Die Prophezeiung
zusammenbleiben müssen, wenn etwas passiert?«
Sie streckte David die Hand entgegen. »Er hat es selbst entschieden, David. Er wollte nicht mitkommen. Irgendetwas hält ihn dort noch zurück.«
Selbst im Dunkeln spürte sie, wie David innehielt. »Du hast recht«, murmelte er. »Dieser Mistkerl … er hat uns hereingelegt, oder …« Er fluchte lauthals. »Mann, der weiß überhaupt nicht, was er tut!«
Katie schüttelte den Kopf. »Ich glaube, da täuschst du dich gewaltig.«
So war es ihr ja selbst gegangen. Auch sie hatte sich in Robert getäuscht und jetzt konnte sie nicht umhin, ihn für seinen Mut zu bewundern.
»Was nun?«, fragte David. »Am besten warten wir, bis sich die Wand wieder öffnet.«
»Nein«, unterbrach sie ihn. »Das ist nicht das, was Robert will. Du musst so schnell wie möglich ins Krankenhaus. Sie müssen dort dein Bein untersuchen, bevor …« Sie sprach es nicht aus. »Und die Pilze – wir müssen sie den Ärzten zur Analyse geben. Denn schließlich geht es hier noch immer um Benjamins Leben, oder? Ich dachte, das müsste ich ausgerechnet dir nicht sagen.«
»Robert hat keine Taschenlampe«, wandte David ein. »Er wird sich hier unten verirren.«
Katie packte David an der Schulter und sah ihn eindringlich an. »David – oben auf dem Ghost, als Ana in die Gletscherspalte gestürzt ist, da hast du mich nicht im Stich gelassen. Du hast uns dort herausgeholfen. Aber das hier«, sie deutete auf die geschlossene Wand vor ihr, »ist etwas völlig anderes. Robert hat eine Entscheidung getroffen. Er wollte hier unten bleiben. Und wir müssen ihm vertrauen. Du musst das akzeptieren.«
David sah sie lange an. Dann sagte er: »Mir bleibt wohl nichts anderes übrig.«
Wo waren sie?
Befanden sie sich noch immer unter dem See oder an irgendeiner anderen Stelle unter der Erde? Ohne Robert hatten sie schlichtweg die Orientierung verloren, was allerdings keine wirkliche Bedeutung hatte, denn der schmale enge Gang ließ ihnen keine andere Wahl, als geradeaus zu gehen. Er glich den vorherigen Gängen wie ein Ei dem anderen und Katie sagte sich ständig, dass sie immerhin vorwärtskamen – was an sich schon eine echte Verbesserung ihrer Lage war.
Aber trotzdem – es fühlte sich furchtbar an.
Was als Abenteuer begonnen hatte, war zu einem grässlichen Albtraum geworden, und wieder kehrten Katies Ängste vor geschlossenen Räumen mit aller Macht zurück.
Neugier! Wie hatte sie vorhin neugierig sein können?
Alles, was sie entdeckt hatten, war so unvorstellbar, so schrecklich, dass ihr die Katie von heute Morgen nur noch naiv erschien.
Der einzige Trost war, dass es David ein bisschen besser zu gehen schien, wenn er sich auch nach wie vor schwer auf ihre Schulter stützte. Aber Roberts Maßnahme, den Staub wegzuwaschen, schien offenbar eine Wirkung zu zeigen.
Fragte sich nur, wie lange.
Der Lichtkegel der Taschenlampe tanzte über den Boden.
Zeit und Raum.
Zwei Begriffe, die bisher für Katie selbstverständlich gewesen waren. Aber es waren die wichtigsten Bezugspunkte, um sich nicht verloren zu fühlen.
Wer sagte, dass sie tatsächlich auf dem Rückweg waren? Robert hatte es zwar vermutet, ebenso wie er überzeugt davon gewesen war, dass der Saal unter dem See das Zentrum des Gangsystems war. Aber hatte er die Gewissheit gehabt?
Soviel Katie wusste, konnten sie genauso gut in Richtung Sumpf steuern. Sie schauderte, als sie an die Unmengen toter Fische dachte, die sie dort entdeckt hatten.
Was hielt das Tal noch für schreckliche Geheimnisse bereit?
Und vor allem – wer im Tal war dafür verantwortlich, dass sie auf diese Geheimnisse stießen?
Denn Katie hatte inzwischen das dumpfe Gefühl, dass sie nichts weiter als Marionetten waren, die von einer fremden Macht zu einem Zweck benutzt wurden, der sich ihr einfach nicht erschließen wollte.
Denk nicht darüber nach.
Denk an etwas anderes, sonst wirst du hier unten verrückt.
Sebastien.
Sie biss die Zähne zusammen. Okay, sie würde hier rauskommen, und zwar, weil sie Sebastien besuchen musste, das war ihr jetzt sonnenklar. Sie musste ihn so schnell wie möglich sehen.
Und was war mit ihm, dem Duke?
Solange sie sich nicht über ihr Verhältnis zu Sebastien im Klaren war, würde sie sich nicht mit ihm treffen, entschied sie.
Würde er es verstehen, wie Sebastien es umgekehrt akzeptieren würde? Ja, denn Sebastien wäre nicht Sebastien, wenn er ihr nicht die Freiheit geben würde zu tun, was für sie das Beste war. Wie hatte
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