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Die Prophetin

Die Prophetin

Titel: Die Prophetin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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Catherine ruhig zu und nickte: Ja, sie wolle helfen.
    Catherine ließ die ersten fünf Schriftrollen, versteckt zwischen den Buchdeckeln, in ihrer Obhut zurück und nahm nur das sechste Buch mit, das sie jetzt sicher verpackt in einer schwarzen Tasche, wie Nonnen sie benutzen, bei sich trug. Garibaldi hatte nichts von ihrem Plan erfahren. Catherine stapfte durch den Schnee.
    Am Saum ihres schwarzen Rocks hingen kleine Eisklümpchen. Sie atmete tief die kalte Luft ein. Ihr Blick glitt über die dunklen Wälder, und sie versuchte sich die friedlichen germanischen Dörfer vorzustellen, wo sich die Familien um das Feuer versammelt und den Geschichten ihres Volkes gelauscht hatten.
    Vor zweitausend Jahren ist Sabina über diese Hügel gegangen und hat diese Luft geatmet, dachte Catherine. Hier hat sie sich verliebt, und hier wurde ihr Glaube auf die Probe gestellt. Liebe und Glaube…
    Catherine beobachtete einen großen Raubvogel, der am grauen Himmel still seine Kreise zog. Sie dachte an Julius, der sie nur deshalb in das Kloster geschickt hatte, damit sie ihre Suche aufgab.
    »Man sagt, das Skelett sei nicht von historischer Bedeutung«, hatte er berichtet.
    Eine Frau war wegen der Schriftrollen lebendig begraben worden, und man fand das nicht von Bedeutung –
    auch Julius nicht. Catherine war tief enttäuscht gewesen. Sie wußte, nichts, was sie sagte oder tat, würde etwas an seiner Meinung ändern. Er hielt ihr Vorgehen für falsch. Zum zweiten Mal hatte sie das Gefühl, verraten zu werden.
    Der Himmel wurde dunkler. Catherine spürte den scharfen Wind nicht, der durch ihre Nonnentracht drang, während sie zusah, wie Bodennebel die Täler füllte, sich über den gefrorenen See breitete und die Welt in eine unwirkliche Stille hüllte. Garibaldi…
    Der Schmerz über seine Täuschung war immer noch unerträglich. Wenn sie auf ihre Gespräche in den vergangenen beiden Wochen zurückblickte, mußte sie sich eingestehen, daß er sie nie direkt belegen hatte.
    Wann immer sie Chicago oder seine Gemeinde erwähnte, hatte er entweder geschwiegen oder vage Antworten gegeben. Auf ihre Frage, warum er vor Weihnachten aus Israel abgereist sei, hatte er mit einer Ge-genfrage reagiert.
    »Wissen Sie, wie überfüllt Jerusalem an Weihnachten ist?« Er hatte nicht gelogen, aber er hatte sie auch nicht daran gehindert, die falschen Schlüsse zu ziehen. Das konnte sie ihm nie vergeben.
    Catherine zog den Umgang enger um sich und folgte dem verschneiten Weg, der am Waldrand entlangführ-te, bis sie ein Schild erreichte: Externsteine. Ein Pfeil wies geradeaus. Als sie sich den gespenstischen, hochaufragenden gezackten Steinen näherte, mußte sie an Menschen denken, die in einem bizarren Tanz erstarrt waren. Sabinas Worte fielen ihr wieder ein.
    Alle sieben Jahre, im Sommer, trafen sich die Sippen des Stammes zu einer großen Versammlung bei den heiligen Steinen nahe dem Platz ihres großen Sieges über die Römer. Dort schlugen sie Lager auf und feierten die Sommersonnenwende, wenn die Sonne an einem bestimmten Punkt zwischen den Steinen aufging.
    Hier, so hatte Sabina geschrieben, wurde Recht gesprochen, wurden Bekanntschaften erneuert, Versprechen erfüllt, Fehden beigelegt und Sippenbande gefestigt. Man tauschte Geschenke aus und stiftete Ehen.
    Der Stamm erinnerte sich an alle, die fehlten, weil sie zu den Göttern gegangen waren, erwies den Ahnen die gebührende Ehre, und neue Kinder wurden mit Freuden begrüßt und in den Sippenverbund aufgenommen. Abend für Abend setzten sich Krieger, Frauen und Kinder zum Festmahl zusammen und lauschten den Geschichten, die Freida und die anderen weisen Frauen erzählten.
    Catherine entdeckte im heidnischen Stein ein eingemeißeltes christliches Basrelief.
    Hier ist es nicht, dachte sie, was ich suche. Nein, nicht hier…. Der Wind wurde stärker, und ihr Umhang flatterte. Inzwischen wurde es dunkel, und sie fror. Sie ging in das nahe gelegene Holzhausen und nahm dort ein Taxi, das sie nach Detmold zurückbrachte – und zurück zu der sechsten Schriftrolle. Endlich sollte sie erfahren, wohin Sabina sie als nächstes führen würde.

    Santa Fe, New Mexico

    Als Miles den Laptop von Daniel Stevenson aufklappte, dachte er, es sei doch sehr viel besser, reich als arm zu sein. Sonst wäre er nämlich niemals in der Lage gewesen, einem Beamten des FBI ein Angebot zu machen, das der Mann einfach nicht ablehnen konnte. Miles wußte, Strickland hatte sich nach dem fragwürdigen Geschäft abgesetzt

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