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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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sie das Tier in Tücher und zogen schließlich nicht einen, sondern drei Dornen aus seiner Flanke. Das Geheul des jungen Löwen war ohrenbetäubend, und mehr als einmal bekam Chloe die spitzen Zähne zu spüren, die das Tier in verschiedene Teile ihrer Anatomie versenkte.
    Cheftu wusch die Wunde mit Salzwasser aus, und beide verzogen das Gesicht angesichts der Schmerzensschreie der gepeinigten Kreatur. Dann rieb Cheftu die wunde Stelle mit Salbe ein und legte einen sauberen Verband darüber. Chloe ließ den kleinen Löwen los, und er raste los, bis er fast außer Sichtweite war . wo er begann, den Verband abzureißen.
    »Ich liebe dankbare Patienten«, sagte er. Chloe lachte, wurde aber sofort wieder ernst, als Cheftu mit verzogenem Gesicht am Wasserschlauch sog. »Wir müssen heute Wasser finden.« Sie standen mühsam auf und sammelten ihre Sachen ein.
    »Was meinst du, wie weit wir gekommen sind?« fragte sie.
    »Nicht weit genug«, schnaubte Cheftu. »Ich weiß nicht, möglicherweise könnten sie uns nach wie vor aufspüren. Wir sind am Wasser entlanggegangen, was einen gewissen Schutz darstellen sollte, aber wir dürfen uns nicht darauf verlassen.«
    Noch im Reden zog er ein Tuch aus seinem Korb und wickelte es um seinen Kopf. Chloe schaute zu, wie seine langen, schlanken Finger den Stoff aufrollten und wanden, bis er einen
    Turban aufhatte. Nachdem er den Rest des Stoffes über sein bronzegoldenes Gesicht gezogen hatte, waren nur noch seine bernsteingelben Augen sichtbar.
    Chloe folgte seinem Beispiel; der Wind hatte aufgefrischt, und beißender Sand fuhr ihr in Augen, Nase und Mund. Er half ihr mit ihrem Gepäck und schulterte dann seinen eigenen Korb. Eine Bewegung im Himmel ließ ihn aufsehen, und er deutete landeinwärts.
    »Was ist?« fragte Chloe.
    »Geier.« Er blickte auf den in sicherer Entfernung hockenden kleinen Löwen. »Vielleicht hat er gar keine Mutter mehr.« Er deutete wieder in den Himmel. »Sie kreisen. Entweder speisen dort gerade Raubtiere, oder irgend etwas stirbt. Wir müssen los.«
    Ein entrüstetes Jaulen ließ sie innehalten. Der Löwe spazierte von hinten um sie herum nach vorne und drehte sich dann um: Die grelle Sonne ließ die Pupillen in seinen leuchtenden Augen zu schmalen schwarzen Schlitzen schmelzen. Sein Pelz war dreckverkrustet, und sie konnten die Knochen unter dem Fleisch hervorstehen sehen, doch er stolzierte mit hoch erhobenem Schweif davon und blickte sich dann über die Schulter hinweg um wie ein Unteroffizier, der seine neuen Rekruten drillt. Cheftu und Chloe sahen einander amüsiert an und schlugen, angeführt von ihrem neuen Schoßtier, den Weg in Richtung Osten ein.
    Besagtes Schoßtier führte sie nicht lange an. Sondern es spielte. Für jeden Schritt, den sie vorwärts kamen, legte es fünf zurück - eine Anhöhe hinauf und wieder hinunter, hüpfend und rennend, in der Brandung spielend. Dann setzte sich ihr Begleiter hin, während sie weiterzogen. Doch jedesmal, wenn sie überzeugt waren, daß er diesmal zurückbleiben würde, kam er hinter einem Felsen hervor oder die Klippe herabgeschossen.
    Sie versuchten, soviel wie möglich am Meer entlangzugehen, wo die Wellen die dürftigen Hinweise auf die beharrlich Wei-terziehenden fortspülten. Bei Einbruch der Nacht hatten beide rasenden Hunger, und Chloe merkte plötzlich, daß sie vor Enttäuschung und Erschöpfung tränenlos vor sich hin schluchzte. Erneut kampierten sie nahe den Klippen entlang dem Meer. Zu müde, um noch ein richtiges Lager aufzuschlagen, und ohne genug Wasser für eine Suppe kauten sie das letzte Stück Dörrfleisch und benetzten ihre Lippen mit ein paar warmen, brackigen Tropfen. Dann kuschelten sie sich gegen die Kälte aneinander und fielen in halb besinnungslosen Schlaf.
    Chloe schaffte es nicht, die Augen zu öffnen. Sie waren wie zugeklebt. Sie versuchte, eine Hand zu heben und den Kleber wegzuwischen, doch beide Hände wurden von einem schweren Gewicht auf den Boden gepreßt. Ihr Geist flatterte von einer Wirklichkeit zur anderen. Sie konnte hören, wie jemand ihren Namen rief - Cammy? Sie drängte weiter vor und konnte ein schwaches Bild erkennen.
    Es war Cammy. Sie saß in dem Tempel in Karnak. Ein magerer Mann mit Brille stand neben ihr und tätschelte ihr mit sanften, tröstenden Händen Schulter und Rücken. Cammy hatte das Gesicht in den Händen vergraben, ihre Schultern bebten . und aus ihrem wunderschönen, kastanienbraunen Haar leuchtete eine weiße Strähne. Weiß? Chloe konnte

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