Die Prophezeiung der Steine
führten, die heruntergezogenen Mundwinkel, die scharfen Falten an den Augenwinkeln vom Blinzeln in Sonnenlicht und die großporige, grobe Haut. Er hatte einen erwachsenen Sohn, fiel ihr nun ein, der in der Cliff Domain
in seinem Namen herrschte. Er spürte den scharfen Atem der Todesfee in seinem Nacken und strebte nach Ruhm, um ihren Kuss abzuwenden. Er war verängstigt und weigerte sich, es zur Kenntnis zu nehmen. Deshalb also hatten die Götter sie hierhergeführt.
Dann verschloss sich sein Gesicht ihr wieder, und seine Selbstsicherheit verdeckte Alter und Angst. »Doch, das wirst du«, sagte er.
»Ihr werdet sterben«, sagte sie, »und nichts, was Ihr tut - kein Krieg, keine Eroberung, kein Sieg -, kann das verhindern. Ihr werdet sterben und zu Staub werden wie jeder andere auch. Das ist die Botschaft der Götter, die ich Euch überbringe.«
Sein Gesicht wurde dunkelrot vor Zorn. »Ich werde dieses rauflustige Pack von Kriegsherren vereinen«, zischte er. »Ich werde ein vereinigtes Land erschaffen, ein großes Land, ein Land, das schon Acton geplant hatte, und ich werde ein solches Vermächtnis von Wohlstand und Pracht hinterlassen, dass mein Name für immer lebendig bleiben wird!«
Sie schüttelte den Kopf. »Wie viele werdet Ihr töten, um Eure Angst vor dem Vergessenwerden zu bannen?«, fragte sie.
Er hob die Hand, als wolle er sie schlagen, machte dann aber ein plumpes Schulterklopfen daraus. »Dann wollen wir dich mal hineinbringen, aus der Kälte heraus!«, sagte er laut.
Erneut brandete ein Jubelsturm auf, verebbte jedoch, als die Menge sich teilte, um eine Frau hindurchzulassen. Es war Lady Sorn, die sich in einen cremefarbenen Umhang gehüllt hatte, um sich vor der Kälte zu schützen. Eine junge, blonde Zofe hob den Saum ihres Umhangs hoch, damit dieser nicht schmutzig wurde. Sorn schaute erst ihren Mann und dann Bramble an.
Die Götter waren noch immer bei ihr, erkannte Bramble, doch sie hatten ihre ganze Aufmerksamkeit auf Sorn gerichtet. Es schien, als sehnten sie sich nach ihr, doch diese blieb ruhig stehen, als spüre sie sie überhaupt nicht. Vielleicht war dies ja auch so. Bei Actons Leuten war dies häufig der Fall.
»Ein Gast für uns, mein Gatte?«
»Ein Ehrengast, meine Dame. Bramble, die wiedergeborene Jagdbeute.«
Sorn lächelte. »In der Tat, wir sind geehrt. Komm mit, meine Liebe.« Sie streckte die rechte Hand aus und ergriff damit Brambles linke.
Bramble spürte, wie etwas Steifes, ein Stück Papier, in ihre Hand glitt, bevor Sorn wieder losließ und sich anschickte, Bramble zu den Gebäuden zu führen. Bramble versteckte es, indem sie beide Hände in die Taschen schob, als sei ihr kalt. Sie und Sorn bewegten sich durch die Menge, gefolgt von der Zofe, die sich bemühte, Schritt mit ihnen zu halten. Nahe der riesigen offenen Tür zur Haupthalle stand Leof. Bramble blieb stehen, als sie sein Gesicht sah, und erkannte, wie sein Blick erst verwirrt von ihr zu Sorn glitt, um sich dann zu Thegan zu erheben, verengt von einer Vorahnung, und schließlich, wie von einem Magneten angezogen, wieder zu ihr zurückkehrte.
»Leof, sieh nur, wer uns besuchen kommt!«, rief Thegan leutselig. »Deine Mitreiterin!«
Sorn, Thegan und Bramble blieben auf der Türschwelle neben Leof stehen. Dieser suchte nach Worten. Bramble begriff, dass seine Nähe zu jeder anderen Zeit wie ein Schock, wie ein Tritt in den Magen auf sie gewirkt hätte. Doch die Götter füllten ihr Sichtfeld aus, verdunkelten es, und sie hörte ein tiefes Trommeln. Sie spürte, dass die Götter sie davor warnten, die Schwelle zu überschreiten. Die Zofe ließ
den Saum von Sorns Umhang fallen und hielt Bramble die Hand entgegen, um ihr die Jacke abzunehmen. Sie zögerte, suchte nach einem Vorwand und spürte schließlich dankbar, wie Trine ihr in die Schulter zwickte. Unwillkürlich drehte sie sich um, um ihr einen Klaps auf die Nase zu geben.
»Oh, meine Liebe«, sagte Sorn, »wir haben deine Pferde ganz vergessen, nicht wahr? Vielleicht bringst du sie gerade zu den anderen im Hof, damit sich einer der Stallknechte um sie kümmern kann?«
»Eine gute Idee, meine Dame.«
Sie nahm Trines Zaumzeug und bemerkte, dass Cam und Mud gleich hinter ihr standen. Sie führte sie alle auf den Hof und nickte Sig zu, der das Tor daraufhin für sie öffnete. Sie hielt inne und band das Führseil der beiden Packpferde fest an deren Taschen, damit sie nicht darüber straucheln würden. Die anderen Pferde drängten nach vorn, eifrig
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