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Die Prophezeiung der Schwestern - 1

Die Prophezeiung der Schwestern - 1

Titel: Die Prophezeiung der Schwestern - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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Verrückt. Das ist doch verrückt, oder?«
    Sonia lässt sich auf einen Sessel vor dem Kamin fallen. »Was machen wir jetzt? Die Tatsache, dass wir am selben Tag Geburtstag haben, ist merkwürdig, aber sie bringt uns den Schlüsseln keinen Schritt näher.«
    Da erinnere ich mich an den Brief. »Genau, das wollte ich euch ja noch sagen. Vielleicht sind wir doch ein Stück weitergekommen.«
    Sonia schaut auf. »Wieso das?«
    Ich ziehe den Umschlag aus meiner Tasche und reiche ihn ihr. »Madame Berrier hat mir diese Nachricht nach unserem Besuch bei ihr geschickt.«
    Sonia steht auf und nimmt den Umschlag, öffnet ihn und reicht den Zettel dann Luisa, nachdem sie ihn gelesen hat.

    »Wer ist das?«, fragt Luisa. »Dieser Alastair Wigan?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung. Aber gleich morgen werden wir es herausfinden.«
     
    Am nächsten Morgen gehen wir nach unten, holen unsere Mäntel aus der Garderobe und treten hinaus in den kalten Sonnenschein. Ich habe Tante Virginia bereits von unserem Ausflug in Kenntnis gesetzt. Ich weiß, dass sie meine Behauptung, wir würden in die Stadt fahren, um einen Tee zu trinken, als Lüge erkannte. Aber sie ist diejenige, die sich um Henry kümmern muss. Ich versuche nur, sie zu beschützen, sie beide.
    Seit meinem Gespräch mit Alice auf der Treppe habe ich das Gefühl, dass wir eine unsichtbare Grenze überschritten haben, einen Punkt, hinter dem es nur Trauer und Verlust geben kann. Unser Wettrennen, die Prophezeiung so zu erfüllen, wie jede von uns es sich wünscht, wird gefährlich sein, vielleicht sogar tödlich. Und doch kann ich nichts weiter tun, als vorwärts zu gehen, es sei denn, ich will mein Leben in Dunkelheit und Schrecken verbringen.
    Ich habe keine andere Wahl.

20
     
     
     
     
    S onia, Luisa und ich überqueren den Rasen mit aufgeregtem Geplapper. Wir gönnen uns diesen Moment, um glücklich zu sein, glücklich, diesen Ausflug machen zu dürfen, egal welchem Zweck er auch dienen mag.
    Wir steigen die Stufen des Kutschhauses hinauf zu dem Zimmer, in dem Edmund schon so lange wohnt, wie ich denken kann. Auf mein Klopfen kommt er rasch zur Tür und betrachtet Sonia, Luisa und mich, die wir auf der Türschwelle stehen. Ehe ich noch etwas sagen kann, greift er schon nach seinem Mantel und fragt, mit dem Rücken uns zugewandt: »Also? Wo fahren wir heute hin, Miss?«
    Auf Straßen, die weiter und weiter von Birchwood Manor wegführen, werden wir heftig durchgerüttelt. Anhand der Adresse war mir klar, dass wir nicht in die Stadt fahren würden, aber ich dachte nicht, dass es so weit weg sein würde, so abgelegen.
    Denn es ist tatsächlich abgelegen. Wir fahren so lange,
dass von unserer Erregung nichts weiter als Seufzen und gelangweilte Blicke aus dem Fenster übrig bleibt. Ich bin dankbar für das Schweigen. Meine Gedanken sind von der Hoffnung erfüllt, dass Mr Wigan uns möglicherweise bei der Suche nach den Schlüsseln helfen kann.
    Edmund biegt von der Hauptstraße auf einen Waldweg ab und die Bäume ringsherum verdunkeln das Innere der Kutsche. Wir seufzen gerade wieder einmal einhellig auf, als es - ganz plötzlich - hell wird und Edmund die Pferde zügelt.
    »Gott sei Dank!«, sagt Luisa und streicht sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Ich dachte schon, mir wird gleich schlecht.«
    Sie stößt die Tür auf und steigt auf wackeligen Beinen aus der Kutsche, ohne auf Edmunds helfende Hand zu warten. Ich hoffe inständig, dass sie sich nicht übergeben muss. Ich weiß nicht, ob Mr Wigan besonders glücklich darüber sein wird, wenn drei junge Damen an seine Tür klopfen, aber ich könnte mir vorstellen, dass er ganz und gar nicht erfreut sein würde, wenn eine dieser Damen ihr Frühstück über seinen Vorgarten verteilt.
    Doch Luisa fasst sich wieder, wischt sich mit dem Taschentuch die Schweißtropfen von der Stirn, und gemeinsam gehen wir auf die Tür eines windschiefen Häuschens zu, das mitten auf einer kleinen Lichtung steht. Zu beiden Seiten befindet sich ein Gärtchen und von ihrem Verschlag aus beäugt uns eine Ziege mit trägem Blick. Ein paar Hühner picken vereinzelte Körner auf, aber außer
diesen wenigen Tieren gibt es nichts, was den ziemlich großspurigen Namen Lerwick Farm auch nur annähernd rechtfertigen würde.
    Edmund steht hinter uns, als ich an die Tür klopfe. Durch die leichte Erschütterung löst sich etwas weiße Farbe und fällt in kleinen Flocken zu Boden. Niemand öffnet uns und wir stehen schweigend da.

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