Die Prophetin
immer noch dort und wartete im Sand Nordafrikas darauf, entdeckt zu werden?
Washington, D.C.
»Das bringt nichts. Hier können wir weg«, sagte Raphael, als er in den Mietwagen stieg. Zeke hatte die Heizung nicht eingeschaltet, obwohl die Temperatur um den Gefrierpunkt lag. Er sagte, er wolle hellwach bleiben und einen klaren Kopf behalten. Raphael hatte nichts dagegen. Hitze, Kälte, ihm war das im Augenblick gleichgültig. Der Gedanke daran, was Mr. Havers dieser Auftrag kosten würde, hielt ihn warm.
»Kein Glück?« fragte Zeke, und sein Blick fiel auf die Reihe wartender Taxis vor der Ankunftshalle für Inlandflüge. »Keiner hat einen Priester gesehen. Und alle, die letzte Nacht gearbeitet haben, sind heute wieder da. Wir haben jeden Fahrer zweimal gefragt.«
»Das heißt«, erwiderte Zeke und ließ den Wagen an, »ihr Begleiter reist neuerdings in Zivil.«
»Er hat uns in Las Vegas genau gesehen. Vielleicht kannte er uns schon vom Sinai.« Raphael schloß die blauen Augen, schüttelte den Lockenkopf und murmelte: »… und was jetzt?« Zeke trommelte mit den be-handschuhten Fingern auf das Steuerrad.
Ja, was jetzt?
»Raphael«, sagte er, »wenn du Priester wärst, wohin würdest du an Heiligabend gehen?«
»Ich werde nicht lange wegbleiben«, sagte Garibaldi, »die Kirche ist nur drei Straßen weiter.« Er wartete auf Catherines Antwort. Sie saß mit neuen Gummihandschuhen über eine Schriftrolle gebeugt und entfaltete sehr behutsam das erste Blatt der fünften Schriftrolle.
»Es bleiben noch zwei«, sagte sie. »Wie wir die siebte Rolle finden sollen, wissen wir so wenig wie am Anfang.« Catherine richtete sich auf und sah ihn an. »Ich weiß, Sie möchten, daß ich mit Ihnen gehe. Aber das kann ich nicht.« Er runzelte die Stirn und zog die Lederhandschuhe an. »Ich wollte, ich könnte Sie überzeugen…« Er sprach den Satz nicht zu Ende. »Was ist los?«
»Ist das nicht Miles Havers?« fragte er und deutete auf den Fernsehapparat, den Mrs. O’Toole heraufge-bracht hatte, weil ihr Vater Garibaldis Schwester leid tat. Catherine ließ ihn mit abgeschaltetem Ton laufen.
»Ja, das ist er!« sagte sie und schaltete schnell den Ton ein. Havers stellte sich vor seinem Haus in Santa Fe der Presse. »Ich weiß nicht, wie bekannt geworden ist, daß Dr. Alexander und ich in Verhandlungen über den Erwerb der Schriftrollen stehen«, sagte er in seiner gewohnt liebenswürdigen Art und lächelte gewin-nend. »Aber ich kann Ihnen versichern, es lag nicht in meiner Absicht, etwas davon nach außen dringen zu lassen.«
»Was soll das nun wieder?« sagte Garibaldi kopfschüttelnd. »Mr. Havers«, fragte der Reporter, »heißt das, es gibt diese Schriftrollen tatsächlich? Können Sie das bestätigen?«
»Ja, das kann ich. Der Versuch, sie von Dr. Alexander zu kaufen, entspringt meiner Sorge, sie könnte die Schriftrollen vernichten. Sie gehören der ganzen Menschheit und nicht einer Person. Ich dachte, fünfzig Millionen Dollar würden sie dazu bringen, die Schriftrollen mit der Welt zu teilen. Aber Dr. Alexander hat mein Angebot bisher abgelehnt.«
»Das glaube ich einfach nicht!« sagte Garibaldi. Catherine wechselte den Sender. In einer anderen Nach-richtendung hieß es: »Der Milliardär Miles Havers, Besitzer von Dianuba Technologies, gab heute bekannt, daß er zur Zeit in privaten Verhandlungen mit Dr. Catherine Alexander steht, um die Jesus-Schriftrollen für die Summe von fünfzig Millionen Dollar zu erwerben…«
»Das ist einfach verrückt«, murmelte Garibaldi. »Warum macht er das? Was hat er davon?«
Catherine schüttelte verwirrt den Kopf und schaltete mit der Fernbedienung auf einen Sender in Baltimore.
»… erst bestätigt nach einem anonymen Hinweis an die New York Times, der angeblich aus der unmittelbaren Umgebung von Miles Havers kam. Er hat erklärt, die Schriftrollen stammen von der Sinai-Halbinsel, sie seien zweifelsfrei christlichen Ursprungs und illegal in die Vereinigten Staaten gelangt. Die Person, die diese Schriftrollen verkaufe, sei identisch mit der, die sie entdeckt habe, nämlich die flüchtige Dr. Catherine Alexander.«
»Den Tip muß Havers selbst inszeniert haben«, sagte Garibaldi. »Wenn der Informant nicht in seinem Auftrag an die Öffenlichkeit gegangen wäre, würde Havers alles leugnen. Also hat er sich die ganze Sache ausgedacht.«
»Aber warum?«
»Er glaubt vielleicht, er könnte Sie zwingen, etwas zu unternehmen. Er möchte vermutlich, daß Sie seiner
Weitere Kostenlose Bücher