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Die Prophetin

Die Prophetin

Titel: Die Prophetin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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auf diesem Weg nur ein paar besorgen können. Doch sie genügten, um Seine Eminenz davon zu überzeugen, daß Catherine Alexander auf dem Sinai etwas gefunden hatte, das nicht ignoriert werden durfte – nicht von Kardinal Lefevre, einem Mann, auf den der Entwurf eines Dokuments zurückging, das sich in aller Klarheit mit den Aufgaben und Pflichten von Theologen beschäftigte, Theologen im Fachbereich Archäologie waren davon nicht ausgenommen. Der Kardinal hatte im Namen der Inquisition oder der Kongregation für Glaubensdoktrin, wie diese Institution jetzt so schön hieß, in diesem Dokument unmißverständlich klargestellt, daß Theologen, die von der offiziellen Kirchen-lehre abwichen, eine Sünde begingen. Das stand völlig im Einklang mit der 1990 erschienenen, überarbei-teten Version des Katechismus, der feststellt: »Die Aufgabe, eine authentische Interpretation des Wortes Gottes zu geben, wurde allein dem Lehramt der Kirche übertragen.«
    In diesen Bereich gehörten auch Dokumente aus dem Altertum, bei denen es sich möglicherweise um christliche Texte handelte. Der Aufschrei von Bibelwissenschaftlern und Historikern beim Erscheinen des neuen Katechismus war zu erwarten gewesen. Auch Dr. Alexander hatte in einem Brief heftig gegen die Gleichsetzung von Dissens mit Sünde protestiert. Aber was stellen diese Leute sich eigentlich vor, fragte Kardinal Lefevre in ein stummes Selbstgespräch vertieft. Wenn es jedermann erlaubt gewesen wäre, das Wort Gottes nach eigenem Gutdünken auszulegen, hätte das ein allgemeines Chaos und den Zerfall der kirchlichen Macht bedeutet. Man mußte Grenzen ziehen, Leitlinien festlegen und Strukturen vorgeben.
    Das Büro des Kardinals in der Kongregation führte einen täglichen Kampf darum, daß die Fundamente der katholischen Kirche nicht von dissidierenden Theologen unterhöhlt wurden. Vor allem nicht, dachte er mit gerunzelter Stirn, während er mit einem Spezialschlüssel die Tür des nächsten Gewölbes aufschloß, von zornigen jungen Frauen, die widerrechtlich wertvolles Kircheneigentum an sich nehmen – falls es sich bei den Schriftrollen tatsächlich um christliche Dokumente handelt, um sie zu übersetzen, und sie aus ihrer voreingenommenen Sicht für alle Welt zu interpretieren!
    Seine Eminenz kannte Catherine Alexander. Der Beauftragte des Vatikans, der vor siebenundzwanzig Jahren Dr. Nina Alexander untersagt hatte, ihre Irrlehren weiter zu verbreiten, war von Kardinal Lefevre nach Kalifornien geschickt worden. Wie die Mutter so die Tochter, dachte er und griff nach einer Stahlkassette.

    Ein Wort auf dem ersten Photo hatte seine Aufmerksamkeit erregt und ihn schließlich hinunter in dieses Gewölbe, in die tiefsten Regionen des Geheimarchivs geführt: Tymbos. Es war der Name des Königs, dem die Diakonin die Schriftrollen übergeben sollte, falls man sie verfolgen würde. Er nahm ein Papyrusfragment aus der Kassette, das man 1932 bei Ausgrabungen in Nordafrika in einer Ruine entdeckt, und das der Sand Algeriens beinahe zweitausend Jahre unzerstört bewahrt hatte. Es handelte sich offenbar um einen Brief, der im Griechisch des römischen Reiches geschrieben war. »Nun, da Dir die genaue Stunde der Wiederkehr des Gerechten und der Tag des Endes aller Dinge gesagt worden ist, kann Dein Herz Frieden finden. Denn das Geschenk des ewigen Lebens ist Dein, wie der Gerechte prophezeit hat. Wir werden niemals sterben.«
    Paläographie und die Radiokarbon-Untersuchung führten zu einer Datierung des Fragments zwischen 100
    und 150 nach Christus. Da ›der Gerechte‹ in der Bibel ein Titel des Messias war, hatte der Vatikan vermutet, bei dem Dokument handle es sich möglicherweise um das Fragment eines verlorengegangenen Evangeliums, und es deshalb in seine Archive aufgenommen. Gehört das Fragment zu den Schriftrollen der Sabina, fragte sich der Kardinal, und ein Schauer lief ihm über den Rücken. Hatte der Verfasser des Briefs Sabinas Text gelesen und eine Kopie angefertigt?
    Oder stammte er von der Hand der Diakonin Amelia, vielleicht sogar der Perpetua? Das Fragment war in der Nähe der alten Stadt Timgad gefunden worden.
    ›Timgad‹ – ›Tymbos‹, überlegte der Kardinal. Ließ die Ähnlichkeit der Namen auf einen Zusammenhang schließen? Im Internet kursierten Gerüchte, Dr. Alexander sei nicht im Besitz aller Schriftrollen der Sabina.
    Man sagte, sie sei auf der Suche nach einer siebten.
    War die siebte Schriftrolle in Timgad versteckt worden? Lag sie vielleicht

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