den Kleinen, riss ihn ein Stück hoch und hielt ihn von sich gestreckt, als würde er ihn im nächsten Moment wie einen Lumpenball durch die Luft schleudern wollen.
    Rochus schrie zum Gotterbarmen. Trotz ihrer Schmerzen stürzte Cillie sich auf ihren Mann.
    »Lass meinen Sohn los!«, schrie sie. »Du tust ihm doch weh!«
    »Halt endlich dein gottverdammtes Maul - oder ich vergesse mich noch!« Thies hob das Knie, um zuzustoßen und sie zum Schweigen zu bringen, doch anstatt die Bewegung auszuführen, sackte er auf einmal langsam in sich zusammen. Gerade noch gelang es Cillie, Rochus aufzufangen, der schluchzend in ihren Armen landete.
    Der Sarwürker lag auf dem Boden und gab gurgelnde Laute von sich. Seine Beine zuckten, dann waren sie auf einmal leblos, abgespreizt und fremd, als würden sie nicht mehr zu ihm gehören.
    Gero war aschfahl geworden, hatte plötzlich alte Augen in einem zu Tode erschrockenen Kindergesicht. Das Messer steckte noch immer zwischen Thies’ Rippen und wirkte dort so unschuldig, dass man kaum begreifen konnte, was es angerichtet hatte.
    »Er lebt nicht mehr«, brachte Gero hervor.

    »Nein, er ist tot.« Cillies Stimme war erstaunlich ruhig. »Er wird mich und den Kleinen nie wieder grob anfassen.«
    »Ich wollte euch doch nur verteidigen! Kein Ritter darf zulassen, dass Schwache gequält werden. Das hat mein Vater mich gelehrt«, flüsterte Gero, »als ich ein kleiner Junge war und er noch bei uns lebte.« Mit einem Mal sah er richtig elend aus, ein trauriges Bündel aus Haut und Knochen. »Was sollen wir jetzt tun?«
    »Verschwinde, Gero - schnell!«
    »Aber ich kann doch nicht einfach …«
    »Du musst, sonst hängen sie dich! Die Metze kommt so schnell nicht vom Markt zurück. Und heute ist ohnehin ihr letzter Tag in meinem Haus. Darauf kannst du wetten!«
    »Aber deine Augen …«
    »Das wird schon wieder! Und was Thies betrifft, so hole ich meinen Vater zu Hilfe und sage, ich sei in der Küche gewesen und hätte nichts gehört. Strauchdiebe, die in die Werkstatt eingedrungen sind, um zu stehlen und zu morden. Räuber, Gesindel, was weiß ich. Die ganze Welt ist schließlich voller Halunken.«
    Er stand noch immer wie angewurzelt.
    »Gero?«, rief Cillie und hielt ihren Kleinen dabei fest an sich gepresst. »Wach auf! Du musst weg!«
    Noch konnte er sich nicht rühren. Doch plötzlich gelang ihm der erste Schritt, dann der zweite.
    Gero riss die Tür auf - und rannte.

    Die Trauben gediehen gut in diesem Jahr, das hatte ihr Josch noch zugerufen, bevor sie aufgestiegen und losgeritten waren. Aber auch, dass sie dringend neue Fässer für die zu erwartende Ernte brauchten. Gleich darauf hatte er seinen
Neffen Peter, den Küfer, ins Spiel gebracht, der sich darum kümmern könnte und sicherlich einen günstigen Preis machen würde. Doch sogar dazu fehlte das Geld - wie für so vieles andere, dessen Anschaffung sie schon lange aufgeschoben hatten, weil die Mittel vom Disibodenberg noch immer nicht flossen.
    Dass Hildegard das letzte Mal im Sattel gesessen hatte, lag schon eine ganze Weile zurück, und sie musste sich anstrengen, um selbst im Trab das Gleichgewicht einigermaßen zu halten. Noch in der vergangenen Woche war sie schwach und

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