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Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Titel: Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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neugierigen Gesichter. Die Heiterkeit verwandelte ihre Züge, die Fältchen traten zurück und die braunen, weit auseinanderliegenden Augen blitzten lebhaft.
    »Cousine Joanna, was geht hier vor?«, fragte Henry.
    Ich begann stockend zu erklären, berichtete von meinen Plänen, eine Tapisseriewerkstatt zu eröffnen, und meinem Bemühen, mit Schwester Beatrice zusammen den Webstuhl nach Hause zu befördern.
    Henry unterbrach mich. »Aber warum hat Euch niemand geholfen? Wenn schon die Leute vom Amt für Bauwesen nicht abkömmlich waren, hätte Euch doch wenigstens jemand aus dem Ort zu Hilfe kommen können. Ihr seid eine Braut Christi.«
    Ich blickte in die Runde. Nicht einer der Umstehenden wagte es, meinem Blick zu begegnen.
    »Habt Ihr eine Erklärung dafür, Pater?« Der Zorn in Gertrudes Stimme war unüberhörbar.
    »Sie wird sich finden, Frau Marquise.« Pater William rang die Hände. »Ich werde selbst herausfinden, warum die Leute von Dartford unserer Schwester Joanna alle christliche Nächstenliebe versagten.«
    »Aber Pater«, hörte ich Mrs Brooke rufen, »Ihr habt uns stets gesagt, dass die Frauen aus dem Kloster …«
    »Schweigt«, herrschte der Geistliche sie an.
    Gegen meinen Willen stieß ich einen Schmerzensschrei aus, als mich Arthur, verwirrt und ungeduldig, am Arm zog. Brennender Schmerz durchfuhr meine Schulter.
    »Ihr seid verletzt?«, rief Henry besorgt. »Da muss sofort etwas geschehen. Die Schuldigen werden festgestellt und zur Rechenschaft gezogen werden. Pater, führt uns in die Kirche.« Er wies auf den kantigen Kirchturm.
    »Nein, nicht in die Kirche.« Es klang, ganz gegen meine Absicht, beinahe flehend. »Ich möchte nach Hause.«
    »Dann bringen wir Euch dorthin«, versicherte Henry tröstend und wandte sich an einen streng dreinblickenden Mann in der Courtenay-Tracht. »Charles, Ihr verfolgt diese Angelegenheit weiter.«
    Gertrude neigte sich zu Arthur hinunter und strich ihm über die Wange. »Ist er das? Ist das Arthur Bulmer?«
    »Woher wisst Ihr von Arthur?«, fragte ich.
    Gertrude trat näher und flüsterte mir ins Ohr: »Alle, die der Lady nahestehen, wissen von Euch und Arthur Bulmer.«
    Der Lady ?
    Ehe ich fragen konnte, geleiteten sie mich so fürsorglich, als hätten sie es mit einer florentinischen Skulptur zu tun, zum Haus. Henry kam nicht mit hinein, er wolle noch in die Kirche, erklärte er.
    »Komm, Edward, du begleitest mich«, rief er, und ein blonder Junge von vielleicht elf Jahren trat aus der kleinen Schar der Bediensteten.
    »Wollt Ihr eine Privatmesse lesen lassen?«, fragte ich verwundert.
    »Mein Gemahl, der Historiker, hegt schon lange den Wunsch, die Dreifaltigkeitskirche zu besuchen«, erklärte Gertrude lächelnd. »Dorthin wurde der Leichnam Heinrichs V. gebracht. Das ist doch richtig, nicht wahr?«
    »Ja, der Zug, der den toten König von Dover nach London geleitete, machte hier Halt, um eine Trauermesse lesen zu lassen«, erklärte mein Cousin Henry, der schon ungeduldig auf den Füßen wippte. »Vielleicht möchte Arthur uns begleiten?«
    Für derartige historische Expeditionen, sagte ich bedauernd, sei Arthur noch nicht reif.
    »Wer weiß, Cousine«, entgegnete Henry. »Was meinst du, Arthur? Möchtest du mich und deinen Cousin Edward begleiten?«
    Arthur starrte den jungen Edward Courtenay an wie eine Engelserscheinung. Er nickte. Henry zauste ihm die Haare. »Seht ihr? Arthur ist ein guter Junge.« Er zog die Hand seiner Frau an die Lippen, um sie zu küssen. »Wir bleiben nicht lange, Liebste.«
    Gertrude antwortete mit einem Lächeln von bezaubernder Kindlichkeit. Ihre Blicke trafen sich mit einer Zärtlichkeit, die voller Geheimnisse war. Solche Intimität war ich nicht gewöhnt, ich wandte mich ab.
    Der Mann und die beiden Jungen begaben sich von Bediensteten gefolgt zur Kirche. Zwei blieben vor meinem Haus zurück, wie um es zu bewachen.
    Die Frauen geleiteten mich nach oben. In meinem Schlafgemach halfen sie mir aus den Kleidern und wuschen mir Gesicht, Hals und Schultern. Geübte Finger massierten Salbe in meine verletzte Schulter. Dann wurden frische Kleider herausgesucht.
    Gertrude selbst rührte mich nicht an, sie überließ es ihrer Hofdame, Constance, und einer jungen Zofe, mich zu versorgen, und dirigierte nur mit einem Nicken oder einer kurzen Handbewegung. Als ich fertig gekleidet war, kämmte mir die Zofe die Haare, was bei der Lockenfülle nicht ganz schmerzlos abging. Aber ich biss die Zähne zusammen.
    Gertrude wartete derweilen in

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