Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)
Catherine. Sie verdrehte vielsagend die Augen – es freute mich zu sehen, dass sieTemperament hatte – und knickste. »Ich bitte um Vergebung für all meine Unzulänglichkeiten, Durchlaucht.«
»Wann soll die neue Königin denn eintreffen?«, fragte ich.
»Ach, da ist noch nichts entschieden«, antwortete Elizabeth. »Aber der Kreis wird kleiner.« Sie kaute einen Moment nachdenklich an einem Fingernagel, dann sagte sie: »Catherine, für heute habe ich genug von dir. Lass mich jetzt allein.«
Die kleine Howard flüchtete erleichtert aus dem Zimmer.
»Wirst du denn dann an den Hof zurückkehren?«, fragte ich meine Cousine. »Du würdest doch sicher Erste Hofdame werden.« Sie hatte immerhin sechzehn Jahre lang Katharina von Aragón gedient.
»Möglich.«
»Dann wirst du aber eine neue Garderobe brauchen«, rief ich und klatschte in die Hände, als wäre mir soeben eine Idee gekommen. »Nimm das Silberlamékleid, Elizabeth. Es lässt sich leicht reinigen und ausbessern. Und all die anderen eleganten Kleider, die Gertrude Courtenay mir geschenkt hat – die sollst du auch haben. Wir haben ja ungefähr die gleichen Maße.«
Elizabeths Gesicht leuchtete auf. Es gelang ihr nicht ganz, ihre Freude zu verbergen, obwohl sie wusste, wie unangebracht sie war. »Nun gut«, sagte sie dann beherrscht, »wenn es möglich ist, sie dort abzuholen. Ich könnte hier sicher Platz für sie schaffen. Aber ist das wirklich dein Wunsch, Joanna?«
»O ja, ich möchte dir die Kleider schenken«, versicherte ich. Und es war ja auch so. Ich würde sie bestimmt nie wieder tragen.
Elizabeth lief plötzlich mit ausgebreiteten Armen auf mich zu und umarmte mich. »Das ist lieb von dir, Joanna. Wirklich, sehr lieb. Wenn ich irgendetwas für dich tun kann – «
Ich ließ einen Moment verstreichen, dann sagte ich: »Du kannst mit dem Herzog über meine Rückkehr nach Dartford sprechen.«
Mit einem schnellen Schritt trat sie von mir weg. »Nein, das kann ich nicht«, entgegnete sie. »Der Herzog wäre niemals damit einverstanden. Es ist deine eigene Schuld, Joanna. Du hättest dichgar nicht erst mit dem Kind in Dartford niederlassen dürfen. Das war unpassend – niemand hat das damals gebilligt.«
»Das ›Kind‹, wie du ihn nennst, ist Margarets Sohn«, sagte ich.
»Aber das weiß ich doch«, rief sie, und zum ersten Mal entdeckte ich in ihren Augen etwas von der Warmherzigkeit, von der Margaret mir immer wieder erzählt hatte. »Ich wünsche mir schon so lange, Arthur zu sehen – ich wollte Margaret an ihrem Ende zur Seite stehen. Es war unmöglich. Ich bin nach den Ehefrauen und Töchtern des Königs und nach Lady Margaret Douglas, seiner Nichte, die Frau von höchstem Rang in diesem Land, aber ich verfüge weder über Macht noch Einfluss.«
Elizabeth hatte sich immer schon über die Schwäche unseres Geschlechts empört. Andere Frauen ließen sich jeden Tag Kränkungen, wenn nicht gar Misshandlungen gefallen. Nicht so Elizabeth. Das war einer der Gründe, weshalb sie den schockierenden Schritt gewagt und ihren Mann verlassen hatte. Sie war nicht mehr bereit gewesen, sich ihm bedingungslos zu unterwerfen.
»Warum bist du hierher zurückgekehrt?«, fragte ich.
»Ich hatte keine Wahl«, antwortete sie. »Mein Gemahl war nicht bereit, mir eine angemessene Apanage auszusetzen, nachdem ich ihn verlassen hatte. Ich besitze kein eigenes Vermögen. Niemand wollte etwas mit mir zu tun haben, nicht einmal meine Kinder. Sie stellten sich auf die Seite ihres Vaters. Deine gute Freundin Gertrude Courtenay ließ mich genauso im Stich wie alle anderen. Ich fragte meinen Bruder Henry, ob ich nach Stafford Castle übersiedeln und dort mit ihm und seiner Familie zusammenleben könne – und weißt du, was er getan hat? Er hat meinem Gemahl geschrieben, dass er nicht bereit sei, mich aufzunehmen – mich hat er nicht einer Zeile gewürdigt. Ich bin eine viel zu skandalöse Person.«
»Vielleicht wird er mich auch nicht aufnehmen wollen«, sagte ich hoffnungsvoll.
Elizabeth machte eine wegwerfende Geste. »Ich bin die Herzogin von Norfolk, und du bist ein Niemand, Joanna. Das ist ein Unterschied.« Sie seufzte. »Diese Einigung hat Cromwell ausgehandelt.Ich habe eingewilligt, einen Versuch zu machen, aber ich werde meinem Gemahl nie wieder die geringste Zuneigung entgegenbringen. Meine Bedingung war, dass er nicht gewalttätig wird und mich nicht damit demütigt, dass er seine Huren ins Haus schleppt. Dafür werde ich hier den Haushalt
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