Die Prophetin
quer durch die Halle und erreichte ihn atemlos vor der drei Stockwerke hohen Statue der Göttin Athene, in der sich ein Videoladen befand.
»Catherine«, sagte er erstaunt und griff nach ihrem Arm. »Warum sind Sie nicht oben im Zimmer?«
»Ich habe Sie gesucht, weil ich mir Sorgen mache.«
»In meiner Nachricht stand doch, daß ich nicht lange weg sein würde.« Er lächelte sie an. »Ich habe neue Batterien für den Laptop besorgt.«
Er legte ihr freundschaftlich den Arm um die Schulter. Die Berührung durchzuckte Catherine wie ein Blitz-strahl und erinnerte sie an die Umarmung gestern nacht. Sie hatte danach unruhig geschlafen und im Traum den Priester gesehen, den immer noch Selbstvorwürfe quälten und der in seiner Verzweiflung versuchte, mit zwei blutigen Stöcken die Furien zu besiegen, die ihn verfolgten.
Sie hatte jedoch auch von seinen Küssen geträumt. Garibaldi sah sich um und sagte etwas leiser: »Ich habe gute Neuigkeiten. Wir müssen nicht ausziehen. Es ist mir gelungen, Geld aufzutreiben – genug, um eine Weile damit auszukommen.« Als sie ihn fragend ansah, fügte er schnell hinzu: »Keine Sorge. Ich stand am Eingang des Spielcasinos und wäre beinahe hineingegangen. Aber dann habe ich es doch nicht getan.«
»Und wie…?«
»Das erkläre ich Ihnen später«, sagte er, nahm ihren Arm und ging mit ihr zu den Raumschiffen. »Wir fahren besser nach oben. Ich weiß nicht, ob ich allmählich an Verfolgungswahn leide, aber ich hatte das Ge-fühl, einer der Portiers habe bei meinem Anblick merkwürdig reagiert.«
»Was erwarten Sie in diesem Aufzug anderes?« Garibaldi trug die Soutane. Catherine merkte, daß ihre Bemerkung leicht spöttisch und beinahe kokett geklungen hatte, und entschuldigte sich sofort. »Tut mir leid, so war es nicht gemeint.« Er lächelte. »Schon gut. Ich weiß, ich falle sogar in diesem verrückten Hotel auf. Trotzdem glaube ich, daß es der beste Schutz für Sie ist. Wenn die Leute mich anstarren, sehen sie den Priester, nicht den Mann. Und ganz besonders sehen sie nicht die Frau an meiner Seite.«
Als sie die Zahlenkombination für ihre Suite eingaben, ahnten sie nicht, daß sie erwartet wurden.
Catherine wollte sofort zur Stereoanlage, um die Kassette einzulegen, aber sie blieb erschrocken stehen, denn sie hörte, wie hinter ihr die Tür der Suite mit einem lauten Knall ins Schloß fiel. »Was…?«
Das Licht ging plötzlich aus.
Schemenhaft sah sie in dem Vorraum neben Garibaldi eine Gestalt an der Tür. Sie erstarrte.
»Wir haben nicht viel Zeit, aber mein Partner möchte unbedingt persönlich mit Ihnen sprechen«, hörte Catherine eine zynische Stimme. »Bitte, heben Sie die Hände hoch und gehen Sie hinein. Den Weg kennen Sie ja.«
Garibaldi wich einen Schritt rückwärts und hob scheinbar gehorsam die Hände. Aber dann schlug er dem Mann die Waffe aus der Hand, ließ sich blitzschnell fallen und packte ihn an den Beinen. Der Mann schwankte, verlor das Gleichgewicht und stürzte zur Seite. Noch ehe er am Boden lag, hatte ihn Garibaldi bereits an den Haaren gepackt. »Machen Sie die Zimmertür auf!« rief er Catherine zu.
Sie gehorchte mechanisch wie eine Marionette. Kaum war die Tür offen, riß er den Mann hoch und warf ihn in das Zimmer. Er fiel mit einem dumpfen Schlag gegen den Tisch. Sein Kopf traf die Kante, und er blieb leblos liegen. Catherine sah, wie die blonden lockigen Haare sich blutig färbten.
Garibaldi stieß keuchend hervor: »Schnell, wir müssen hier weg!« und griff nach ihrer Hand. Aber sie riß sich los. »Nein!«
Es klang fast wie ein Schrei. »Die Schriftrollen«, fügte sie tonlos hinzu. Ehe Garibaldi etwas erwidern konnte, ging das Licht wieder an.
»Richtig, Frau Doktor. Sagen Sie Ihrem frommen Leibwächter daß er die Schriftrollen bei mir abholen kann! Ich habe noch ein Wort eben mit ihm zu reden.« Der Killer mit der Narbe stand mit der blauen Tasche im Zimmer.
Die beiden Männer umkreisten sich wie Raubtiere. Zeke war im Vorteil, denn er kämpfte mit dem Messer.
Garibaldi dagegen hatte keine Waffe, und der Killer trieb ihn durch den Raum in eine Ecke. Zeke glaubte schon, ihm den Todesstoß versetzen zu können, als Garibaldi nach einer Tischlampe griff und sie nach ihm schleuderte. Geschickt wich der Killer aus, und die Lampe zerbrach mit einem lauten Knall an der gegenü-
berliegenden Wand. Garibaldi rettete sich auf die andere Seite des Tischs, wo Zekes Partner noch immer bewußtlos lag.
»Los, laufen Sie in mein
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