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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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Erinnerung? Würde sie auch um Cheftu trauern müssen?
    »Ich kann es einfach nicht mit ansehen.«
    »Chloe ...« Cheftu schloß sie in die Arme. »Thief hat uns geführt, gerettet und uns geholfen.«
    »Er hat uns das Leben gerettet«, wiederholte sie mit tränenfeuchten Wangen.
    »Ja. Und jetzt müssen wir uns dafür erkenntlich zeigen.«
    Sie biß sich auf die Lippe und nickte. »Ich weiß. Es tut nur so weh. Ich möchte ihm nicht das Gefühl geben, daß er nicht geliebt wird.« Sie sah auf die große Katze, die ein paar Schritte entfernt ruhte und in das Ritual ihres stündlichen Bades vertieft war. Als hätte er ihren Blick gespürt, kam Thief angetrottet und rieb mit dem Kopf gegen ihr Bein. »Du verstehst mich, was, mein Junge?« flüsterte sie mit gebrochener Stimme.
    »Wir wollen dich nicht allein lassen, aber wir können dich einfach nicht mitnehmen.«
    Er ließ sich auf dem Boden nieder, den schweren Kopf auf ihrem Schenkel ruhend. Dann schloß er die Augen und begann zu schnurren, während sie ihm das Fell streichelte. Cheftu kraulte Thiefs Hals und ließ dabei ein Flachsseil darum gleiten, das er an einem Felsen festknotete. Thief würde sich daraus befreien können, doch bis dahin wären sie über alle Berge. Und dann würde der Geruch anderer Menschen und der Städte sie tarnen.
    »Wieso müssen wir das tun?« fragte Chloe leise. »Das ist doch schrecklich!«
    »Er ist uns vom Sinai aus bis hierher gefolgt, chérie. Glaubst du, er bleibt brav sitzen, nur weil wir es ihm befehlen? Wenn er näher an die Stadt herankommt, wird man Jagd auf ihn machen. Dies ist der einzige sichere Ort, und genau deshalb lebt hier auch die Meute.«
    »Er wird einsam sein.«
    Cheftu tätschelte den Löwen, der sich auf der Erde wälzte und ihre Zuwendung genoß, anscheinend ohne etwas von seinem Schicksal zu ahnen.
    »Er wird sich der Meute anschließen. Er ist ein Löwe, keine überdimensionale Hauskatze.«
    Chloe schluchzte, und so saßen sie auf dem Boden und spielten mit Thief, bis er einschlief, von der Sonne gewärmt. Dann stand Chloe, die es einfach nicht mehr aushielt, auf. Thief rührte sich nicht. Sie legte die Hand auf Cheftus Arm und zog ihn schweigend hoch. Sie stahlen sich davon, doch nach ein paar Schritten hielt Chloe inne und drehte sich noch einmal um. Die Katze hatte sich aus ihrer Fessel befreit und saß hellwach da, das Seilende im Maul, den Fellhintern auf der Kartusche. Er sah ihnen mit hellbraunen Augen nach, und Chloe ahnte, daß er begriff, wie sehr er geliebt wurde. Sie wußte, daß er ihr verzieh und daß er sie verstand. Ein Schauer lief über ihren Rücken. Generationen von Löwen, fiel ihr ein. Er wird nicht allein bleiben. »Cheftu?«
    Ihr Gemahl drehte sich mit Tränen in den goldenen Augen um. »Er weiß, daß er hierbleiben muß, Geliebte. Er weiß es.«
    So folgte der Löwe, der von Anfang an als Schutzengel über sie und die Schriftrollen gewacht hatte, nun einem höheren Ruf und blieb, um die Rollen auch weiterhin zu beschützen: ein goldener Torwächter zu den Geheimnissen Gottes. Der edle, pelzige Ritter eines heimlichen Kreuzzuges. Der erste aus einer langen Reihe .
    Nach dreitägigem Marsch erreichten sie die Außenbezirke von Waset. Sie mieteten sich ein kleines Zimmer in einem der ärmeren Stadtviertel. Nur Cheftu wagte sich auf die Straße, um sich nach einer Schiffspassage nilabwärts zu erkundigen. Sie aßen, was er auf der Straße kaufte. Eines Nachts, als sich die Tavernen am Flußufer zu füllen begannen, beschloß Cheftu, Verbindung zu Ehuru aufzunehmen.
    »Das darfst du nicht! Bist du wahnsinnig geworden? Thut läßt dein Haus wahrscheinlich schon seit Wochen beschatten!« beschwor ihn Chloe.
    Er warf sich den Umhang über. »Glaubst du, ihnen fällt auf, daß sich unter einem bärtigen Mann mit Haaren wie eine Frau ein Prinz Ägyptens verbirgt? Ich kann nicht hierbleiben - das ewige Abwarten macht mich wahnsinnig!«
    »Und wenn man dich erwischt?«
    Er erstarrte, dann drehte er sich zu ihr um, ganz langsam und ohne jedes Gefühl in seinen bernsteingelben Augen. »Das ist egal. Du brauchst nur noch drei Tage zu warten, dann kannst du dich auf der Fliegenden Oryx einschiffen und nach Noph segeln. Dank Imhoteps Hilfe haben wir die Formel größtenteils wieder zusammenbekommen, du kannst also in dein früheres Leben zurückkehren. Und mich zurücklassen.«
    Sie stand auf und kam durch den kleinen Raum auf ihn zu.
    »Glaubst du, ich will zurück?«
    Nur ihr Atem war zu hören.

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