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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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abfraßen, was von der Vegetation übrig war. Hastig verstopfte sie sich wieder die Ohren. Erschöpft stolperte sie über die Heu-schrecken hinweg in Richtung Liege, schüttelte die Decke aus, um sicherzugehen, daß sie sauber oder wenigstens heuschrek-kenfrei war, und ließ sich ins Bett fallen, wo sie sofort in tiefen, traumlosen Schlaf sank.
    Sie sprang auf, als etwas ihren Ellbogen berührte. Als sie sich umdrehte, sah ihr Cheftus Diener Ehuru ins Gesicht. »Bei den Göttern! Was ist mit dir passiert?« Er war rauchgeschwärzt, seine Augen waren rot und tränten, und er hatte widerwärtige Verbrennungen an Händen und Armen. Seine Augenbrauen waren versengt, und erst jetzt erkannte Chloe, daß er kahlrasiert war, seine Perücke war wohl irgendwo auf der Strecke geblieben.
    Er beschränkte sich auf eine knappe Andeutung seiner sonst üblichen Verbeugung und erklärte mit kratzender Stimme: »Wir waren die ganze Nacht bei den Apiru, Herrin. Der edle Herr Cheftu hat sich Sorgen gemacht, du könntest dich um ihn ängstigen, deshalb hat er mich hergeschickt.«
    Chloe stand auf und zwang ihn, sich auf der Liege auszustrecken. »Ruh dich einen Moment aus«, sagte sie, ohne seine Proteste gelten zu lassen.
    »Auf der Liege meines Herrn? Das ist undankbar, Herrin!«
    »Du legst dich hin, Ehuru. Das ist ein Befehl.«
    »Herrin, ich -«
    »Ehuru!«
    »Das ist für dich, Herrin«, sagte er schließlich und überreichte ihr dabei eine Papyrusrolle, bevor ihm die Augen zufielen und sein leises Schnarchen das Zimmer erfüllte.
    Chloe ging in den Empfangsraum, wo sie das Siegel des Oryx-Gaus erbrach und die in hieratischen Zeichen hingekritzelte Botschaft las. »Geliebte - es hat einen Brand gegeben, viele sind verletzt. Verzeih mir, daß ich dich allein gelassen habe, aber ich muß nach besten Kräften helfen. Ich werde zu dir zurückkehren, sei guten Mutes, dies hier wird nicht lange dauern.« Darunter stand nicht sein ägyptischer Name, sondern in flüssigen, fließenden Buchstaben »François«. Lächelnd fuhr Chloe die Buchstaben mit der Fingerspitze nach und dachte kurz an ihre Liebesnacht zurück, ohne auch nur einen Gedanken an irgendwelche Heuschrecken zu verschwenden.
    Doch falls ihr halb altägyptischer, halb Empire-französischer Ehemann erwartet hatte, daß sie Heim und Herd hüten würde, bis die Männer von der Arbeit heimkehrten, dann hatte er sich geschnitten. Ein Großbrand war eine Katastrophe. Obdachlose und Hungernde, Desorganisation und Chaos waren ihr Spezialgebiet. Die Opfer würden von Cheftu versorgt, doch wer kümmerte sich um die verwirrten Überlebenden?
    Chloe lächelte insgeheim. Hier kommt das zukünftige Rote Kreuz - nein, der Rote Ankh. Wäre Cheftu damit einverstanden? Nein. Würde Ehuru sie mitnehmen? Nein. Tat das etwas zur Sache? Chloe zwirbelte ihren - RaEms - Ankh-Anhänger zwischen den Fingern. Nein.
    Tatsächlich ließ sich Ehuru leichter überreden, als Chloe erwartet hatte. Er glaubte nicht, daß ein brennendes Dorf der geeignete Aufenthaltsort für »meine Herrin« sei, doch ihm traten Tränen in die Augen, als er zugab, daß, ja, die Apiru sehr wohl Hilfe brauchten.
    Am Nachmittag machten sie sich auf den Weg, einen grauenhaften, postapokalyptischen Marsch. Nirgendwo war auch nur ein grüner Halm zu sehen. Wo früher einmal Bäume gestanden hatten, ragten struppige Stummel obszön aus dem nackten, staubigen Erdboden auf. Alle Mauern waren mit Heuschrecken bedeckt, die die restlichen Kletterpflanzen und Blumen fraßen und alles mit eintönigem Tabakbraun überzogen. Die reizvollen weißgekalkten Gebäude, die selbst bei den Rek-kit ordentlich und sauber wirkten, waren nur noch farblose Verschlage.
    Der Himmel mit seinem messingklaren, fremdartigen Blau stand in hartem Kontrast über der wogenden, lebenden
    schwarzgelben Erde.
    Chloe weinte, die Lippen fest zusammengepreßt, um nicht eine der vereinzelt umherfliegenden Heuschrecken zu verschlucken.
    Unbeirrt zogen sie weiter, Insekten zertrampelnd, zerquetschend und Füße wie Knöchel mit Heuschrecken-Eingeweiden bespritzend wie bei einem makabren Winzertanz. Sie war überzeugt, daß ihre Beine taub waren, denn selbst die Heuschrecken, die unter ihrem Kleid hochkrabbelten, fegte sie lediglich gedankenverloren wieder weg. Hathor sei Dank, daß sie eine feste, undurchdringliche Binde angelegt hatte.
    Sie erreichten ihr Ziel nach dem Atmu, und Chloe stockte der Atem, als sie das Dorf sah. Es war eine Szene wie von El Greco:

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