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Die Prophetin

Die Prophetin

Titel: Die Prophetin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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sich vor dem Fenster, und Catherine wurde klar, daß sie, ohne zu sehen, in die Nacht geblickt hatte. Aber was sich vor ihren Augen bewegte, waren nicht Spitzen, sondern tanzender Schnee.
    Die zarten, weichen Flocken schwebten durch die Luft und sanken durch die stille Nacht, um sich auf der kalten Erde niederzulassen. Manche landeten auf den rautenförmigen Fensterscheiben und schmolzen dort.
    Schnee, dachte Catherine lächelnd, Vater hat immer gesagt, zu einem richtigen Weihnachten gehört Schnee.
    Catherine zuckte zusammen, als sie draußen im Gang die Äbtissin und Vater Garibaldi hörte, und schob das sechste ›Buch‹ wieder in die blaue Nylontasche. Es war schon spät. Die Nonnen hatten sich bereits in ihre Zellen zurückgezogen. Sie würden mitten in der Nacht geweckt werden und sich in der Kapelle zur Matin versammeln.
    »Die Gästezimmer stehen immer bereit«, sagte die Äbtissin, während sie Catherine und Garibaldi durch einen zugigen Gang führte, wo zu Füßen von Heiligenstatuen kleine Votivkerzen flackerten. »Aber im Augenblick sind Sie beide die einzigen Gäste. Ich hoffe, die Wasserleitungen sind nicht eingefroren. Ich lasse Ihnen für alle Fälle von einer Schwester heißes Wasser bringen. Wir frühstücken bei Tagesanbruch, gleich nach der Prim. Sie sind willkommen«, fügte sie hinzu und sah Catherine freundlich an, »zu unserem Gebet und beim Frühstück. Gute Nacht, schlafen Sie gut.«
    »Gefrorene Wasserleitungen«, murmelte Garibaldi und stellte ihre Sachen ab. Es waren die wenigen Dinge, die sie auf der Flucht immer bei sich hatten – die blaue Tasche, der Laptop und Garibaldis schwarze Reisetasche. Er rieb sich die kalten Hände und schüttelte sich, als sie vor Catherines Zimmer standen. »Und Schnee! Wie können die Leute hier auch nur einen einzigen Winter überleben?« Er machte eine kurze Pause und sagte dann: »Catherine, machen Sie sich keine Sorgen wegen des alten Thomas von Monmouth.

    Sabina kann nicht in Stonehenge gestorben sein. Es muß eine siebte Schriftrolle geben, und wir werden sie finden.«
    »Vater Garibaldi«, erwiderte sie, ohne auf seine Worte zu achten, und sah ihn prüfend an, »an dem Abend, als Daniel ermordet wurde und wir aus Santa Barbara geflohen sind, haben Sie gesagt, Sie seien noch nie zuvor in Kalifornien gewesen.«
    »Das stimmt, wieso?«
    »In Las Vegas waren Sie auch noch nicht, und Sie kennen sich in Washington nicht aus.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Sie haben einen Reisepaß, eine Kreditkarte und Reiseschecks. Sie scheinen viel unterwegs zu sein. Sie sind nach Israel und Ägypten gefahren, aber in den Vereinigten Staaten kommen Sie offenbar nicht viel herum. Stimmt das?« Er nickte langsam.
    »Vater Garibaldi, heute auf dem Weg zum Kloster haben Sie eine Bemerkung über den Schnee gemacht und gerade eben eine über gefrorene Wasserleitungen und den Winter im allgemeinen. Sie leben in Chicago und sind an dieses Wetter nicht gewöhnt?« Er erwiderte kaum hörbar: »Nein, das bin ich nicht.«
    »Aber Sie kommen aus Chicago?« Nach einer Pause sagte er. »Ich bin dort aufgewachsen.«
    »Ich verstehe nicht. Jetzt leben Sie nicht mehr dort?« Nach einer weiteren Pause, antwortete er tonlos:
    »Nein.«
    »Seit wann nicht mehr?«
    »Seit achtzehn Jahren«, sagte er. »Ich bin tgSi von dort weggegangen.«
    »Achtzehn Jahre!. Aber warum haben Sie mir gesagt… Vater Garibaldi, Sie sind doch Priester, nicht wahr?«
    Er wirkte plötzlich sehr niedergeschlagen. »Ja, ich bin Priester.«
    »Wo sind Sie dann gewesen?« Sie verstummte plötzlich, und ihre Augen wurden groß. »O mein Gott«, flüsterte sie. »O mein Gott, nein!«
    »Catherine…«
    Sie wich einen Schritt zurück.
    »Vater Garibaldi, es kann nicht sein. Sagen Sie mir, daß ich mich täusche.«
    »Lassen Sie es mich erklären.«
    »Sie kommen vom Vatikan.«
    »Catherine, lassen Sie uns in Ihr Zimmer gehen und darüber reden.«
    »Sagen Sie es mir! Kommen Sie vom Vatikan?« Er setzte an, um etwas zu erwidern, dachte einen Augenblick nach und sagte dann: »Ja.«
    Sie begann zu zittern. »Aber warum? Ich meine…« Sie sank gegen die Tür. »Vater Garibaldi, als wir uns im Hotel Isis getroffen haben, war das doch Zufall, oder?«
    »Catherine…«
    »Antworten Sie mir.«
    »Nein, es war kein Zufall.«
    Sie spürte, wie der Boden unter ihren Füßen nachgab. Sie hielt sich krampfhaft an der Türklinke fest. »Als ich Sie das erste Mal am Computer im Büro des Hotels gesehen habe… da wußten

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