Die Prophezeiung der Schwestern - 1
Gespräch mit meiner Schwester zu begleiten, aber ich lehnte ab. Diesen Teil der Prophezeiung, diese Schlacht muss ich allein auf mich nehmen. Und während des ganzen Abends spürte ich, wie der Zorn in mir wuchs.
Alice, die mit den Seelen, die meinen Tod wollen, gemeinsame Sache macht.
Alice, die mir den Schutzzauber meiner Mutter raubt.
Alice, die die Liste stiehlt.
Als Ruhe im Haus eingekehrt ist, bin ich mehr als bereit, die Liste von Alice zurückzufordern, und so verlasse ich mein Zimmer mit festen Schritten, die mehr Lärm verursachen, als es der fortgeschrittenen Stunde angemessen ist. Ich klopfe an ihre Tür und trete ein, noch ehe sie mir die Erlaubnis dazu gibt. Sie soll keine Gelegenheit haben, mir den Eintritt zu verweigern.
Auf ihrem Gesicht liegt ein solcher Ausdruck von Überraschung, wie ich ihn noch nie bei ihr gesehen habe. Ihre Hand fährt zu ihrem Hals und ihr Mund rundet sich verblüfft. »Lia! Was ist denn …?«
Ich marschiere auf sie zu, und zum ersten Mal in unserem Leben sieht es so aus, als hätte meine Schwester Angst vor mir. Sie weicht einen Schritt zurück, als ich mich nur wenige Zentimeter vor ihr aufbaue.
»Gib sie mir, Alice.« Ich strecke die Hand aus. Ihr muss klar sein, dass ich nicht ohne die Liste wieder gehen werde, die Liste mit Namen, die meinen Weg in die Freiheit bedeutet.
Sie blinzelt und gibt sich alle Mühe, Verwirrung vorzutäuschen. »Ich weiß nicht … Ich weiß nicht, was du meinst.«
Ich verenge die Augen. » Oh… doch… das… tust… du . Du hast sie, Alice. Du hast sie aus Vaters Zimmer gestohlen.«
Sie richtet sich auf. Ihre Augen funkeln. Der Ausdruck
von Furcht verschwindet hinter wütender Empörung. »Ich sage dir, Lia, was immer du glaubst, das ich habe - ich habe es nicht. Obwohl es mir scheint, dass es dir sehr wichtig ist. Ich wünschte wirklich, ich hätte es.« In ihre Augen schleicht sich ein bösartiges Glühen, das mich ihre nächsten Worte fürchten lässt. Als sie fortfährt, weiß ich, warum das so ist. »Besonders, weil du etwas hast, das mir gehört.«
Wir starren einander einige Augenblicke lang an. Unser Atem geht flach und rasselnd. Ich habe weder die Absicht zuzugeben, dass ich den Dolch genommen habe, noch, ihn ihr wieder auszuhändigen. Stattdessen zwinge ich meine Stimme zur Gelassenheit, einer Gelassenheit, die ich nicht empfinde. »Gib sie zurück, Alice.«
Sie neigt den Kopf und erwidert ungerührt meinen Blick. »Ich weiß immer noch nicht, wovon du sprichst.«
Wut und Resignation drohen, in meinem Inneren überzukochen. Sie weiß, was ich will, da bin ich mir sicher. Aber es bleibt mir nichts anderes übrig, als mein Verlangen klar und deutlich auszusprechen, wenn ich nicht die ganze Nacht hier stehen und mit Alice Katz und Maus spielen will.
»Die Liste. Die Liste mit Namen. Vater versteckte sie hinter Mutters Foto, das auf seinem Nachttisch stand. Und jetzt ist sie weg.«
Sie dreht sich um und schlendert zu der Kommode, zieht Kämme aus ihrem Haar und schaut mich über den Spiegel hinweg an. »Ah … jetzt verstehe ich. Du hast endlich die Bedeutung der Schlüssel begriffen.« Sie dreht sich wieder
um und klatscht applaudierend in die Hände. Der harte Klang explodiert in der Stille des Zimmers. »Gut gemacht, Lia. Du bist bestimmt stolz auf dich. Wie auch immer. Ich habe die Liste nicht. Oh, ich wollte sie. Ich bin sogar in Vaters Zimmer gegangen, um sie zu holen. Ich schaute hinter Mutters Foto, aber schon zu diesem Zeitpunkt war die Liste nicht mehr dort.«
Ich kann meine Verwirrung nicht verbergen und merke, wie sie sich über meinem Gesicht ausbreitet. »Aber woher wusstest du davon? Woher wusstest du, wo sie war, während ich die ganze Zeit danach gesucht habe?«
Sie lacht laut und mit echter Belustigung. »Oh Lia! Du hast immer noch nichts begriffen.« Sie dreht sich im Kreis und ihr langes Haar breitet sich dabei in wilder Lockenpracht über ihren Schultern aus. »Ich muss mir von Vater nichts erzählen lassen. Das hatte ich nie nötig. Ich habe früh gemerkt, dass er keinerlei Interesse an mir hatte. Nicht, wenn er sein Goldstück haben konnte - dich, Lia. Nein, ich brauchte ihn nicht in dieser Welt, und ich brauche ihn auch jetzt nicht, da er in der nächsten weilt. Ich brauche auch Virginia nicht. Und dich brauche ich auch nicht. Ich habe andere Wege, Dinge herauszufinden und aufzuspüren. Ich bedaure nur, dass ich die Liste nicht rechtzeitig finden konnte.«
»Was soll das heißen, du hast sie
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