Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Prophetin

Die Prophetin

Titel: Die Prophetin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
Vom Netzwerk:
boten einen schnellen Zugang. In der Praxis schien das allerdings nicht immer zu funktionieren.
    Zwischen Catherines Fingern zerbröckelte wieder ein winziges Papyrusstückchen. »Verdammt…«, murmelte sie. Garibaldi hob den Kopf. »Ist alles in Ordnung?«
    »Für die Schriftrollen ist diese Flucht eine Katastrophe! Man muß sie unbedingt an einen sicheren Ort bringen, wo sie unter Glas liegen und die Luftfeuchtigkeit ständig überwacht wird. Ich hoffe nur, es ist nicht meine Schuld, wenn sie zu Staub zerfallen!«
    Er stand hinter ihr und lächelte. Sie blickte zu ihm auf, und plötzlich stieg ihr der Duft seines Rasierwassers in die Nase. Er trug ein neues Leinenhemd und neue Jeans, die er ebenfalls bei ihrem Einkauf erstanden hatte. Das brachte sie wie schon mehrmals innerlich aus dem Gleichgewicht. Die Soutane erinnerte sie ständig – leider auf bedrohliche Weise – daran, daß er Priester war, aber in Jeans und Hemd wurde er auf einmal nur ein Mann, noch dazu ein gutaussehender Mann. Mit der Soutane hatte sie wenigstens dieses Problem nicht.
    »Versuchen Sie es noch einmal«, sagte sie schnell und deutete auf den Computer.
    Er setzte sich auf das Bett und tippte die Telefonnummer. Während sie auf das Wählgeräusch des Modems lauschten, fragte Catherine: »Und was ist, wenn es nicht funktioniert?«
    »Wir werden uns etwas einfallen lassen. Ich muß allerdings gestehen, daß ich bisher nur ein einziges Mal vor einer ähnlichen Herausforderung stand, als sich nämlich Schwester Agnes versehentlich in die Kammer mit den Sportgeräten eingeschlossen hatte. Ich mußte die Zahlenkombination des Schlosses herausfinden, während Vater Murphy neben mir stand und mir zehn Dollar versprach, wenn ich sie bis zum nächsten Morgen dort schmoren lassen würde.«
    Da sie schwieg, fragte er aufrichtig besorgt: »Wie geht es Ihnen wirklich?«
    Catherine rieb sich die Augen. »Ich bin einfach übermüdet. Ich müßte unbedingt ein paar Stunden schlafen.« Sie beschloß, mit der Übersetzung später weiterzumachen, und ging ins Bad. Kurz darauf erschien sie mit einem Handtuch um die Schultern. Die Haare waren klatschnaß. Sie hatte eine Schere in der Hand und sagte: »Wir sollten das so schnell wie möglich hinter uns bringen.«
    Garibaldi stand auf und fragte: »Wollen Sie es wirklich tun?« Mit einem Blick auf die Zeitung und ihrem Bild auf dem Titelblatt erwiderte sie: »Mir bleibt keine andere Wahl. Werden Sie mir helfen? Wenn ich es selbst mache, ist das Ergebnis bestimmt eine Katastrophe.«
    »Ich schneide Haare immer nur mit Hilfe einer Suppenschüssel«, sagte er und nahm ihr die Schere aus der Hand. »Wie kurz soll es werden?« fragte er, als Catherine auf dem Stuhl saß. »Kurz, aber nicht so kurz wie Ihre Haare.«
    »Verstehe…« Er lachte. »Kurz geschnittene Haare sind gerade nicht Mode, aber bei mir hat das praktische Gründe.«
    »Welche?«
    Er zögerte und sagte dann: »Pangamot…« Garibaldi schwieg, und da Catherine ihm keine weiteren Fragen stellte, verzichtete er auf eine Erklärung. Nachdenklich blickte er auf die langen kastanienbraunen Haare und fragte: »Soll ich sie wirklich abschneiden?«
    »Keine Angst, ich wollte mir die Haare schon lange kürzer schneiden lassen.«
    »Soll ich sie nur kürzen?«
    »Sagen wir bis zum Nacken.«
    Als er die erste Haarsträhne abschnitt, hörte Catherine vom Parkplatz ›O du Fröhliche… ‹ »Kaum zu glauben«, murmelte sie und zwang sich, nicht auf die Haare zu achten, die im Papierkorb landeten. »In fünf Tagen ist Weihnachten. Julius wollte, daß ich die Grabungen unterbreche, um mit ihm die Feiertage zu verbringen. Wenn ich auf ihn gehört hätte, wäre ich nicht mehr dort gewesen, als Hungerford die Sprengung anordnete. Nichts von all dem wäre geschehen, und Danno würde noch leben.« Sie legte die Hand auf den Jadeanhänger. »Ich hatte nicht einmal Zeit, ihm ein Weihnachtsgeschenk zu kaufen.«
    »Julius ist Ihr Verlobter?«
    Schnipp. Schnipp. Wieder landete eine Strähne im Papierkorb. »Wann wollen Sie heiraten?«
    »Wir sind nicht offiziell verlobt. Und die Hochzeit… mein Gott, ich würde ihn so gerne anrufen. Ich möch-te wenigstens mit ihm reden.«
    »Mit etwas Glück und Ausdauer«, sagte Garibaldi und bewegte sich etwas zur Seite, um die Haare gleichmäßig schneiden zu können, »finden wir alle Antworten, die Sie brauchen, im Internet. Dann sind Sie schneller wieder bei Ihrer Familie und Ihren Freunden, als Sie es jetzt für möglich halten.«

Weitere Kostenlose Bücher