Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
Vom Netzwerk:
tun hatte. Allein der Gedanke an ihn verursachte ihr eine Gänsehaut. Er personifizierte alles, was sie immer schon an dem System der Kriegsherren gehasst hatte, war selbstsüchtig, brutal, machthungrig. Er hatte sie besudelt, indem er ihr Glück als das seine beanspruchte, und zog sie damit in seine Missetaten hinein. Noch nie war sie so wütend gewesen. Ihr Blut geriet in Wallung. Wie bei dem Mann des Kriegsherrn wünschte sie sich auch Thegans Gesicht unter ihrem Fuß.
    Aber nicht so dringlich, dass sie ihn deshalb aufgesucht hätte.
    Sie verbrachte die Nacht bei Lace und Fly, stellte keine Fragen mehr und musste keine mehr beantworten.
    Früh am nächsten Morgen packte sie ihre Sachen und zog kurz nach Sonnenaufgang los. Sie gab Fly mehr, als diese annehmen wollte.
    »Hat mir das Leben gerettet«, sagte Bramble.
    »Gut«, konterte Fly und steckte Bramble die Kupferstücke wieder in ihre Tasche. »Der wiedergeborenen Jagdbeute zu helfen bringt Glück. Und Glück kann ich schon bald gebrauchen, also nimm es mir nicht weg, indem du mich bezahlst.«
    Bramble fühlte sich zwar nicht wohl dabei, bedankte sich jedoch und hob zum Abschied die Hand. Sie hatte frohlockt, als sie die wiedergeborene Jagdbeute wurde. Aber den Titel zu tragen ließ es ihr unbehaglich zumute werden. Es war, als seien die Götter selbst dann bei ihr, wenn sie sie nicht spüren konnte, als benutze eine andere Macht ihre Füße zum Laufen und ihren Mund zum Sprechen. Noch mehr Grund, wütend auf Thegan zu sein, dachte sie, der für sich in Anspruch nahm, was den Göttern gehörte.
    Sie schlug die entgegengesetzte Richtung ein. Fly hatte
gesagt, es gebe einen kleineren Weg - »eher einen Pfad, Mädchen« - anderthalb Meilen zurück zur Rechten, der sie in einer weiten Kurve um Sendat herum und oben zum See führen würde, wo sie eine Fähre nehmen und damit leicht zu der nach Norden führenden Hauptstraße gelangen konnte.
    Über Nacht hatte es geregnet, und sie ritt in eine Landschaft sich bewegenden Wassers hinein; es tropfte von den Blättern, rauschte zwischen Schilfgrashecken entlang, bahnte sich Rinnsale entlang der zerfurchten Wegstrecke und rann als Tau von den vertrockneten Gräsern, die sich der schwachen morgendlichen Sonne entgegenreckten. Es war wunderschön, musikalisch, märchenhaft. Bramble hatte das Gefühl, als bemerkten die Pferde, dass ihr Herz höher schlug, und beschleunigte ihren Gang, so sehr sie es wagte.
    Thegans Männer entdeckten sie unmittelbar vor der Abzweigung. Es war einfach Pech. Als sie in das morgendliche Licht hinaufschaute, sah sie, wie sich sechs von ihnen auf kräftig gebauten Bergpferden, kaum größer als Ponys und mit ihrem Winterfell schon ein wenig zottelig, ihren Weg hinabbahnten. An ihren Silhouetten war etwas, das es ihr kalt über den Rücken laufen ließ. Das Gefühl der Unausweichlichkeit war so stark, dass sie an Flucht überhaupt nicht dachte. Außerdem hatte sie zwei Packpferde. Sie würden sie binnen kürzester Zeit einholen.
    Bramble war froh, dass der Lehnsmann weder wie Thegan aussah noch wie der Mann des Kriegsherrn, den sie getötet hatte. Er war Mitte fünfzig, ein gewöhnlich aussehender, grauhaariger Mann, der sich erkältet hatte. Immer wieder schniefte er und wandte sich dabei höflich ab, um Schleim auszuspucken. Es verlieh ihrer Unterhaltung einen seltsamen Rhythmus.

    »Wohin des Wegs, Mädchen?«, fragte er höflich und spuckte dann.
    »Carlion.« Letztendlich, hoffte sie.
    Er rümpfte die Nase, jedoch nicht als Zeichen seiner Missbilligung. »Tja, tut mir leid, Mädel, aber heute geht es für dich nach Sendat. Befehl des Kriegsherrn.«
    »Ich bin auf einer freien Straße und gehe in eine freie Stadt!«
    »Anweisung des Kriegsherrn. Alle Pferde werden eingezogen und ihre Reiter zur Befragung zu ihm gebracht, es sei denn, sie handeln im Auftrag des Kriegsherrn. Wie heißt du?«
    »Bramble.«
    Er nickte und bedeutete ihr umzukehren.
    Sie schloss sich ihnen an und bemerkte dabei ihr fachmännisches Gehabe, ihre Art, sie zu umringen, ohne sie zu schubsen, den Glanz auf ihren Waffen und den guten Zustand ihres Sattelzeugs. Sie trugen allesamt Kurzbögen, die auf dem Rücken eines Pferdes am besten geeignet waren, locker umgehängt, aber jederzeit greifbar, die Köcher voll und von Lederhauben geschützt. Thegan hatte seine Leute in ständige Bereitschaft versetzt, bildete und rüstete sie gut aus. Dies bewirkte nicht gerade, dass sie ihn mehr gemocht hätte. Zum Töten ausgebildet.

Weitere Kostenlose Bücher