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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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rüpelhafter, während die braun gelockte
Feme mit einem derben Witz oder ihren Kochkünsten wenigstens ab und zu ein Grinsen auf sein missratenes Gesicht zu zaubern wusste.
    Ganz Bingen zerriss sich darüber das Maul, und eigentlich hätte Thies’ verwerfliches Treiben längst bis zum erzbischöflichen Hof dringen müssen, um dort auf Empörung zu stoßen. Doch nichts davon war bislang geschehen, und der Sarwürker ging umher, als sei alles in bester Ordnung. Im Haus freilich schienen die Wände von Tag zu Tag noch enger zusammenzurücken, und die Luft wurde so dick, dass man sie hätte schneiden können. Wenn Gero an der Werkbank hockte und geschickt die Zangen führte, sodass der Kettenpanzer so schnell und gleichmäßig wuchs, als sei der Lehrjunge kein menschliches Wesen, sondern ein Auto mat, der einem fremden Willen folgte, gelang es ihm manchmal, alles um sich herum für eine Weile zu vergessen. Arbeit jedenfalls gab es im Überfluss, denn auf Bischof Heinrich, den der König wegen angeblicher Vergeudung von Kirchengut aus dem Amt gejagt hatte und der vor Jahresfrist im Kloster Einbeck gestorben war, hatte als Mainzer Erzbischof Arnold von Selenhofen die Nachfolge angetreten, für den sie gerade eine neue Brünne wirkten.
    Mittelsmann und Überbringer des Auftrags war erneut Kanonikus Dudo gewesen, noch eitler herausstaffiert als zu Heinrichs Zeiten, was darauf schließen ließ, dass die Dinge sich für ihn unter dem neuen Herrn alles andere als schlecht entwickelten. Mit seinem hellen, gequetschten Organ tat er seine Forderungen und Ansprüche kund, und er merkte es offenbar nicht einmal, wenn alle ein erleichtertes Kreuzzeichen schlugen, sobald er endlich wieder draußen war.
    Nach seinem letzten Besuch allerdings kam Dudo noch einmal zurück, unwirsch und hochrot im Gesicht, weil er
ein Messer vermisste, das er in der Werkstatt verloren zu haben glaubte. Er ruhte nicht eher, bis alle auf Knien selbst in die hintersten Winkel gekrochen waren, um danach zu suchen. Gero stellte sich dabei besonders eifrig an, kehrte das Unterste zuoberst und schien unermüdlich, was der Kanonikus trotz seiner Enttäuschung über den Verlust anerkennend registrierte. Doch auch der Junge brachte das verschwundene Messer nicht wieder zum Vorschein.
    Kein Wunder - hatte der doch das Messer blitzschnell an sich genommen und mit einem dünnen Lederstreifen an seinem linken Oberschenkel fixiert. Sein Herz klopfte bis zum Zerspringen, bis Dudo die Werkstatt ein zweites Mal verlassen hatte. Dann erst wurde er langsam ruhiger. Die kühle Klinge an seiner erhitzten Haut zu spüren, machte ihn zufrieden, beinahe froh. Jetzt, endlich, war er kein wehrloses Opfer mehr, an dem Thies seine Grausamkeiten ungestraft auslassen konnte!
    Ein paar Tage lang hob diese Gewissheit Geros Stimmung, dann jedoch spitzte sich die Lage im Sarwürkerhaus erneut zu. Laurenz grölte so lange betrunken herum, bis Thies ihn wutentbrannt hinauswarf. Gero, der einen kurzen Einwand wagte, erhielt eine Kopfnuss, die ihn taumeln machte.
    Feme war gerade auf dem Markt, wo sie von Tag zu Tag ihren wachsenden Bauch stolzer zur Schau stellte, als sei sie bereits die neue Meisterin. Vielleicht brachte Cillie deshalb ausnahmsweise den Mut auf, sich einzumischen.
    »Du machst ihn noch zum Krüppel«, keifte sie. »Dann hast du bald gar keinen mehr, auf den du die ganze Arbeit abwälzen kannst.«
    Thies fuhr zu ihr herum, als sei er auf eine Schlange getreten. »Halt dich da gefälligst raus!«, schrie er. »Ich mache mit ihm, was ich will, verstanden?«

    »Ja, das kannst du, Sarwürker, Schwächere zusammenschlagen und Weiber zur Hure machen …«
    Seine Ohrfeige traf sie am Jochbein, weil sie den Kopf zur Seite gewandt hatte, um dem Schlag auszuweichen. Gero hörte ein dumpfes Knirschen, das ihm durch Mark und Bein ging. Ein Schwall Blut schoss aus Cillies Nase, die ihren Peiniger mit großen, leeren Augen anstarrte.
    »Ich kann nicht mehr richtig sehen«, wimmerte sie. »Du hast mich blindgeprügelt!«
    Zu allem Unglück kam gerade in diesem Augenblick Rochus in die Werkstatt gestakst, noch immer nicht sonderlich sicher beim Gehen, und brach in jämmerliches Heulen aus, als er seine blutende Mutter sah. Er klammerte sich an ihren Rock und plärrte, sie solle ihn hochnehmen. Cillie aber, die immer panischer wurde, versuchte ihn abzuschütteln. Ihre Wange war dick und rot, das ganze Gesicht wirkte verschoben.
    »Bring mich doch gleich um!«, schrie sie. »Dann ist der

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