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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Hauptportal, von Türmen flankiert. An vielen Stellen entdeckte Hildegard Gerüste, die ihr zeigten, dass umfangreiche Bauarbeiten im Gange waren, und sofort kam
ihr wieder in den Sinn, was noch alles auf dem Rupertsberg vollendet werden musste.
    Sie straffte sich, hob das Kinn. Sie kam als Bittstellerin, doch nicht ohne Würde. Das sollte der König von Anfang an zu spüren bekommen.
    Der Stallmeister half ihr vom Pferd. Ein junger Ritter, der den Flaum auf den Wangen noch nicht lange verloren haben konnte, war zu ihrem Begleiter auserkoren. Nach einem gewölbten Gang durchquerten sie zunächst einige hohe, lichtdurchflutete Räume, erbaut, um das Lob des Herrschers zu singen - oder um ein halbes Heer zu beherbergen. In Richtung Westen schloss sich ein rechteckiger Saal an, in den der junge Ritter sie brachte.
    Er deutete eine Verneigung an und war plötzlich verschwunden. Verblüfft sah sich Hildegard nach ihm um, als sich in einer weiß gekalkten Nische, in der er offenbar auf sie gewartet hatte, ein Mann erhob.
    Sie wusste sofort, dass dies nur der König sein konnte.
    Er war kaum größer als sie und hatte einen rötlichen, kurz geschorenen Bart. Sein Hals war kurz und dick, wie auch die ganze Gestalt etwas Gedrungenes hatte, als sei zu viel Kraft in einem mittelgroßen Körper gefangen. Seine schmalen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, doch die Augen blieben unbeteiligt, klar und hart wie Gebirgsgletscher.
    »Ich grüße Euch, hochwürdige Mutter«, sagte Friedrich, »und danke der Prophetin vom Rhein, dass sie meiner Einladung gefolgt ist.«
    »Wer würde dem Ruf des Königs fernbleiben?«, entgegnete Hildegard. »Nur Krankheit oder Gebrechen könnten dies entschuldigen.«
    »Ihr wart krank.« Er machte einen Schritt auf sie zu. »Seid Ihr inzwischen wieder wohlauf?«

    Sie ließ die Hand in einer vagen Geste nach oben flattern.
    »Und da lass ich Euch einfach so stehen, nach dem anstrengenden Ritt! Kommt mit, nach nebenan! Dort hab ich eine Erfrischung vorbereiten lassen.«
    »Meine Seele dürstet nicht nach Speise oder Trank«, sagte die Magistra, »sondern allein nach Gott.«
    »Wie schön und überaus treffend habt Ihr das gesagt!«, rief der König. »Ja, der Allmächtige lenkt all unsere Schicksale.«
    Plötzlich fühlte sie sich müde. Der Mann, der vor ihr stand, war eitel und herrschsüchtig, das hatte sie im allerersten Moment erkannt. Die Krone bedeutete ihm alles. Und jeder, der es wagen würde, die Hand nach dieser auszustrecken, war sein Todfeind. Deshalb hatte er auch Erzbischof Heinrich aus dem Amt getrieben, den langjährigen Förderer des Rupertsberges. Heinrich, der sein Leben in klösterlicher Verbannung beenden musste, als hätte man ihn eines Vergehens überführt, auch wenn er selbst sich noch immer als rechtmäßiger Erzbischof von Mainz betrachtet hatte.
    Jetzt wäre es angebracht gewesen, Friedrich zu schmeicheln, mit süßen Worten und ehrfürchtigen Metaphern, doch dazu war Hildegard nicht in der Lage. Ihr ganzes Leben hatte sie stets klar wissen wollen, woran sie war, eine Frau, die unangenehme Wahrheiten ebenso gut aussprechen wie einstecken konnte.
    »Mit Freuden hätten wir auch den König einmal im Kloster Rupertsberg empfangen«, fuhr sie schließlich fort. »Auch wenn es dort trotz unermüdlicher Arbeit noch an vielem mangelt. Erzbischof Heinrich war oft bei uns zu Gast und hat uns über viele Jahre unterstützt. Jetzt lebt er nicht mehr, und unsere Zukunft scheint erneut ungewiss.
Wie sollen wir unter dieser Bürde beten und arbeiten, so wie der heilige Benedikt es uns aufgetragen hat? Wenn nun Ihr, Sire, Euch unserer direkt annehmen würdet? Mit dieser großen, dieser herzlichen Bitte um königlichen Schutz stehe ich heute vor Euch.«
    Sie sah, wie er sich auf die Lippen biss. Hatte sie gerade einen unverzeihlichen Fehler begangen? Doch was wie eine bleierne Last auf ihrer Seele lag, hatte endlich herausgemusst.
    »Wolltet Ihr nicht allein dem Erzbischof von Mainz untertan sein? Dann solltet Ihr Euch mit Eurem Anliegen auch an den Erzbischof von Mainz wenden!«, lautete Friedrichs Antwort.
    »Das habe ich stets getan«, erwiderte sie. »Doch Ihr wisst besser als jeder andere, dass inzwischen nichts mehr so ist, wie es einmal war.«
    »Arnold von Selenhofen hat unter meinem Vorgänger treu als Reichskanzler gedient und mir danach in gleicher Funktion«, erwiderte er glatt. »Ich bin sicher, als Erzbischof von Mainz wird er sein Amt trefflich verwalten und Eure Wünsche

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