Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Titel: Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
Vom Netzwerk:
Gertrude für mich hatte anfertigen lassen, und dem Samtumhang, den Gardiner mir aufgedrängt hatte, sank ich auf das Bett, nachdem ich die Kerze ausgeblasen hatte. Lieber in diesen unbequemen Kleidern schlafen als nackt zwischen verschmutzten Laken.
    Eigentlich hätte ich sofort in einen tiefen Schlaf fallen müssen, aber sie bedrängten mich gnadenlos – Gertrude mit flehendem Blick; Henry Courtenay, der seinen weinenden Sohn umfangen hielt; Lord Montague, der sein Entsetzen hinter einer Maske des Stolzes verbarg; Geoffrey, der alles versuchte, um mich in Sicherheit zu bringen und es doch nie ganz schaffte. Und schließlich James, der mit beiden Händen den blutüberströmten Kopf seines Zwillingsbruders umfasste.
    Ich hatte Montague gesagt, ich würde für ihn beten. Ich hatte Lady Maria versprochen zu beten. Und ich betete. Mein Flehen erfüllte das finstere, schäbige Zimmer und fand doch kaum Raum neben dem schrecklichen Lärmen in meinem Kopf: Schreie und Schluchzen; donnernder Hufschlag; das Klatschen der Ruder im Wasser der Themse. Und die Stimme eines Mannes, der immer wieder dieselben Worte sprach: Es würde mich interessieren, wer Gertrude Courtenay geraten hat, Euch in Dartford aufzusuchen und nach London zu bringen.

Kapitel 25
    »Wach auf, Joanna«, sagte eine Frau. »Ach, du gehörst immer noch zu denen, die morgens am schwersten aus dem Bett zu bekommen sind.«
    Ich öffnete die Augen. Das kleine Zimmer war von Sonnenlicht durchflutet. Neben mir auf der Bettkante saß in einem düsteren Kleid mit viereckigem Halsausschnitt eine Frau mittleren Alters mit einem langen, schmalen Gesicht – meine Cousine Elizabeth, die Herzogin von Norfolk.
    Ich verstand nicht, was sie in diesem Haus tat. Die Ehe des Herzogs und der Herzogin von Norfolk war katastrophal wie kaum eine zweite in ganz England. Der Hass zwischen den beiden hatte sich immer wieder in heftigen Streitereien, ja sogar Handgreiflichkeiten entladen, bis meine Cousine vor fünf Jahren das Haus des Herzogs für immer verlassen hatte. Seither lebte sie allein in Hertfordshire und verweigerte dem Herzog eine Scheidung ebenso wie eine Versöhnung.
    Elizabeth umfasste mit beiden Händen einen Zipfel meines silbernen Kleides und stand auf, um ihn ans Licht zu halten. »Woher hast du dieses Kleid?«
    »Gertrude Courtenay hat es mir geschenkt«, antwortete ich. Ich hatte Halsschmerzen, und mir war schwindlig vor Hunger. »Weißt du, was gestern Abend geschehen ist?«
    Sie setzte sich wieder auf die Bettkante. »Ja, es ist alles sehr erschütternd«, sagte sie gelassen. »Ich werde dafür sorgen, dass dir zu essen und zu trinken gebracht wird. Und frische Kleidung. Wären wir im Haus meines Vaters, würde das alles im Nu geschehen. Doch dies ist Howard House, und ich bin erst seit einer Woche zurück. Ich habe die Dienerschaft noch nicht recht im Griff. Es könnte also eine Stunde dauern.«
    Sie ging zur Tür. Das düstere Kleid erinnerte mich an die Kleider, die meine Mutter vor Jahren getragen hatte.
    »Warte – Elizabeth«, rief ich. »Was wird jetzt aus mir?«
    »Du wirst so bald wie möglich nach Stafford Castle reisen. Howards Sekretär schreibt noch heute deinem Bruder. Sobald der Herzog vom Hof zurückkehrt, wird er den Brief unterschreiben und abschicken.«
    Ich setzte mich im Bett auf. »Aber mein Zuhause ist in Dartford«, sagte ich. »Arthur muss inzwischen dort angekommen sein. Dort sind meine Freunde – dort ist mein Leben. Bitte, du musst mir helfen.«
    Elizabeth zog die Brauen zusammen. »Mach jetzt keinen Ärger, Joanna. Es ist längst entschieden. Arthur wird zu gegebener Zeit ebenfalls nach Stafford Castle geschickt. Hierher kann er nicht kommen. Der Herzog will nichts davon hören.«
    Sie öffnete die Tür. »Du kannst mir später im Salon Gesellschaft leisten, aber nicht, wenn du vorhast, mich zu quälen. Von deinen Ausbrüchen bekomme ich immer Kopfschmerzen.«
    Mit einem Rascheln ihrer schwarzen Röcke war sie verschwunden.
    Die Herzogin von Norfolk behielt recht, es dauerte beinahe eine Stunde, bevor mir ein Stück Brot und ein Krug mit dünnem Bier gebracht wurden. Doch das ließ mir Zeit zum Nachdenken. Und als ich mich allmählich von der Erschöpfung des Vortags erholte, war ich bereit, Pläne zu schmieden.
    Ich würde mich nirgendwohin befördern lassen. Ich würde nach Dartford zurückkehren, irgendwie würde ich schon Mittel und Wege finden.
    Elizabeth und ich hatten einander nie nahegestanden. Sie war siebzehn Jahre

Weitere Kostenlose Bücher