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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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berühren, doch dann hatte der Hunger seine Zurückhaltung besiegt. Und sie hatte nur zu gerne mitgespielt.
    Verdammt. Seufzend ließ sich Chloe zurücksinken und starrte in die schwarze Nacht. Was kümmerte sie das alles überhaupt? Für sie war er ein Fremder, ein Angehöriger einer untergegangenen Rasse. Bald würde sie heimkehren. Wieso spendeten diese Gedanken keinen Trost? Wieso wollte sie noch mehr von Cheftu sehen, spüren und erfahren? Hinter die Fassade des Edelmanns und Heilers blicken? Er haßt RaEm, ermahnte sie sich. Und du bist jetzt RaEm. Sie rieb ihren Anhänger über ihr Kinn und schauderte in der Nachtluft.
    Cheftu starrte wütend in den Wind. Was war nur in ihn gefahren? Er wußte, daß RaEm leicht ins Bett zu bekommen war. Um genau zu sein, dämpfte ihre Bereitwilligkeit sein Feuer beträchtlich. Wenigstens war das früher so gewesen. Bei den
    Göttern, so hatte er RaEm noch nie berührt, und noch nie war er so intensiv, so herzbewegend von ihr berührt worden. Zu schade, daß ihm ihr Körper allein nicht genügte .
    In den vielen Jahren, seit sie einander das letztemal begegnet waren, hatte er ihr kindliches Staunen und ihre Frische vermißt; doch beides war verflogen, schon seit vielen Jahren. Trotzdem sprach aus ihrer Berührung eine unerfüllte Sinnlichkeit und Weiblichkeit. Reinheit. Wie mußten die Götter darüber lachen!
    Ihr perfekter Kuß war durch und durch Betrug - und damit ein weiterer Beweis dafür, was für eine erstaunliche Falschspielerin sie war, diese Priesterin der Göttin der Liebe und Freude. Sie und alles, was sie berührte, waren Lügen, verführerische Trugbilder, die verblaßten, sobald die Wahrheit ans Licht kam.
    Wieso, bei den Göttern, konnte er sie dann immer noch schmecken?
    Als Chloe am Nachmittag erwachte, fühlte sie sich, als wäre sie unter einen Zug geraten. Der Rückweg von der Pyramide war grauenvoll gewesen. Ihre Füße hatten aus einem Dutzend Blasen geblutet. Wie Salz hatte sich der Sand in ihre Wunden gerieben. Cheftu war die ganze Zeit vorangegangen, ohne sich auch nur einmal umzudrehen und ihr zu helfen; das hatte er seinen Sklaven überlassen. Als sie schließlich beim Boot angekommen waren, hatte sie sich die Sandalen und Kleider vom Leib gerissen, war in ihr Bett gekrochen und hatte sich die Decke über den Kopf gezogen, bis der Schlaf sie gnädig entführte.
    Doch angesichts des strahlend schönen Tages, des türkisen Himmels, des blauen Flusses und des Laubwerks um sie herum spürte sie, wie ihre Laune sich besserte. Der Fluß begann sich in viele Arme aufzuteilen, die zusammen das Delta Goshens bildeten, und Chloe ließ sich auf einem Stuhl im Heck nieder, von wo aus sie die unzähligen Fische und Vögel beobachtete.
    Verstohlen skizzierte sie Gefieder- und Schuppenmuster, weitere Details, mit denen sie am Abend ihre Zeichnungen ausfüllen würde.
    Hoffentlich kamen sie bald an; ihr ging allmählich der Papyrus aus.
    Zwei Tage darauf war ihr der Papyrus ausgegangen. So verbrachte sie die Nächte damit, Details und Schattierungen hinzuzufügen. Sie fand sogar etwas Schlaf. Die Pyramide vermochte sie nicht auf Papyrus zu bannen, und Chloe bezweifelte, daß irgend etwas außer dem Weitwinkelobjektiv auf einer Hasselblad diesem Bauwerk gerecht würde. Außerdem kehrte ihre Übelkeit wieder. Zwei Tage lag sie im Bett und nahm nur Suppe und Brot zu sich.
    Ihr Leibarzt besuchte sie kein einziges Mal.

6. KAPITEL
    Thutmosis III. wurde, genau wie jeden Morgen, von den Priestern geweckt, die Amun-Re den Willkommensgruß entboten. Er zerrte die Leinendecke beiseite, setzte sich auf und fuhr sich mit der Hand über den rasierten Kopf. Arbah, sein Sklave, trat ein und kniete nieder.
    »Spute dich!« befahl Thut. »Ich bin heute morgen spät dran für das Opfer, außerdem erwarten wir heute abend ganz besondere Gäste, die mir Hatschepsut, ewig möge sie leben!, schickt. Ganz zu schweigen von den merkwürdigen Omen, die eine Katastrophe im Großen Grün ankündigen. Was immer dort geschehen mag, könnte sich auch auf Ägypten auswirken!« Noch während er sprach, ließ Arbah sein Bad einlaufen, dämpfte die Handtücher für Thuts Gesicht und gab Anweisung, daß der weißumrahmte Schurz des Prinzen geplättet werden sollte.
    Bevor Re den Himmel viel weiter erklommen hatte, fuhr Thut zum Tempel, um ein weiteres Mal für eine ertragreiche Ernte zu opfern. Er sprang von seinem Streitwagen und gesellte sich zu den safrangelb gekleideten Priestern, die auf ihrem

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