Die Prophetin
Pfarrer heute Frühstück bestellt, wird sich der Kellner die Zimmernummer merken…« Raphael griff nach der Schale mit den gesalzenen Nüssen, schob sich eine in den Mund, steckte die anderen in die Jackentasche und sagte: »Schnappen wir sie uns.«
Catherine machte sich Sorgen. Sie hatte das Hotel nach Garibaldi abgesucht, ohne ihn zu finden.
Beim Aufwachen am frühen Morgen war er nicht in seinem Zimmer gewesen. Möglicherweise war er im Casino, um das Geld >zu beschaffen^ das ihm am Abend zuvor im Umkleideräum gestohlen worden war.
Aber auch an den Spieltischen hatte sie ihn nicht entdeckt.
Catherine trug die große Sonnenbrille, die sie mit den Kleidern gekauft hatte, und die Polizei wußte noch nichts von ihren blonden kurzen Haaren, trotzdem fürchtete sie, erkannt zu werden. »Diese Fanatiker könnten Sie entführen oder Schlimmeres…«, hatte Garibaldi gesagt.
Aber das war an dem Abend gewesen, als die ganze Welt gegen sie zu sein schien. Inzwischen hatte sich die öffentliche Meinung um hundertachtzig Grad gedreht. An einem Zeitungskiosk fiel ihr Blick auf die Schlagzeile.
»LASST MICH IN RUHE!« stand da neben einem Photo von ihr. Sie wußte, der Artikel würde berichten, daß Catherine Alexander überall im Internet zum Thema Nummer eins geworden war. Catherine hatte sich lange gegen die Computertechnik gewehrt und ihren Widerstand erst aufgegeben, als Danno sie schließlich davon überzeugte, daß ein Computer ein höchst wirksames Instrument der Forschung sein konnte. Jetzt fühlte sie sich in der Welt von Cyberspace sicherer als in der wirklichen. Ihre Bitte um Weitergabe der Information hatte einen ungeheuren Erfolg gehabt. Am frühen Morgen war im Radio Kriminalkommissar Shapiro aus Santa Barbara zitiert worden, der gesagt hatte: »Wir haben keine Anklage gegen sie erhoben.
Wir wollen ihr nur einige Fragen stellen. Zeugen sagen aus, sie sei von bewaffneten Männern verfolgt worden. Deshalb bezweifeln wir, daß sie Dr. Stevenson ermordet hat.«
Dann äußerte sich ein Theologe: »Catherine Alexander hütet einen Schatz, der uns allen gehört. Man sollte sie nicht verfolgen. Sie erweist der Menschheit einen Dienst. Denken Sie daran, was mit den Schriftrollen vom Toten Meer geschehen ist. Beinahe fünfzig Jahre lang hat sie niemand zu sehen bekommen. Ich finde es bemerkenswert und sehr mutig, was Dr. Alexander tut.« Selbst Kardinal Lefevre im Vatikan schien seine Haltung geändert zu haben. »Ich weiß nicht, weshalb alle diese bedauernswerte Frau verfolgen. Sie ist weder von der Polizei noch von der amerikanischen Regierung offiziell eines Verbrechens beschuldigt worden. Das ägyptische Kulturministerium kann nicht genau sagen, was sie angeblich gestohlen hat. Ich finde, wir sollten sie in Frieden lassen und beten, daß sie diese schwere Prüfung übersteht.«
Trotzdem blieb Catherine vorsichtig. Während sie die Zeitungen am Kiosk überflog und überlegte, wohin Garibaldi gegangen sein mochte, behielt sie die Leute im Auge. Aber die Hotelgäste interessierten sich mehr für andere Dinge. Sie wollten Unterhaltung, Frühstück, Geld gewinnen, Freunde sehen, kurz gesagt, im Atlantis das Leben genießen…
Catherine war gerade im Begriff weiterzugehen, als ihr Blick auf die ausgestellten Musik-Kassetten fiel.
Darunter befand sich eine mit gregorianischen Chorälen, die in einem spanischen Kloster aufgenommen worden waren.
Catherine fiel ein, daß sich in ihrer Suite ein Kassettenrecorder befand, und kaufte die Kassette. Sie freute sich über den Fund. Es sollte eine Überraschung für Garibaldi werden. Die Musik würde entspannend und beruhigend wirken, während sie beide arbeiteten.
Und das fehlende Geld?
Garibaldi konnte sich über den Kreditkarten-Service entweder Reiseschecks oder eine Ersatzkarte ausstellen lassen. Wenn das nicht möglich war, würde sie es tun. Dann mußten sie Las Vegas natürlich sofort verlassen, um ihre Spur zu verwischen. Bevor sie sich zu den Hotelgästen stellte, die darauf warteten, von einem der Raumschiffe in die oberen Stockwerke befördert zu werden, hielt sie noch einmal nach Garibaldi Ausschau. Sie überlegte, ob er möglicherweise in einem anderen Spielcasino sei.
Sie machte sich Sorgen. Was mochte Garibaldi unternommen haben, um Geld auf zutreiben?
Sie war so in Gedanken versunken, daß sie ihn beinahe nicht gesehen hätte, als er plötzlich am anderen Ende der Halle auftauchte.
Catherine drängte sich durch die Leute, die einsteigen wollten lief
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