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Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Titel: Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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führen, auch wenn das weiß Gott nicht einfach ist. Er möchte Weihnachten in großem Stil feiern. Lächerlich. Jeder in der Familie kommt und geht, wie es ihm beliebt, und die Konten sind ein einziges Chaos. Die Howards sind eine üble Sippschaft. Das habe ich meinem Vater schon gesagt, als er mich zu dieser Ehe zwang. Er hat mich ausgelacht – aber ich hatte recht.«
    Beim Anblick ihrer niedergeschlagenen Miene kam mir ein neuer Gedanke.
    »Lass mich dir helfen, Elizabeth«, sagte ich. »Ich kann Catherine in der Nadelarbeit und all den anderen Dingen unterrichten, die sie als Hofdame brauchen wird. Und ich helfe dir bei den Vorbereitungen für die Weihnachtszeit.«
    Elizabeths Stimmung hellte sich auf. »Würdest du das wirklich tun, Joanna?«
    Es bedrückte mich, sie so zu täuschen, trotzdem sagte ich zu. Southwark lag so nahe an Dartford, nur zwei Stunden zu Pferd! Wenn es mir gelang, mich hier unentbehrlich zu machen, würde ich vielleicht doch einen Weg finden, nach Hause zu kommen. Von Stafford Castle aus wäre das sehr viel schwieriger.
    Elizabeth sprach mit ihrem Mann, und mir wurde gestattet, über Weihnachten zu bleiben. Doch wurde mir die strikte Einhaltung gewisser Regeln auferlegt, da der Herzog mir offensichtlich nicht traute. Arthur Bulmer durfte das Haus nicht betreten. Ich durfte mit niemandem korrespondieren. Ich durfte nicht über das Schicksal der Courtenays und der Montagues sprechen. Ich durfte keine Bücher lesen. Diese letzte Vorschrift blieb mir völlig unverständlich, bis Elizabeth mir erklärte, dass der Herzog die Literatur hasste und überzeugt war, das Buchwissen hätte das Königreich zugrunde gerichtet. Literatur, Theologie und Politik waren Tabuthemen in Howard House.
    Alle in der Familie fügten sich ängstlich den Verordnungen des Herzogs, nur einer nicht – der Graf von Surrey, Norfolks einundzwanzigjähriger Sohn und Erbe. Surrey brach sämtliche Regeln.
    An meinem vierten Tag in Howard House erschien er mit seiner Frau Frances zum Essen. Wie Catherine Howard erinnerte auch er sich unserer Begegnung bei dem Fest im vergangenen Jahr, doch hatte er jetzt anderes als Feiern im Kopf. Ihn beschäftigten die angespannten politischen Verhältnisse bei Hof. »Es gibt keine konkreten Beweise gegen Courtenay und die anderen«, erklärte er. »Sie werden vielleicht für lange Zeit im Tower eingekerkert werden, aber der König wird nicht zulassen, dass Cromwell diese braven Männer hinrichten lässt, ohne dass dafür die geringste Grundlage gegeben ist.«
    Ich konnte es kaum erwarten, ihn zu befragen, um mehr über das Schicksal meiner Freunde zu erfahren. Doch Elizabeth, die offenbar ahnte, was in mir vorging, schüttelte warnend den Kopf.
    Surrey sprang zornig auf und schleuderte einen Trinkbecher in den offenen Kamin, wo er in Scherben ging. »Cromwell geht es vor allem darum, niedrige Kreaturen seines eigenen Schlags im Gefolge des Königs unterzubringen«, schimpfte er laut.
    Meine nächste Begegnung mit Surrey war unangenehm persönlicher Natur. Ich lag in meinem Zimmer und schlief, als grölender Gesang auf dem Korridor mich weckte. Als ich vorsichtig meine Tür einen Spalt öffnete, um zu sehen, was vorging, bemerkte ich Surrey, der an die Wand gelehnt stand, und neben ihm seine Mutter
    »Ihr!«, schrie er sie an. »Ihr verfolgt meinen Vater mit Eurem Hass.« Er stürmte zu meinem Zimmer und stieß die Tür mit solcher Gewalt auf, dass das Holz splitterte. »Ich werde jetzt mit Eurer Cousine sprechen«, rief er seiner Mutter zu.
    Jetzt, da er nahe war, nahm ich den Geruch von Erbrochenem auf seinen Kleidern wahr. Sein Gesicht war hochrot und glänzte vor Schweiß. Männer tranken leicht einmal zu viel Wein, das wusste ich. Doch dieser Grad der Trunkenheit war widerwärtig.
    »Sie ist auch Eure Verwandte«, sagte Elizabeth, sichtlich um mich besorgt. Doch das konnte ihn nicht besänftigen.
    »Ich will nicht mit Euch reden«, fuhr er sie an. »Ich will mit Joanna Stafford reden.«
    »Dann tut das«, sagte ich angewidert. »Sagt, was Ihr zu sagen habt, und lasst mich in Ruhe.«
    Surrey stieß seine Mutter in den Gang hinaus und schlug die Tür zu. »Ich weiß genau, was die Leute hinter meinem Rücken tuscheln. Mein Vater hätte für Anne Boleyn den Kuppler gespielt. Aber das ist eine verdammte Lüge. Die Boleyns haben nie auf ihn gehört. Sie haben immer getan, was ihnen beliebte. Was haben wir denn von dieser Heirat gehabt? Nichts. Er hat mir erzählt, dass sie ihn schlimmer

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