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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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orange; schon wehte ein kühlere Brise.
    Sie roch das Feuer und hörte Cheftu singen ... nicht die ägyptischen Lieder, die sie inzwischen auswendig kannte, sondern »Frère Jacques«. Lachend stand Chloe auf, schlang das Leinen um sich und trat nach draußen. Der Mann muß Pfadfinder gewesen sein, dachte sie verwundert.
    Er hatte ein Feuer entfacht und grillte darauf den Fisch. Wenn der junge Löwe sich noch näher wagte, würde er in Flammen aufgehen, dachte Chloe. Er hatte die Augen gegen den hellen Flammenschein zusammengekniffen, ließ aber das Objekt seiner Begierde keinen Moment aus dem Blick. Sie konnte erkennen, daß am Rand der Flammen Brot backte, und sah dicht beim Feuer ein Papyruspaket stehen.
    »Eine Meisterleistung«, flüsterte sie.
    Cheftu blickte sie ohne ein Lächeln über das Feuer hinweg an. Er hörte zu singen auf. »Danke. Und wo ist dein Essen?«
    Chloe sah ihn überrascht an. Sie war vorhin ein wenig hitzig gewesen. Und nicht besonders nett. Also gut, eine wahre Kratzbürste, wie Mimi gesagt hätte. Doch schlagartig hob ihr Stolz sein häßliches Haupt. »Das muß ich noch fangen.«
    »Wir teilen gerne unser«, er deutete auf den kleinen Löwen, »Essen mit dir. Die Austern kühlen schon in dem Wasser da drüben.« Er deutete auf den Gezeitentümpel südlich von ihnen.
    Hoheitsvoll trat sie zurück. »Danke, aber vielen Dank, nein. Ich werde mich selbst verpflegen.« Sie stolzierte zum Strand und gab sich dabei alle Mühe, sich ins Gedächtnis zu rufen, wie man Krabben fing. Sie hatte das nur ein einziges Mal getan, doch es war ziemlich leicht gewesen. Sie brauchte dazu nichts weiter als ein bißchen Speck. Sie blieb stehen.
    Leider war der just ausgegangen, was sollte sie also als Ersatz nehmen?
    Cheftu rief sie zum Essen, doch Chloe drehte sich nicht einmal um. Ihr Verhalten war kindisch und lächerlich. Leider konnte sie einfach nicht anders. Als er sie berührte, wirbelte sie herum. Seine Augen waren dunkel und beinahe braun im Abendlicht. Seine Stimme war tief, samtig und liebevoll. »Komm, ma chère. Laß uns zusammen in unserem neuen Heim speisen, hau?«
    Sie biß die Zähne zusammen. »Nein.«
    Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und sah beiseite. »Wieso nicht?«
    »Weil du mich für eine Last hältst. Ich kann für mich selbst sorgen.« Ihre Stimme klang geradezu grotesk abweisend, doch das war ihr egal.
    Cheftu wog seine Worte sorgfältig ab. »Es tut mir leid, daß ich ...« Er sah erst weg und sie dann wieder an. »Verdammt noch mal, mir tut gar nichts leid! Es ist nicht verkehrt, dich zu bitten, daß du mithilfst! Ich jage, und du machst sauber und kochst, aber wir müssen zusammenarbeiten! Und jetzt hör auf, dich so kindisch, infantil und lächerlich zu betragen, und komm zum Essen, bevor der Löwe ...« Seine Miene gefror, und er wiederholte: »Der Löwe«, bevor er zum Feuer zurückrannte. Chloe hörte sein Gebrüll über den ganzen Strand und sah ihn sein Essen verfolgen, das nun auf goldenen Pfoten vor ihm floh. Cheftus frustrierte Flüche flogen durch die Luft, dann sah sie ihn verärgert beide Hände hochreißen.
    Ein paar Minuten darauf ging sie zu ihm. Er saß auf dem Boden, den Rücken ihr zugewandt, das Gesicht auf die verschränkten Arme gelegt. »Cheftu?« Er rührte sich nicht, nahm sie mit keinem Wort zur Kenntnis. Sie legte eine Hand auf seinen Nacken und spürte die verspannten, zu Knoten erstarrten Muskeln. Sie ließ sich auf die Knie fallen und begann, die Knötchen zu massieren. So saßen sie, bis es ganz dunkel war, Chloe damit beschäftigt, ihn von seinen Verspannungen zu befreien, und Cheftu mit abgewandtem Gesicht und in sich verschlossen. Sie spürte die leichten Erhebungen seiner Brandnarben und die Muskeln und Sehnen, die sie so viele Male getragen, geheilt und gerettet hatten. Sie sollte ihm dankbar sein.
    Statt dessen war sie sauer.
    Sie wollte nicht der schwächere Partner sein! Ihr ganzes Leben lang hatte sie in fast jeder Hinsicht mit jedem Mann mithalten können. Es war nicht leicht gewesen, gut, doch sie hatte sich Respekt verschafft, selbst bei den Draufgängern in ihrer Klasse, und das hatte sie gestärkt. Bei Cheftu hatte sie immer nur geweint, sie war in Ohnmacht gefallen, krank und schwach gewesen. Sie ließ die Hände sinken. Mit einer ungleichen Beziehung konnte sie nicht umgehen. Denn ihr stand ständig ein Beispiel für eine gleichwertige Beziehung vor Augen. Ihre Eltern hatten einander mit so viel Hingabe geliebt, daß Chloe

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